Meist sind es Autofahrer, die schimpfen, weil ihnen zugunsten neuer Radwege Platz weggenommen wird. Diesmal sind die Öffi-Nutzer dran. In der Otto-Braun-Straße zwischen Friedrichshain und Prenzlauer Berg feiert die Verkehrsverwaltung von Senatorin Ute Bonde (CDU) einen neuen Radweg – und vergisst in der Pressemitteilung zu erwähnen, dass dafür eine Busspur weichen musste.
Es geht um 350 Meter zwischen Mollstraße und Straße am Friedrichshain. Jahrelang gab es hier eine Busspur, die Busse und Radfahrer in friedlicher Koexistenz nutzten. Jetzt sind die BVG-Busse außen vor, dem Rad wurde die Vorfahrt zugewiesen. 2023 wurde die Beseitigung der Busspur Otto-Braun-Straße (Richtung Mollstraße) angeordnet. Die mit zwei Buslinien betroffene BVG wurde nicht angehört. „Diese Busspur, die von den Radfahrern bisher genutzt werden kann und auch genutzt wird, nun zugunsten eines Radfahrstreifens zu beseitigen, schürt Spannungen zwischen Bus- und Radverkehr“, ließ der Fahrgastverband IGEB vor einem halben Jahr verlauten.
BVG-Busse müssen im Haltestellenbereich einscheren
Nach bundesweiten Regularien soll die Zahl der Busfahrten in der Otto-Braun-Straße aber nicht ausreichen, um eine Busspur zu rechtfertigen. Durch die Otto-Braun-Straße fahren hier Busse der Linien 142 und 200, auf beiden Seiten gibt es Haltestellen. Werktags kommen pro Stunde acht Busse je Richtung, am Wochenende sind es fünf.
Wo vorher klar war, dass hier Busse und Radfahrer die Spur gleichzeitig benutzen, müssen Bus- und Fahrerfahrer jetzt mehr aufpassen als vorher, da die BVG-Busse an den Haltestellen auf die Busspur von der Seite her einscheren müssen – und die Radspur kurzzeitig zur Busspur wird. Autofahrer müssen wiederum aufpassen, wenn Radfahrer den stehenden Bus überholen und auf die Fahrspur für Autos ausweichen.
Viel von der neuen „Radverkehrsanlage“, wie es hochtrabend aus der Verwaltung heißt, sieht man allerdings am Sonntag noch nicht. Die Verkehrsverwaltung berichtet, dass auf einer Länge von etwa 350 Metern „geschützte Radwege mit einer befahrbaren Breite von 2,20 Metern und einem zusätzlichen Schutzstreifen von 75 Zentimetern zum motorisierten Verkehr hin eingerichtet“ worden seien. Geschützt ist hier aber noch gar nichts. Wenn man mal von zwei dicken weißen Streifen absieht, die die beiden Autospuren von der Radspur abtrennen.

Denn bis jetzt sind nur die Asphalt- und Markierungsarbeiten ausgeführt und Schilder aufgestellt worden. Die Verwaltung spricht von ungünstigen Wetterbedingungen, die dafür sorgten, dass „einige wenige Arbeiten“ auf das nächste Jahr verschoben worden mussten. Genau die Arbeiten, die dafür sorgen sollen, dass Radfahrer hier wirklich geschützt unterwegs sind.