Eine Lehrerin steht an der Tafel in einer Klasse: Immer weniger Pädagogen unterrichten immer mehr Schüler in Berlin.
Eine Lehrerin steht an der Tafel in einer Klasse: Immer weniger Pädagogen unterrichten immer mehr Schüler in Berlin. Sebastian Gollnow/dpa 

Kein Wunder, dass Berlins Lehrer im Juni drei Tage in den Warnstreik treten wollen. Denn die Bedingungen in ihrem Berufsalltag verschlimmern sich drastisch. Immer weniger Lehrer unterrichten an den Schulen der Hauptstadt immer mehr Schüler, sagt die neue Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). Der Grund: Viele Pädagogen gehen in den Ruhestand oder werfen einfach ihren Job hin. Im Gegenzug nimmt die Zahl der schulpflichtigen Kinder zu.

Für das neue Schuljahr, das Ende August startet, rechnet Bildungssenatorin mit einem Lehrkräftedefizit von 1460 Vollzeitstellen. Zu Beginn des laufenden Schuljahres hatte die Lücke nach ihren Angaben noch bei 973 Stellen gelegen. Insgesamt gibt es an Berlins Schulen etwa 32.000 Vollzeitstellen für Lehrerinnen und Lehrer.

Das Defizit führte die Senatorin vor allem auf Pensionierungen und den Weggang von Lehrkräften zurück. Um der Entwicklung entgegenzuwirken, dürfe es keine Denkverbote geben, sagte sie. Unter anderem prüfe die Verwaltung den Einsatz von Lehrkräften in nur einem Fach, eine schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie weniger Abordnungen von Lehrern in die Landesverwaltung. Eine schnelle und einheitliche Lösung des bundesweiten Fachkräftemangels an Schulen werde es nicht geben.

Berliner Schul-Chaos: Die Zahl der Schüler steigt um 25.000, die der Lehrer nur um 2000

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) 
Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU)  Michael Kappeler/dpa

Der Druck steigt zusätzlich, weil die Zahl der Schüler stetig zunimmt. Laut Günther-Wünsch besuchen aktuell 347.559 Schüler die öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Berlin. Bis zum Schuljahr 2031/2032 steigt diese Zahl Prognosen zufolge voraussichtlich um etwa 25.000 auf 372.280 Schüler. Der Bedarf an Lehrkräften nimmt bis dahin um 2000 auf 34.000 Vollzeitstellen zu.

Ein wichtiges Instrument gegen die Personalnot soll die Verbeamtung von Lehrkräften sein. Berlin hatte diese nach 18 Jahren Auszeit als letztes Bundesland wieder eingeführt, um den Beruf attraktiver zu machen. Ende Februar war dazu ein Gesetzespaket in Kraft getreten.

Seither haben gut 8700 bisher angestellte Lehrkräfte einen Antrag auf Verbeamtung gestellt, wie Günther-Wünsch mitteilte. Das sind etwas mehr als die Hälfte der 16.000 Lehrerinnen und Lehrer, für die diese Möglichkeit nun offen steht. Die Senatorin wertete die Zahl positiv. „Gleichzeitig sind es aber auch erst die Hälfte. Das zeigt, dass es bei der Umsetzung des Vorhabens offenbar noch einigen Präzisierungsbedarf gibt.“

Berliner Schul-Chaos: Nichtverbeamtete Lehrer sollen mehr Geld bekommen

Günther-Wünsch plädierte dafür, schnellstmöglich zu klären, wie der sogenannte Nachteilsausgleichs für Lehrkräfte aussieht, die das 52. Lebensjahr bereits vollendet haben. Sie können wegen dieser Altersgrenze nicht verbeamtet werden. Im Gespräch ist je nach aktueller Vergütung eine monatliche Kompensation von 250 oder 300 Euro. Laut der Senatorin werden derzeit zusätzliche Kompensationsmöglichkeiten für ältere Lehrkräfte geprüft.

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels werden an Berlins Schulen schon seit Jahren immer mehr sogenannte Quer- oder Seiteneinsteiger eingestellt. Sie verfügen in der Regel über einen Hochschulabschluss, der einem Schulfach zugeordnet wird. Ihr pädagogisches Rüstzeug sowie Kenntnisse in einem zweiten Fach erhalten sie parallel zu ihrer Tätigkeit im Rahmen berufsbegleitender Studien sowie eines sogenannten Vorbereitungsdienstes.

Ende Dezember 2022 hatte das Verwaltungsgericht entschieden, dass es für diese Studien keine Rechtsgrundlage gibt. Insbesondere fehlten Festlegungen über den Zugang zum Studium sowie das Prüfungsverfahren, so das Gericht.

Als Konsequenz aus dem Urteil beschloss der schwarz-rote Senat am Dienstag einen Entwurf zur Änderung des Lehrkräftebildungsgesetzes, der diese Punkte berücksichtigt. Der Gesetzentwurf wird nun im Abgeordnetenhaus weiter beraten und dann verabschiedet. „Damit ist Rechtssicherheit hergestellt“, sagte Senatorin Günther-Wünsch.