Sie schmort im Knast und wartet auf ihren Prozess: die einstige RAF-Terroristin Daniela Klette (66). Unter falschem Namen lebte sie jahrelang in Berlin-Kreuzberg. Dort wurde Klette am 26. Februar 2024 verhaftet. Der Staat scheint die Frau noch immer zu fürchten, die einst zur sogenannten dritten Generation der linksradikalen Terrorgruppe „Rote Armee Fraktion“ gehörte. In der Untersuchungshaft darf sie noch nicht einmal allein auf die Toilette, erklärt ihr Anwalt.
Jurist Lukas Theune hat die Verteidigung von Klette übernommen. Der Prozess gegen die RAF-Frau soll vor dem Landgericht Verden (Niedersachsen) am 25. März beginnen. Es geht um 13 Raubüberfälle. Die Anklage wirft Klette versuchten Mord, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor.
„Frau Klette wird direkt am ersten Verhandlungstag eine kurze Erklärung abgeben“, sagt Verteidiger Theune der Deutschen Presse-Agentur. Seine Mandantin blicke „kämpferisch“ auf das Verfahren, das im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle stattfinden wird. Weil ein großes Interesse herrsche, hätte man aus Platzgründen auf diesen Verhandlungsort ausweichen müssen.

Schon seit vielen Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen Klette und ihre mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Am 26. Februar 2024 nahmen Einsatzkräfte die einstige RAF-Terroristin in Berlin-Kreuzberg fest.
Über 20 Jahre soll Klette in der Einzimmer-Spzialwohnung (40 Quadratmeter) in der Sebastianstraße unerkannt gelebt haben. Nicht einmal einen Mietvertrag hatte sie. Es habe auch keine genehmigte Untervermietung gegeben, so damals in Sprecher der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Daher habe die WBM nicht gewusst, dass die gesuchte Terroristin in eine ihrer Wohnungen lebte.
Bei der Durchsuchung der Unterkunft fand die Polizei eine Granate, andere Sprengmittel, eine Maschinenpistole, Munition und eine Panzerfaustattrappe. Nach den beiden Komplizen von Klette wird noch immer gefahndet.
Das Trio Klette, Staub und Garweg soll zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um das Leben im Untergrund zu finanzieren. Bei den Taten sollen sie 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Laut Anklage bedrohten sie ihre Opfer mit Schusswaffen oder Elektroschockern. Klette war den Angaben nach meist die Fahrerin des Fluchtautos.
RAF-Terrorfrau: Nicht allein aufs Klo und kein Sport in der Untersuchungshaft
Die Verteidigung fordert ein faires Verfahren. „Frau Klette soll nicht besser oder schlechter gestellt werden als irgendeine andere angeklagte Person“, so Theune. Angesichts bisheriger Erfahrungen ist die Verteidigung skeptisch, ob das gelingt. Nach Schilderung ihres Anwalts erfährt Klette in der Untersuchungshaft eine gesonderte Behandlung.

So darf die 66-Jährige laut Theune nicht allein zur Toilette. Es würden immer wieder Besuchsverbote ausgesprochen, Briefe unterlägen teils der Kontrolle. Seit einem halben Jahr dürfe Klette keinen Sport mehr machen.

Bei den anstehenden Transporten zu den Prozessterminen solle seine Mandantin nach dem Willen der Bundesanwaltschaft immer an Händen und Füßen gefesselt werden und Spezialeinsatzkräfte mit Maschinengewehren sollen sie jeweils begleiten.
„All das sind Maßstäbe, die in einem normalen Raubverfahren niemals vorkommen würden. Natürlich hat sie die Befürchtung, dass sich diese Sonderbehandlung auch bei der Strafe auswirken wird“, so Theune.
RAF-Terrorfrau Klette: Ihre beiden Komplizen sind weiter auf der Flucht
Schon im April 2024 hatte der Anwalt die Haftbedingungen seiner Mandantin kritisiert. Klette werde fast ganztags videoüberwacht und zudem komplett isoliert. Wegen einer erhöhten Fluchtgefahr hatte das Amtsgericht Verden damals die Haftbedingungen abgesegnet.
Hintergrund sind Ermittlungen der Bundesanwaltschaft: Gegen Klette, Staub und Garweg bestehen auch Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen.
Die oberste Anklagebehörde wirft Klette versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen bei drei Anschlägen der RAF in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993 vor. Die Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RAF an sich ist inzwischen verjährt.