Gegen Politik und Kontrolle

Nach Stasi-Banner: Union- und Bayern-Fans plötzlich vereint!

Erst Gift und Galle, jetzt gemeinsamer Protest: Beim Spiel in Köpenick richten sich die Fanlager mit einer klaren Botschaft gegen Politik und Videobeweis.

Author - Sebastian Schmitt
Teilen
„Gleiches Recht für alle“: Die Fans des 1. FC Union protestieren beim Spiel gegen den FC Bayern gegen Einschränkungen für Gästefans im Stadion An der Alten Försterei.
„Gleiches Recht für alle“: Die Fans des 1. FC Union protestieren beim Spiel gegen den FC Bayern gegen Einschränkungen für Gästefans im Stadion An der Alten Försterei.Matthias Koch/imago

Noch im Januar 2024 schlugen Bayern-Ultras mit einem geschmacklosen Stasi-Banner über die Stränge. Jetzt stehen die Fans des FC Bayern und des 1. FC Union beim spektakulären 2:2 plötzlich Seite an Seite – vereint in ihrem Protest gegen politische Überwachung, personalisierte Tickets und den Videobeweis. Ein seltenes Bündnis auf den Rängen, geboren aus Wut und Fußball-Liebe.

Sie galten lange als grundverschieden – die Anhänger des Rekordmeisters aus München und die Fans aus dem Osten Berlins. Doch am Wochenende in Köpenick herrschte ungewohnte Einigkeit. Während der 1. FC Union Berlin und der FC Bayern München sich auf dem Rasen 2:2 trennten, schickten beide Kurven dieselbe Botschaft: „IMK 25: Eure eigenen Statistiken zeigen: Die Stadien sind sicher. Populismus stoppen!“

„Gleiches Recht für alle“: Union-Fans kritisieren eigenen Klub

Die Fan-Aktion lief bundesweit. Hintergrund ist die Innenministerkonferenz Anfang Dezember in Bremen, bei der über neue Sicherheitsmaßnahmen im Fußball entschieden werden soll – von personalisierten Tickets bis hin zu schärferen Stadionverboten. Dabei zeigen die offiziellen Zahlen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze: „Die Stadien sind sicher“, heißt es auch von DFB und DFL – nur die Politik will es offenbar nicht glauben.

Bundesweit protestierten Fußballfans wie hier in Köpenick beim Spiel des 1. FC Union gegen den FC Bayern gegen die Pläne der Politik.
Bundesweit protestierten Fußballfans wie hier in Köpenick beim Spiel des 1. FC Union gegen den FC Bayern gegen die Pläne der Politik.Sebastian Räppold/Matthias Koch/imago

In Köpenick richtete sich der Protest nicht nur gegen die Politik, sondern auch gegen den eigenen Klub. Die Union-Fans solidarisierten sich mit ihren Gästen und hängten zu Spielbeginn ein Banner an den Zaun hinter der Waldseite: „Gegen Einschränkungen für Gäste-Fans an der Alten Försterei – Gleiches Recht für alle.“

Bayern-Ultras attackierten Union-Boss Dirk Zingler

Ein bemerkenswertes Zeichen – zumal zwischen beiden Lagern zuletzt wenig Harmonie herrschte. Im Januar 2024 hatten Bayern-Ultras in München ein Plakat gezeigt, das für Empörung sorgte: „Lieber ein Gewinner sein, als Kritik zu äußern am Investoren hofierenden Stasi-Schwein“, daneben Union-Präsident Dirk Zingler in Stasi-Uniform samt Schweinerüssel.

Bayern-Fans verunglimpften Union-Präsident Dirk Zingler im Januar 2024 beim Spiel in München wegen seiner Stasi-Vergangenheit und Äußerungen zu Investoren in der Bundesliga.
Bayern-Fans verunglimpften Union-Präsident Dirk Zingler im Januar 2024 beim Spiel in München wegen seiner Stasi-Vergangenheit und Äußerungen zu Investoren in der Bundesliga.Matthias Koch/imago

Hintergrund: Zinglers Vergangenheit bei einem DDR-Wachregiment, das der Staatssicherheit unterstellt war, sowie seine offenen Worte zur Investorenfrage in der DFL, die der Münchner Schickeria nicht passten.

VAR-Wut: Fans des 1. FC Union und des FC Bayern gleicher Meinung

Union reagierte damals nicht öffentlich – die Stimmung war frostig. Jetzt herrscht plötzlich Einigkeit. Nicht nur bei Fragen der Sicherheit. Als das vermeintliche 1:0 von Ilyas Ansah nach minutenlanger VAR-Prüfung wegen einer Millimeter-Entscheidung zurückgenommen wird, ist es nicht nur die Waldseite, die pfeift. Auch aus dem Gästeblock hallt Kritik am Videobeweis: „Ihr macht unseren Sport kaputt!“

Keine Feindschaft, kein Hohn – stattdessen gemeinsamer Frust über ein System, das längst niemanden mehr begeistert. „Fußball“, skandierten beide Kurven, als wollten sie die Rückkehr des echten Spiels beschwören – ohne Videokeller, ohne Populismus, ohne Kontrolle.