Wenn schon nichts besser wird, dann wenigstens die Worte. Das muss sich jedenfalls die Berliner Feuerwehr gedacht haben, die eine neue Schönsprech-Offensive gestartet hat. Regelmäßig berichtet der KURIER über Berlins Rettungsdienste, die akut infarktgefährdet sind. Immer wieder muss die Feuerwehr den „Ausnahmezustand Rettungsdienst“ ausrufen, weil zu wenige Rettungswagen (RTW) zur Verfügung stehen. Die Lage ist immer noch kritisch, aber jetzt verschwindet der Ausnahmezustand aus dem Vokabular der Feuerwehr.
„2 x 3 macht 4/Widdewiddewitt/und Drei macht Neune!!/Ich mach‘ mir die Welt/Widdewidde wie sie mir gefällt“. Frei nach Pipi Langstrumpf ändert die Berliner Feuerwehr einfach die Begriffe. Und so wird aus „Ausnahmezustand Rettungsdienst“ künftig die „Auslastungsstufe Rettungsdienst 3“. Klingt besser, ist aber natürlich genauso schlimm. Es fehlen einfach in Berlin einsetzbare RTW bzw. das ausgebildete Personal, das dafür benötigt wird.
So sieht das neue Schönsprech-Konzept aus
Die Einsatzsteuerung der Behörde hat das neue Konzept „Auslastungsstufen Rettungsdienst“ erstellt, wie die Berliner Zeitung berichtet. „Das Konzept ermöglicht eine dynamische Prozessoptimierung durch die enge Zusammenarbeit von Einsatzsteuerung und Einsatzbetrieb“, heißt es in einem Rundschreiben der Feuerwehr. Dabei handelt es sich um einen automatisierten Prozess im Einsatzleitsystem der Feuerwehrleitstelle mit entsprechenden Betriebsarten.
Auslastungsstufe 1: Von den rund 125 RTW sind nur noch rund 40 gleichzeitig frei. Die Notfallrettung bekommt Vorrang. Krankenhausverlegungen werden nur noch bei vital bedrohten oder zeitkritischen Patienten.
Auslastungsstufe 2: Nur 30 RTW verfügbar. Die Alarmierungs- und Ausrückeordnung wird angepasst. Bei einer Kopfplatzwunde kann es dann schon mal länger dauern. „Zur Sensibilisierung“ der Anrufer beim Notruf 112 wird eine Abmoderation für das Notrufgespräch vorgegeben. Darin wird auf die hohe Auslastung in der Notfallrettung hingewiesen. RTW, die in den Wachen als Reserve gehalten werden, können auch mit weniger hoch qualifizierten Rettungssanitätern besetzt werden.
Aktuelle Zahlen zeigen das Dilemma
Auslastungsstufe 3: Der „Ausnahmezustand“, der jetzt keiner mehr sein soll. Nur noch zehn RTW sind frei verfügbar. Dann muss Personal, das eigentlich auf Löschfahrzeugen sitzt, die RTW besetzen, was zulasten des Brandschutzes geht. RTW dürfen nur für nötigste Arbeiten wie das Auffüllen von Material außer Betrieb genommen werden, berichtet die Berliner Zeitung. Für Putzen und Pausen ist keine Zeit mehr eingeplant.
Übrigens herrschte laut Informationen der Berliner Zeitung auch in diesem Monat an fast jedem Tag der Ausnahmezustand, der keiner mehr sein soll. In der Nacht zu Freitag konnte das Deutsche Rote Kreuz nachts nur drei von neun RTW besetzen. Insgesamt waren in der Nacht 14 RTW unbesetzt – sechs vom DRK, einer vom ASB, drei der Johanniter, einer vom Malteser Hilfsdienst und drei der Berliner Feuerwehr. ■