Er kostete 45.000 Euro

Beklaut und vertrocknet: „Cooling Point“ wird Berlins teuerster Schandfleck!

Von der Hitze-Hilfe zur großen Blamage: Der superteure „Cooling Point“ im Mauerpark wurde Opfer von Vandalismus und die Pflanzen vertrocknen.

Author - Veronika Hohenstein
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Armin Scholz (74) aus München zeigt sich entsetzt, als er einen lieblos gepflanzten Lavendelstrauch hochhebt und sagt: „Das ist blamabel.“ Am Cooling Point fehlt inzwischen größtenteils die Bepflanzung, wie auf einem Zettel des Landesamts für Gesundheit und Soziales zu lesen ist – angeblich wegen Vandalismus.
Armin Scholz (74) aus München zeigt sich entsetzt, als er einen lieblos gepflanzten Lavendelstrauch hochhebt und sagt: „Das ist blamabel.“ Am Cooling Point fehlt inzwischen größtenteils die Bepflanzung, wie auf einem Zettel des Landesamts für Gesundheit und Soziales zu lesen ist – angeblich wegen Vandalismus.Veronika Hohenstein

An einem grauen Donnerstagmorgen feierte sich die Hauptstadt gebührend selbst. Mit viel Medienrummel, langen Reden und zufriedenem Politikerlächeln wurde im Berliner Mauerpark der erste Cooling Point der Hauptstadt eröffnet. Sechs Wochen ist das jetzt her. Die Versprechen klangen groß: Ein vom Bund gefördertes Pilotprojekt gegen die Hitze, das vom Land betreut und von Ämtern, Gesellschaften und Sozialträgern umgesetzt wird. Schattenplätze und ein paar Blumen sollten zeigen, wie die Stadt der Klimakrise trotzt.

„Aufgrund von Vandalismus fehlt am Cooling Point momentan die Bepflanzung“, schreibt das Landesamt für Gesundheit und Soziales auf einen Zettel.
„Aufgrund von Vandalismus fehlt am Cooling Point momentan die Bepflanzung“, schreibt das Landesamt für Gesundheit und Soziales auf einen Zettel.Veronika Hohenstein

Teurer Schatten in Berlin: Der Cooling Point im Mauerpark floppt

Der KURIER testete an einem der heißesten Tage des Sommers, wie sinnvoll der Cooling Point tatsächlich ist. Bei über 30 Grad blieb die Anlage aber leer. Während die Mittagssonne gnadenlos auf Asphalt und Beton brannte, suchten die Besucher des Mauerparks Schatten. Jedoch nicht in der neuen Oase, sondern ein paar Meter weiter unter alten Bäumen.

„Im Cooling Point ist es zu heiß“, sagte Alexander (45) aus Eisenach, der mit seinem Freund Michael dort saß. Dabei war das Ensemble nicht billig. Über einen Zeitraum von drei Jahren summieren sich die Kosten auf 120.000 Euro. Davon wurden 45.000 Euro für die Blumenkübel, Bänke und das Dach ausgegeben, inklusive Versicherung für den Fall, dass Berlins rauer Alltag das Projekt allzu schnell beschädigt.

Armin Scholz (74) aus München kritisiert die Anlage scharf: „Lieblos bepflanzte Holzkästen und ein offenes Dach, für 45.000 Euro ist das blamabel.“
Armin Scholz (74) aus München kritisiert die Anlage scharf: „Lieblos bepflanzte Holzkästen und ein offenes Dach, für 45.000 Euro ist das blamabel.“Veronika Hohenstein

Kritik am Mauerpark-Projekt: „Für 45.000 Euro lieber Bäume pflanzen“

Die Sorge vor Vandalismus bewahrheitete sich bereits nach knapp sechs Wochen. Erneut fuhr der KURIER zum Cooling Point, um sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen. Das Bild, das sich uns bot, war traurig: keine Bienchen und Blümchen. Stattdessen gab es zerwühlte Erde, vertrocknete Sträucher und in den Ecken gesammeltes Laub. Auf dem Pflaster trocknete Erbrochenes fest. Die Stadt hat bereits Zettel aufgehängt. Man sei sich der Schäden bewusst und werde sie „zeitnah“ beheben.

Bei den Spaziergängern im Mauerpark stößt der Cooling Point auf wenig Verständnis. Armin Scholz (74) aus München bleibt länger vor dem Cooling Point stehen und wirkt fast fassungslos. „Das kann nichts werden mit dem Cooling“, sagt er und deutet auf das Dach. „Das ist ja offen. Das ist wirklich blamabel.“ Als er schließlich von den Kosten in Höhe von 45.000 Euro erfährt, schüttelt er nur den Kopf: „45.000 Euro? Das ist mir unbegreiflich. Die sollten sich schämen.“ Und was denkt er über den Pflanzendiebstahl? „Das ist Berlin“, sagt er. „Eigentlich ist es erschreckend, wie dreckig und marode es hier ist.“

Wilhelm (73) aus Mitte hält den Cooling Point für reine Geldverschwendung: „45.000 Euro, das ist mir unbegreiflich.“
Wilhelm (73) aus Mitte hält den Cooling Point für reine Geldverschwendung: „45.000 Euro, das ist mir unbegreiflich.“Veronika Hohenstein

Der 73-jährige Wilhelm aus Mitte zeigt sich fassungslos über die Kosten. „45.000 Euro! Das ist für mich unbegreiflich.“ Für ihn ist der Cooling Point weder ein Rastplatz noch eine Lösung gegen die Hitze, sondern schlichtweg Verschwendung. „Tstststs, Wahnsinn. Ist das besonderes Holz? Das ist wirklich Wahnsinn.“ Auch Jacob (39) aus Pankow zeigt sich skeptisch und sagt auf Englisch: „Es sieht nicht nach 45.000 Euro aus. Für mich ist das reine Geldverschwendung, das hätten auch ein paar Studenten bauen können.“

Jacob (39) aus Pankow: „Es sieht nicht nach 45.000 Euro aus. Das hätten auch Studenten bauen können.“
Jacob (39) aus Pankow: „Es sieht nicht nach 45.000 Euro aus. Das hätten auch Studenten bauen können.“Veronika Hohenstein
Julia (50) aus Mitte mit Hund Lola im Mauerpark: „Hier gibt es doch genug Bäume, wozu braucht man den Cooling Point?“
Julia (50) aus Mitte mit Hund Lola im Mauerpark: „Hier gibt es doch genug Bäume, wozu braucht man den Cooling Point?“Veronika Hohenstein

„Ich finde es total albern. Hier gibt es doch überall Bäume, auf denen man sitzen kann“, sagt Julia (50) aus Berlin-Mitte, während sie mit ihrer Hündin Lola durch den Mauerpark spaziert. „Ich bin öfter im Mauerpark, aber genutzt habe ich das Ding noch nie.“ Ebenso wenig begeistert von der Initiative ist Maria (35), eine Einwohnerin von Prenzlauer Berg. „Erst dachte ich, es sieht ganz nett aus, fast wie ein Kunstwerk. Aber dann habe ich den Preis erfahren, das ist absurd.“ Sie spekuliert, dass der Vandalismus eine Art Reaktion sein könnte: „Vielleicht haben die Leute die Pflanzen aus Wut herausgerissen. Für 45.000 Euro hätte man doch einfach Bäume pflanzen können.“

Maria (35) aus Prenzlauer Berg, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt: „Erst dachte ich, es sieht nett aus, fast wie ein Kunstwerk. Aber für 45.000 Euro hätte man besser Bäume pflanzen sollen.“
Maria (35) aus Prenzlauer Berg, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt: „Erst dachte ich, es sieht nett aus, fast wie ein Kunstwerk. Aber für 45.000 Euro hätte man besser Bäume pflanzen sollen.“Veronika Hohenstein

Dr. Hermann Dreier (83), in Friedrichshagen geboren und nach Jahren in Stockholm wieder in Berlin lebend, findet deutliche Worte: „45.000 Euro – das ist reiner Wahnsinn! Dafür kann man so viel Sinnvolleres machen.“ Für das Arrangement hätte er höchstens 2000 Euro bezahlt, sagt er. „Für einen kleinen Garten, ja. Aber so ein Ding würde ich mir in meinem eigenen Garten nie hinstellen, denn es wirkt lieblos.“

Dr. Hermann Dreier (83) kritisiert die Kosten des Projekts scharf: „45.000 Euro, das ist reiner Wahnsinn. Für mich wirkt der Cooling Point lieblos und überteuert.“
Dr. Hermann Dreier (83) kritisiert die Kosten des Projekts scharf: „45.000 Euro, das ist reiner Wahnsinn. Für mich wirkt der Cooling Point lieblos und überteuert.“Veronika Hohenstein
Pflanzen wurden vom Cooling Point entwendet, der Schaden liegt laut Lageso bei rund 350 Euro.
Pflanzen wurden vom Cooling Point entwendet, der Schaden liegt laut Lageso bei rund 350 Euro.Veronika Hohenstein

Lageso spricht trotz Vandalismus von „wertschätzendem Verhalten“

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), das das Projekt betreut, teilte dem KURIER mit, dass es sich beim Vandalismus vor allem um Pflanzendiebstahl handelt. So seien am 20. August fast alle Stauden, darunter Lavendel, Echinacea und Gräser, entwendet worden, erklärte Sprecherin Stephanie Reisinger. Der Schaden beläuft sich auf rund 350 Euro, die Nachpflanzung wurde bereits beauftragt. Schmierereien oder größere Beschädigungen habe es bislang nicht gegeben. Grundsätzlich habe man sogar „wertschätzendes Verhalten“ der Parkbesucher erlebt, betont das Amt. Maßnahmen, um den Cooling Point zukünftig vor Vandalismus zu schützen, sind in Arbeit. „Unser oberstes Ziel bleibt auch weiterhin, einen kühlen Ort mit Wasseranbindung zu schaffen und die Begegnung von Menschen zu fördern.“