Zweierlei Maß

Berliner Senat: Im Westen das ICC retten, im Osten das SEZ abreißen

Seit zehn Jahren steht das Internationale Congress Centrum im Westteil Berlins leer. Obwohl es bisher keiner haben will, sucht das Land auf einer Messe wieder nach Investoren – nur für das SEZ im Osten nicht. 

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Das ICC am Funkturm bleibt, das SEZ soll weg: So plant derzeit der Senat, spielt dabei ein prominentes Bauwerk im Westteil Berlins gegen ein prominentes im Osten gegeneinander aus.
Das ICC am Funkturm bleibt, das SEZ soll weg: So plant derzeit der Senat, spielt dabei ein prominentes Bauwerk im Westteil Berlins gegen ein prominentes im Osten gegeneinander aus.Jürgen Ritter/imago, Bernd Friedel/imago, Montage: BK

Der Berliner Senat hat noch immer die Ost-West-Schere im Kopf. Während Bausenator Christian Gaebler (SPD) mit aller Macht das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) mit seiner DDR-Vergangenheit im Ostteil abreißen lassen will, soll das seit Jahren ungenutzte Internationale Congress Centrum (ICC) im Westen Berlins gerettet werden. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) bietet gerade das „Raumschiff“-Bauwerk aus West-Berliner Zeiten gerade auf eine Immobilienmesse wie Sauerbier an.

Die Messen für das SEZ sind offenbar gesungen. Nach Meinung des Bausenators gebe es für das  einstige DDR-Spaßbad in der Hauptstadt keinen Bedarf.

Das SEZ im Osten Berlins, das abgerissen werden soll.
Das SEZ im Osten Berlins, das abgerissen werden soll.Bernd Friedel/imago

Dass in Friedrichshain, in dem das SEZ steht, noch nicht einmal eine vernünftige Schwimmhalle für die Bewohner steht, ignoriert er dabei völlig. Nach Gaeblers Ansicht sind Wohnungen auf dem Areal wichtiger. 500 will der Senat dort bauen lassen. Daher müsse das SEZ abgerissen werden, für das sich nach Gablers Worten kein Betreiber oder ein Investor für eine Millionen teure Sanierung finden würde.

Beim ICC nahe dem Funkturm im Westteil Berlins wird dagegen ganz anders augmentiert. Seit zehn Jahren steht das Gebäude leer und verfällt. Um es einigermaßen funktionstüchtig zu erhalten, werden jährlich über zwei Millionen Euro ausgegeben – auf Kosten der Berliner Steuerzahler.

Berliner ICC: Rettungsverersuche scheiterten bisher

Die Versuche des Senates scheiterten in der Vergangenheit, das 1979 erbaute futuristisch anmutende Gebäude wieder zum Leben zu erwecken, in dem einst Messen, Kongresse, Bälle und Konzerte von Weltstars wie Leonard Cohen, Chris de Burgh und sogar Bruce Springsteen stattfanden. So bemühte sich vor Jahren schon die einstige Grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop vergeblich, einen Käufer für das ICC zu finden.

Mit recht wilden Ideen bot sie das Gebäude an, das nach Vorschlägen von Architekten unter anderem ein Mega-Gewächshaus werden sollte. Doch kein Investor fand sich. Am Ende wurde das riesige Gebäude nur noch sporadisch genutzt – als Corona-Impfzentrum und Flüchtlingsunterkunft.

Die Immobilienmesse EXPO RealEstate in München
Die Immobilienmesse EXPO RealEstate in MünchenMesse.TV

Nun startet die jetzige Wirtschaftssenatorin Giffey den nächsten Versuch. Sie reiste jetzt nach München, um auf der dortigen Immobilienmesse EXPO RealEstate, um dort für eine umfassende Sanierung und Umgestaltung des ICC zu werben. Dafür wurde sogar ein Videofilmchen gedreht, eine Art Rundgang durch das ICC, den Interessenten mittels einer virtuellen Brille machen konnten.

Das alles dient als Vorspiel für einen internationalen Wettbewerb, der im November startet und mit dem der Senat Investoren zur Modernisierung des Hauses gewinnen will. Mit 1,6 Millionen Euro wird der ganze Spaß gefördert. 2026 soll dann ein Nutzungskonzept vorliegen.

So ein Mega-Gewächshaus sollte das ICC werden. Auch diesen Plan gab es. 
So ein Mega-Gewächshaus sollte das ICC werden. Auch diesen Plan gab es. XmediaArt Thinktank UG

Das Verfahren läuft unter der Regie der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). Laut Geschäftsführerin Birgit Möhring soll das einstige Kongresszentrum wieder neuem internationalem Glanz erstrahlen. Nebenbei bemerkt: Möhring war auch bei der Zwangsräumung des SEZ am 1. Oktober dabei, sah sich das komplette DDR-Spaßbad an. Über dessen Zukunft äußerte sich die BIM konkret nicht, verwies nur auf den Senat, der auf Abriss pocht.

ICC Berlin: Es wird schwer werden, einen Investor zu finden

Zurück zum ICC: Der Senat wird es schwer haben, einen Investor zu finden, auch wenn man neben das ICC auch noch das alte Parkhaus und die alten Parkflächen für eine Neubebauung drauflegt. Auch das 99-jährige Erbbaupachtrecht, das Investoren Planungssicherheit garantieren soll, nützt da wenig.

Seit zehn Jahren fast ungenutzt: So sieht das ICC Berlin heute aus, ist im Innern schadstoffbelastet (Asbest).
Seit zehn Jahren fast ungenutzt: So sieht das ICC Berlin heute aus, ist im Innern schadstoffbelastet (Asbest).Jürgen Ritter/imago

Denn der künftige Sanierer muss alle Kosten für das Wiederbeleben fast alleine bezahlen. Und das wird Millionen verschlingen. Allein die Schadstoffbeseitigung (Asbest) im Haus kann recht teuer werden. Wie hoch das ICC belastet ist, hält der Senat noch unter Verschluss, genauso wie eine bereits erstelle Machbarkeitsstudie zum Erhalt des ICC. Erst zum  Wettbewerbsstart im November sollen due geheimen Daten veröffentlicht werden.

Aber die Landesregierung machte schon auf der Immobilienmesse in München klar: Zuschüsse von bis zu 200 Millionen Euro, wie sie zum Beispiel noch unter dem rot-grün-roten Senat in Aussicht gestellt wurden, gibt es unter der schwarz-roten Koalition nicht mehr.

Geht es nach den Vorstellungen des Senates, soll das alte ICC zu seinem 50. Geburtstag im Jahr 2029 zumindest teilweise wieder eröffnet werden. Wer weiß, ob dann noch das SEZ im Osten Berlins stehen wird.