S-Bahn mit Kultfaktor

DDR-Züge werden ausrangiert: Bye bye, liebe Ost-S-Bahn!

Die Tage, an denen einem bei Reisen durch Berlin eine Cola-Dose am Bahnsteig begegnen kann, sind gezählt. Der Abschied vom letzten Stück DDR, der Bahn des Typs 485  auf Berliner Gleisen, wird groß gefeiert.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Ein reaktivierter S-Bahn Viertelzug vom Typ 485 fährt in Berlin-Schöneweide über die Bahngleise. Für insgesamt 16 Millionen Euro Investitionssumme kamen 20 vollsanierte Viertelzüge der zu DDR-Zeiten entwickelten Baureihe 485 wieder in den S-Bahn-Verkehr zurück. 
Ein reaktivierter S-Bahn Viertelzug vom Typ 485 fährt in Berlin-Schöneweide über die Bahngleise. Für insgesamt 16 Millionen Euro Investitionssumme kamen 20 vollsanierte Viertelzüge der zu DDR-Zeiten entwickelten Baureihe 485 wieder in den S-Bahn-Verkehr zurück. Robert Schlesinger dpa/lbn

Anfang der 1990er Jahre war sie in Ostberlin state of the art: Die Baureihe 485 der Berliner S-Bahn. Wer in dieser Zeit S-Bahn fuhr, kennt die hellblau gemusterten Sitze in und auswendig. Der fühlt den kleinen viereckigen Knopf, der nach dem Drücken die roten Türen aufzischen ließ unter den Fingern. Und auch heute noch kann es passieren, dass einem von Pankow nach Grünau  auf der Linie S 85 eine der letzten in der DDR entwickelten S-Bahnen kutschiert. 

1979 wurde mit der Konzeption der Züge begonnen. Die Auslieferung der ersten Serienfahrzeuge, von denen heute noch 22 Viertelzüge im Einsatz sind, sollte sich jedoch noch bis Anfang 1990 hinziehen.

Hans-Günther Dirks  hatte die Baureihe 485 in den 1980er Jahren mitentwickelt und war später Berater für die Erneuerung der Wagenkästen zur Reaktivierung. 
Hans-Günther Dirks hatte die Baureihe 485 in den 1980er Jahren mitentwickelt und war später Berater für die Erneuerung der Wagenkästen zur Reaktivierung. IMAGO / Thomas Lebie

Dabei war die Coladose, die wegen ihrer Aluminium-Leichtbaukonstruktion und ihrer zunächst rot-anthrazitfarbenen Lackierung so hieß, echt modern: ein elektrodynamisches Bremssystem,  bei dem die beim Bremsen wiedergewonnene Energie zurück ins Stromnetz eingespeist wird, gibt es auch heute - etwa bei Elektroautos. 

Dass die Tage der S-Bahnen des Typs 485 auf den Berliner Schienen gezählt sind, liegt daran, dass sie nicht mit dem neuen Zugbeeinflussungssystem (ZBS) ausgestattet werden können. Auch ist die Wartung aufwendig, wenn auch alte S-Bahner von der Mechanik schwärmen. 

Diese Robustheit war auch ein Grund dafür, die Ausmusterung der Baureihe 485 noch einmal zu verschieben. Ursprünglich war geplant, die Baureihe 485 ab Mitte der 2000er schrittweise auszumustern. Zur Unterstützung des Fahrzeugparks wurde ab 2010 allerdings ein Teil des abgestellten Bestandes reaktiviert. Seit Abschluss dieser Arbeiten stehen von dieser Baureihe aktuell noch 22 Viertelzüge zur Verfügung. Sie fahren zwischen Pankow und Grünau. 

Doch die Tage, in denen die roten Bahnen im Stadtbild zu sehen sind, sind gezählt. Am 12. November sollen die letzten Coladosen auf den Schienen zu sehen sein, so ein Bericht der Berliner Zeitung. „Für diesen Tag sind die letzten Fahrten geplant“, so ein Sprecher. 

Großer Bahnhof für die letzten Ost-S-Bahnen

Um sich gebührend von einem Stück Verkehrsgeschichte verabschieden zu können, plant die S-Bahn dem Bericht zufolge am zweiten November-Sonntag die Rückkehr des TYps 485 auf seine Stammlinien S8 und S47. Fünf Sternfahrten sollen nach Schöneweide führen, wo sich die beiden Linien begegnen, so die Bahn. Dort sollen um 10, 11, 12, 13 und 14 Uhr vier Züge ankommen, um für zwei Minuten an den Bahnsteigen A und B nebeneinander zu stehen. Auch dies wurde von der S-Bahn nun bestätigt, so die Berliner Zeitung. 

S-Bahn des Typs 485  in Richtung Westhafen unterwegs. 
S-Bahn des Typs 485 in Richtung Westhafen unterwegs. Imago/Jürgen Heinrich

Kurz nach 14 Uhr sollen zwei Züge in Schöneweide zur „endgültigen Abschiedsfahrt“ aufbrechen, geht aus der offiziellen Planung weiter hervor. Sie werden den Ring gegenläufig befahren, heißt es und sich im S-Bahnhof Beusselstraße treffen.  15.15 und 15.21 Uhr ist die Rückkehr in Schöneweide geplant, von dort aus geht es in der Hauptwerkstatt Schöneweide vom Gleis.

Das Design der S-Bahn stammt  übrigens von der Hochschule für industrielle Formgestaltung in Halle (Saale). Und noch heute wirft das verwendete Aluminium Gewinn für die Deutsche Bahn ab, wenn es rückgebaut und verkauft wird.

Einige S-Bahnen des Typs werden aber auch nach dem Ende der Ära in Berlin bleiben: Ein Fahrzeug ist bereits im Deutschen Technikmuseum untergebracht.  Auch der Verein Historische S-Bahn Berlin engagiert sich, um die Erinnerung an diesen Zugtyp zu erhalten. Hier stehen Teile des ersten gebauten Zugs von 1979, und Wagen von 1992, als das letzte Serienfahrzeug geliefert wurde.