Nach der Zwangsräumung

SEZ-Mieter sollen bleiben, sonst reißen Vandalen das DDR-Spaßbad ab

Die landeseigene Immobiliengesellschaft BIM strebt eine Zwischennutzung des SEZs an, um Leerstand zu verhindern. Das Gebäude soll kein Ort für Vandalen werden.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
Die von Vandalen beschmierte Fassade des SEZ: Eine Zwischennutzung des einstigen DDR-Spaßbades wird angestrebt, um Schlimmeres zu verhindern.
Die von Vandalen beschmierte Fassade des SEZ: Eine Zwischennutzung des einstigen DDR-Spaßbades wird angestrebt, um Schlimmeres zu verhindern.Jürgen Ritter/imago

Die Zwangsräumung, besser gesagt die Zwangsvollstreckung, ist vorbei. Doch was wird nun aus dem Sport- und Erholungszentrum an der Landsberger Allee, das nun dem Land Berlin vollständig gehört, bevor Bausenator Christian Gaebler (SPD) das einstige DDR-Spaßbad abreißen lässt? Die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) strebt jedenfalls eine Zwischenlösung an, um zu verhindern, dass im Vorfeld schon Vandalen das SEZ abreißen.

Drei Gerichtsvollzieher waren mit 60 Polizisten und Vertretern des Landes Berlin am Dienstag in die Gebäude des einstigen Spaßbades eingerückt. Fast sieben Stunden dauerte die Begehung, bei der auch BIM-Geschäftsführerin Birgit Möhring dabei war.

BIM-Geschäftsführerin Birgit Möhring betritt im Zuge der Zwangsvollstreckung das SEZ.
BIM-Geschäftsführerin Birgit Möhring betritt im Zuge der Zwangsvollstreckung das SEZ.Markus Wächter/Berliner KURIER

„Das Land Berlin ist wieder in Besitz des SEZ und hat Verfügungsgewalt über das Gelände“, sagt sie. „Gegen die SportMed Leipzig GmbH wurde erfolgreich eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe des Grundstücks erwirkt. Gesellschafter dieser GmbH ist die Rainer Löhnitz Stiftung.“ Damit dürfte der sächsische Unternehmer beim SEZ für immer aus dem Spiel sein.

Laut Möhring war die „Grundlage der Zwangsvollstreckungsmaßnahme ein rechtskräftiges Urteil des Kammergerichts Berlin, das der frühere Eigentümer des Grundstücks nicht akzeptiert hat, obwohl der Rechtsweg ausgeschöpft ist“. Nun hat die BIM das Gebäude gegen einen unbefugten Zutritt Dritter abgesichert.

SEZ nach Zwangsräumung: Neue Schlösser wurden eingebaut

Im Klartext heißt das: Die Schlösser zu den Eingängen des SEZ wurden ausgetauscht. Bleiben damit jetzt auch die Mieter, die derzeit in dem einstigen Spaßbad Veranstaltungen durchführten, vor verschlossenen Türen? Laut der Bürgerinitiative „SEZ für alle“ seien bis jetzt nur noch zwei Mieter im SEZ. Dies seien der Recede-Club mit seinen Techno-Shows und die „Green Yoga“-Truppe. Die BIM teilt mit, dass es noch vier Nutzer im SEZ gibt.

Das einstige Spaßbad mit leeren Becken: Im Innern wirkt das SEZ intakt.
Das einstige Spaßbad mit leeren Becken: Im Innern wirkt das SEZ intakt.Rolf Zöllner/imago

Bei der Räumung des SEZ war auch Anwalt Mark Stockfisch, der „Green Yoga“ vertritt. „Meine Mandanten befürchten, dass sie nun aus dem SEZ heraus müssten“, sagte er dem KURIER. „Sie habe Angst, dass sie vor dem Aus stehen.“

Doch die Veranstaltungen könnten im einstigen Spaßbad weiter laufen. „Derzeit prüft die BIM die aktuellen Nutzungsverhältnisse“, sagt BIM-Geschäftsführerin Möhring. Mit den berechtigten Nutzern im SEZ ist die BIM im Gespräch, heißt es weiter. „Sie erhalten neue Schlüssel.“

SEZ-Zwischennutzung: Läuft sie wie beim Palast der Republik ab?

Denn die BIM will sich in der Übergangsphase bis zum möglichen Abriss des Gebäudes, den der Bausenator weiter favorisiert, um Zwischennutzungen und Vermietungen für Veranstaltungen im SEZ kümmern. So eine Zwischennutzung kennen die Berliner noch gut aus den Zeiten, als der Palast der Republik vor über 20 Jahren zum Abriss stand. Damals fanden Theateraufführungen, Konzerte und Führungen durch das Gebäude statt, von dem nach der Asbestbefreiung nur noch das Grundgerippe dastand.

Von Vandalen verwüstet: das leerstehende Kinderkrankenhaus Weißensee an der Hansastraße
Von Vandalen verwüstet: das leerstehende Kinderkrankenhaus Weißensee an der HansastraßeJürgen Ritter/imago

Beim SEZ könnte man sich offenbar ähnliches vorstellen. Denn: „So wenig Leerstand wie möglich soll Vandalismus und Lost-Places-Tourismus im Objekt verhindern“, sagt BIM-Geschäftsführerin Möhring. Wie notwendig dies ist, zeigt schon die Fassade des einst glanzvollen SEZ, die seit Jahren von Vandalen schon genug verwüstet wurde.

Und was aus leerstehenden Gebäuden in Berlin passiert, haben wir zur Genüge in der Vergangenheit erfahren. Das traurigste Beispiel dafür ist das einstige Kinderkrankenhaus Weißensee. Als die Klinik-Nutzung an der Hansastraße nach der Wiedervereinigung endete, entschied 1997 der damalige Senat, das Krankenhaus aus Kostengründen zu schließen, ohne Plan für eine Nachnutzung der Immobilie zu haben.

Angst vor Vandalismus: SEZ soll nicht wie das Kinderkrankenhaus Weißensee verwüstet werden

Die Folge: Das historische Klinik-Gebäude, das vor über 100 Jahren errichtet wurde, verfiel. Vandalen trieben sich dort herum, Brände wurden gelegt, Berlin-Touristen aus aller Welt eroberten das Gebäude für gefährliche Lost-Places-Touren. Auf jährlich 200.000 Euro sollen sich die „Unterhaltskosten“ der Ruine belaufen. Nun plant der Bezirk, auf dem Gelände ein Schulgebäude zu errichten.

Ob eine erfolgreiche Zwischennutzung das SEZ retten kann? Susanne Lorenz von der Bürgerinitiative „SEZ für alle“ hofft es. „Das erneute Abriss-Statement des Bausenators geht nun gar nicht. Seine Aussage, dass Berlin kein Spaßbad braucht, ist alles andere als zutreffend. Wir haben ja in Friedrichshain noch nicht einmal ein normales Schwimmbad“, sagt sie.

Die von der BIM angestrebte Zwischennutzung könnte ein wichtiger Schritt sein, um das einstige DDR-Spaßbad zu erhalten. Doch kann sie am Ende wirklich der erhoffte Retter für das SEZ sein? Ein Statement der Geschäftsführerin nach der Zwangsvollstreckung macht da wenig Hoffnung. „Der Senat beabsichtigt, den Ende 2018 beschlossenen Bebauungsplan umzusetzen. Er sieht unter anderem den Bau von zirka 500 Wohnungen und einer Schule vor“, sagt Möhring.