Jetzt ist sein größter Wunsch doch noch in Erfüllung gegangen. Manne Moslehner hat sein Leben in dem Haus beenden können, in dem er vor 85 Jahren geboren wurde. In einem kleinen Zimmer im ersten Stock in dem Haus in der Siedlung an Steinberg in Berlin-Reinickendorf tat er seinen ersten Atemzug. Am vergangenen Freitagabend starb er nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt. Am 26. Mai war Manne zu Hause zusammengebrochen und in die Klinik gekommen.
Bis zuletzt hatte er sich mit seinen Nachbarn und Unterstützern gegen den Rauswurf aus seinem Haus gewehrt. Die Angst, die eigenen vier Wände verlassen zu müssen, war dabei seit 14 Jahren Mannes ständiger Begleiter. Auch wenn Manfred Moslehner kein Mann großer Worte war, wussten alle: wenn Manne ausziehen muss, ist das sein Ende. So einen nuscheligen Zausel mit wildem Bart und zu großer Jacke, den siedelt man nicht einfach so um. Nur hier in seinem Reinickendorfer Kiez hatte er Unterstützer und Hilfe im Alltag.
Manne, Ikone der Berliner Mieterbewegung
Dass Manne zu einer Ikone der Berliner Mieterbewegung wurde, war ihm alles andere als recht. Bei Terminen vor Gericht oder Demos in der Siedlung stand er meist still, mit den Händen in den Taschen, den Rücken gebeugt. Auf Fragen antwortete er einsilbig. Wie es ihm gehe? Na wie schon? „Schlecht.“

Der Fall des Greises, der der Profitgier von Immobilienentwicklern weichen sollte, machte über die Stadt hinaus Schlagzeilen. Tapfer stellte sich Manne dem, was da an Blitzlicht- und Prozessgewitter ungewollt über ihn hereinbrach. Seine letzten Jahre in Ruhe und Würde verbringen, das haben ihm die Hausbesitzer in der Kleinkleckersdorfer Siedlung nicht gegönnt.
Immer wieder musste Manfred Moslehner vor Gericht kämpfen. Zwangsgeld, Beugehaft, Räumung standen stets im Raum. Seit ein Investor die Reihenhäuschen 2010 gekauft hatte, um sie modernisiert profitabel weiterzuverkaufen, war für Manne jeder Gang zum Briefkasten mit bangen Gefühlen verbunden. Manne war der erste, gegen den in der Siedlung eine Räumungsklage eingereicht wurde.

Jetzt werden die Bäume und Sträucher in seinem Vorgarten gerodet, das Häuschen saniert. Die Eigentümer in der Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft haben bestimmt schon jede Menge Interessenten an der Hand.
Mieter in der Siedlung kämpfen in seinem Sinne weiter
Es sei eine Schande, wenn so betagte Menschen aus reinem Profitwahnsinn bis zum letzten Atemzug kämpfen müssen, um zu Hause sterben zu können, teilt die Initiative „Siedlung am Steinberg kämpft“, die Manne bis zuletzt unterstützt hat, mit. „Wir trauern um Manne und kämpfen in seinem Sinne weiter.“ Es gebe in der Stadt noch mehr Senioren mit Existenzängsten und ähnlichen Sorgen in der Siedlung am Steinberg und anderswo.
Manne Moslehners Familie waren seine Nachbarn, andere Angehörige hatte er nicht. Sein Wegbegleiter Hartmut Lenz sagte dem nd: „Für uns als Außenstehende ist es schwierig, die Beerdigung zu organisieren. Wir setzen dennoch alles daran, dass Manne in Begleitung von uns als seinen nächsten Gefährten würdig bestattet wird.“