Um 8.15 Uhr am Dienstagmorgen hatte die Oder bei Ratzdorf in Brandenburg einen Pegelstand von 5,68 m. Normal sind etwas über zwei Meter. Damit wurde die Alarmstufe 3 ausgelöst. Noch am selben Tag soll sich die Hochwasser-Welle weiter erhöhen und in Richtung Frankfurt (Oder) schwappen. Seit Tagen bereiten sich die Orte entlang des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder auf eine Verschärfung der Hochwasserlage vor. In den nächsten Stunden zeigt sich, ob die Vorbereitungen ausreichen waren.
Hochwasser-Höhepunkt in Ratzdorf am Mittwoch erwartet
Ratzdorf liegt etwa 40 Kilometer südlich von Frankfurt (Oder). Hier, wo Oder und Neiße zusammen treffen, erwarten Experten für den späten Dienstagnachmittag auch das Erreichen der nächsten Alarmstufe vier. Sie wird bei einem Pegelstand von 5,90 Metern ausgerufen. Seinen Höhepunkt erreicht das Hochwasser dann mit Werten zwischen 600 cm und 620 cm am Mittwochmittag.
Schon bei Stufe drei müssen Anwohner mit der Überflutung einzelner Grundstücke, Straßen oder Keller rechnen. Die Wasserstände am Deich reichen dann bis etwa zur halben Deichhöhe. Ab Stufe vier, der höchsten Warnstufe, sind Überflutung größerer Flächen einschließlich Straßen und Anlagen in bebauten Gebieten zu erwarten. Es herrscht dann potenziell Lebensgefahr im Überflutungsbereich.

Das Dorf Ratzdorf war beim großen Oder-Hochwasser 1997 nicht durch einen Deich geschützt. Das Pegelhäuschen, das plötzlich mitten in den Fluten stand, ist seitdem deutschlandweit bekannt. Im Juli 1997 war bei Ratzdorf ein Pegelstand von fast 6,90 Metern gemessen worden. Auch 2010 gab es ein großes Oder-Hochwasser, bei dem das Pegelhäuschen im Wasser stand. Für die aktuelle Lage erwarten die Experten ein Sinken des Pegels erst am Freitag.
In Frankfurt (Oder) hat schon am Montagmorgen der Aufbau einer rund 152 Meter langen und ein Meter hohen Hochwasser-Schutzwand begonnen. Gemeinden und Hausbesitzer wappnen sich mit Sandsäcken vor dem Wasser.

Schaulustige an den Ufern der Oder
Zum Schutz der Deiche hat die Stadt Frankfurt (Oder) das Betreten der Anlagen bereits verboten. In den vergangenen Tagen seien Hunderte Schaulustige zum Oderufer gekommen, um den langsam ansteigenden Wasserpegel zu verfolgen, begründete die Stadtverwaltung den Schritt. Trotz eines Appells der Stadtverwaltung hätten sich hunderte Schaulustige am Oderufer das „Naturschauspiel“ angesehen und Einsatzkräfte behindert. Dem Lagezentrum des Landesamtes für Umwelt bereiten nach eigenen Angaben „Souvenirjäger“ Sorgen. Teile an der Spundwand in Frankfurt seien gestohlen worden, hieß es.
Der Pegelstand in der Grenzstadt Frankfurt (Oder) wird voraussichtlich im Laufe des Dienstags das Niveau der Alarmstufe 3 – der zweithöchsten Warnstufe – erreichen. Danach dürfen ab Dienstag Deiche nur noch von Einsatzkräften im Zuge der Hochwasserbekämpfung betreten oder befahren werden. Am Donnerstag wird dann auch in Frankfurt mit einem Maximum von 6 Metern Hochwasser gerechnet.

Auch in Lebus, zehn Kilometer nördlich von Frankfurt (Oder) bereiten sich die Einwohner der Kleinstadt auf das Kommende vor. In Lebus gibt es keinen Deich, der die Häuser vor Hochwasser schützt. Die Altstadt liegt ungeschützt nahe dem Flussufer. ■