3500 Euro kostet der Zaun, der gerade mitten im Schlosspark Buch hochgezogen wird. Passanten schauern verwundert und fragen sich, warum hier umgestürzte, morsche Bäume mit einem Zaun gesichert und nicht abtransportiert werden. Das alles geschehe zum Schutz von seltenen Käfern heißt es vom Bezirk. Jens Esser, Experte für Käfer und ehemaliger Vorsitzender der Entomologischen Gesellschaft Orion Berlin sieht das ein wenig anders.
Esser ist quasi auf Du und Du mit großen Käfern wie Heldbock, Eremit und auch mit dem Scharlachroten Plattkäfer, der jetzt im Bucher Schlosspark mit einem schicken, teuren Zaun geschützt wird. Doch „dem Käfer ist der Zaum um sein Habitat ziemlich egal“, sagt der Experte dem KURIER.
Wie kann das denn sein? Der Biologie- und Geschichtslehrer holt aus, er hat schon in vielen Parks Schutzmaßnahmen für bedrohte Käfer begleitet und weiß: Eigentlich geht es hier um den Konflikt zwischen der Verkehrssicherungspflicht des Bezirks Pankow und dem Lebensraum des Käfers, der nun einmal nur auf toten, alten Bäumen seine Nahrung finde.
Kleiner Käfer, große Wirkung
Der Experte erklärt, dass das Scharlachrote Plattkäfer gemäß der FFH-Richtline der EU geschützt ist, weil er auch wichtig für viele weitere Tierarten ist. Wie Heldbock, Eremit und andere Käfer, die auf alten Bäumen leben, bilden sie Lebensgemeinschaften, von denen viele weitere Arten profitieren. Vom Waldkauz bis zu millimetergroßen Tierchen, die im Käfermulch leben, reicht die Kette. Der Scharlachrote Plattkäfer ist ein wichtiger Bestandteil, so der Experte.

Scharlachrote Plattkäfer besiedeln eine Nische. Sie sind auf die Rinde toter, alter Bäume angewiesen. Eine Ressource, die von Natur aus schon begrenzt ist. Daher sei der Schutz seines Lebensraums eine sinnvolle Sache, so Esser. Nach fünf Jahren hat der Käfer alles im Umkreis aufgefressen und zieht dann weiter.
„So ein Zaun ergibt Sinn, allerdings weniger für den ausbreitungsfreudigen Käfer, sondern für Parkbesucher und den Bezirk“, sagt Jens Esser. Denn bis der Käfer in Buch alles aufgefressen hat, werden Parkbesucher per Zaun davon abgehalten, sich beim Klettern auf den morschen Baumstämmen die Beine zu brechen.
Verkehrssicherungspflicht vs. Umweltschutz
Verkehrssicherungspflicht ist das Stichwort, das in anderen Fällen so manchen Umweltschützer zur Verzweiflung treibt. Denn wenn Arten auf alte, morsche Bäume angewiesen sind, diese aber stets und schnell entfernt werden, damit niemandem ein Ast auf den Kopf fällt, steht es schlecht für die Nischenbewohner.
Dennoch ist klar: Bei Schäden an Bäumen muss eingegriffen werden, dazu ist der Bezirk verpflichtet. Auch Menschen, die Schilder nicht lesen können, wie Kinder, Beeinträchtigte oder Nicht-Muttersprachler dürfen sich darauf verlassen, dass alles zu ihrem Schutz getan wird. Notfalls eben mit einem Zaun. Im Fall des Edelzauns in Buch schlägt Jens Esser aber zum besseren gegenseitigen Verständnis für die Maßnahmen Erklär-Schilder mit QR-Codes vor.