Mehr als 600 Ärzte und Pfleger arbeiten hier, es gibt 458 Betten, laut Bundes-Klinikatlas mehr als 12.000 Behandlungsfälle pro Jahr: Das Krankenhaus in Hennigsdorf am Rande von Berlin ist wichtig für die 27.000-Einwohner-Stadt. Doch jetzt steht fest: Trotz Protesten von Einwohnern und niedergelassenen Ärzten der Region wird das Haus dicht gemacht. Auch weitere Kliniken in Brandenburg sind in Not.
2000 Anwohner von Hennigsdorf (Landkreis Oberhavel) kämpften mit einer Menschenkette für den Erhalt ihrer Klinik, Mediziner um den Hausarzt Sven Ola schlugen mit einem Brandbrief Alarm, befürchten eine sinkende Behandlungsqualität. Doch der Kampf ist verloren. Das Haus in Hennigsdorf schließt, wird mit dem Krankenhaus in Oranienburg zusammengelegt. Die Konzentration ist auch eine Folge der bundesweiten Krankenhaus-Reform von Karl Lauterbach (SPD).
Aus für Krankenhaus: „Die Entscheidung ist ein harter Schlag für Hennigsdorf“
Mit 30 Ja-Stimmen, 20 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen hat der Kreistag Oberhavel das Aus des Hennigsdorfer Krankenhauses beschlossen. Die im Kreistag anwesenden Hennigsdorfern waren wütend, enttäuscht. Aus Hennigsdorf waren dutzende Menschen vor den Sitzungssaal des Kreistages gezogen, um mit Plakaten ein sichtbares Zeichen für den Erhalt des Standortes zu setzen. Die Stadt hatte extra einen Sonderbus organisiert. Die Demonstranten hatten auch mit Wortmeldungen im Saal an die Kreistagsmitglieder appelliert, den Standort zu erhalten.
„Die Entscheidung ist ein harter Schlag für Hennigsdorf“, sagt Hennigsdorfs Bürgermeister Thomas Günther. „Nach über 70 Jahren endet ein erfolgreiches Kapitel der Stadtgeschichte. Das ist eine herbe Enttäuschung für eine ganze Region. Wir werden uns jetzt dafür einsetzen, dass so viel medizinische Versorgung wie möglich in Hennigsdorf bleiben wird.“
Die stationäre Versorgung – bisher 458 Betten – soll in den nächsten fünf bis sieben Jahren aufgegeben und nach Oranienburg verlegt werden, wie die Mehrheit entschied. Damit wird die stationäre Klinikversorgung beider Standorte zusammengelegt. In Hennigsdorf soll ein ambulantes Zentrum entstehen, die Grundversorgung, die Notfallversorgung und die Klinik für Psychiatrie sollen erhalten bleiben. Kein Personal soll verloren gehen. Die Pläne stoßen jedoch auf Protest.
Doch nicht nur auf die Krankenhäuser im Landkreis Oberhavel kommen große Umbrüche zu. Viele Kliniken in Brandenburg stehen vor großen Problemen. Viele Häuser leiden unter Personalmangel, einem Rückgang der Patientenzahlen, steigenden Ausgaben und drohenden Insolvenzen. Mindestens vier von fünf Krankenhäusern schreiben nach Angaben des Gesundheitsministeriums derzeit rote Zahlen im Land.
Zwei Krankenhäuser droht Insolvenz
Zwei Kliniken in der Uckermark haben große Finanzprobleme. Den Krankenhäusern in Angermünde und Prenzlau droht nach Angaben des Landkreises Uckermark die Insolvenz. Aus dem Gutachten einer Berliner Anwaltskanzlei gehe hervor, dass der MSZ Uckermark gGmbH als Trägerin der beiden Kliniken die Zahlungsunfähigkeit drohe, teilte der Kreis Uckermark auf Anfrage mit.
In der Uckermark will der Kreis für die zwei Kliniken Verantwortung übernehmen. „Nach dem Krankenhausgesetz des Landes Brandenburg ist der Landkreis für die Sicherstellung der Krankenversorgung in Krankenhäusern zuständig“, sagte Landrätin Karina Dörk (CDU). „Diese Verpflichtung nehme ich sehr ernst und werde gemeinsam mit dem Kreistag Lösungen finden.“ Die Landrätin prüft eine Übernahme durch den Kreis.
Das Kreiskrankenhaus Prenzlau mit 110 vollstationären Betten und das Fachkrankenhaus Angermünde mit 120 vollstationären Betten sowie 59 teilstationären Plätzen gehören zur GLG-Gruppe (Gesellschaft für Leben und Gesundheit).

Ein Sanierungskonzept der GLG mit drei Varianten sehe zum Erhalt des Krankenhauses Prenzlau allein für dieses Jahr eine Mitfinanzierung des Kreises Uckermark zwischen vier und fünf Millionen Euro vor, teilt Dörk mit. „Nach erster Prüfung der Vorschläge sehe ich keine dieser Varianten als akzeptabel an.“
Die GLG verwies darauf, dass die Gesellschafter der Gruppe am Donnerstag über das Sanierungskonzept für die Kliniken in der Uckermark beraten wollten. Darüber werde abgestimmt, sagt ein Sprecher. Es gebe unterschiedliche Vorschläge für Maßnahmen.
Brandenburg: 200 Millionen für Investitionen
Eine Insolvenz in einer der Kliniken in der Uckermark wäre nicht die erste im Land: Das Krankenhaus Spremberg ging im Jahr 2022 in Insolvenz. Inzwischen ist der Standort nach Angaben des Gesundheitsministeriums aber gesichert – deshalb gilt Spremberg als Modell.
Mit einem Insolvenzverfahren soll das noch vorhandene Vermögen gleichmäßig an die verteilt werden. Die Vermögenslage kann auch auf Grundlage eines Insolvenzplans neu geordnet werden.
Die Krankenhausreform des Bundes soll finanziellen Druck der Kliniken mindern, für mehr ambulante Angebote und Spezialisierung sorgen. Die SPD/BSW-Landesregierung fordert vom Bund in einer Bundesratsinitiative mehr Geld für die Überbrückung, bis die Reform wirksam wird.
Im Brandenburger Doppelhaushalt für dieses und nächstes Jahr sind für Investitionen in Krankenhäuser 200 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen, wenn das Klinikum Cottbus eingerechnet wird. Das ist deutlich mehr als bisher mit 110 Millionen Euro.





