Warum gerade jetzt? Mussten die Bayern ausgerechnet zum unmöglichsten aller Zeitpunkte verlieren? Auch noch zum ersten Mal in dieser Saison zu Hause? Hätten sie sich diesen Ausrutscher nicht drei Tage länger aufheben können? Warum passierte es gegen Bremen?
Aus den vergangenen 14 Punktspielen in München hatte Werder dank Unentschieden gerade drei Pünktchen mitgenommen, aber 53 Gegentore geschluckt. Der letzte Sieg zuvor beim deutschen Rekordmeister fiel mit 5:2 zwar gigantisch aus, datiert allerdings vom 20. September 2008 und fällt somit unter die Rubrik „damals war’s …“. Dabei liefen für die Hausherren seinerzeit Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Mark van Bommel auf. Nicht einmal der Brasilianer Lucio konnte die Flut an Gegentoren verhindern. Im Werder-Tor stand mit Tim Wiese einer, der sein Fach zwar verstand, später als Wrestler (The Machine) jedoch für deutlich mehr Klamauk sorgte.
2008 spielte der 1. FC Union erstmals in der 3. Liga
Nur zur Einordnung und um daran zu erinnern, wie schnell die Zeit unterwegs sein kann: An jenem Wochenende vor fünfzehneinhalb Jahren kam der 1. FC Union durch ein Tor von Hüzeyfe Dogan im Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig wenigstens zu einem 1:1, fiel in der Premierensaison der dritten Liga trotzdem von Rang 4 auf Rang 7 ab. So ewig lange ist das her. Auch andere tun sich gegen die Münchner verdammt schwer.
Mit damals und auch mit der Partie der Bayern vom Sonntag hat das Spiel der Eisernen, mit dem sie unter die Hinrunde endlich einen Haken machen dürfen, nichts zu tun. Gar nichts. Oder doch? Vielleicht wenigstens ein bisschen?
Niemand weiß, wie die Münchner reagieren werden. Mit Wut? Mit Verunsicherung? Mit Trotz? Klasse haben sie auf jeden Fall. Aber auch in Ausreden sind sie nicht schlecht. Nach dem am 2. Dezember ausgefallenen Spiel mussten sie in Frankfurt ran und kamen dort mit 1:5 unter die Räder.
1. FC Union vor extra schwerer Aufgabe beim FC Bayern
Den Grund für diese sportliche Ohrfeige sah Leon Goretzka, immerhin 57-maliger Nationalspieler und als defensiver Mittelfeldmann mit 14 Länderspieltoren gar nicht so übel, darin, „dass uns der Rhythmus gefehlt hat“. Andererseits feierten die Eisernen zu gleicher Stunde im Stadion An der Alten Försterei ihr 3:1 gegen die Mönchengladbacher Borussia und mit diesem Erfolg das Ende ihrer Sieglosserie von wettbewerbsübergreifend 16 Spielen. Hätte nur gefehlt, auch die Köpenicker hätten als Grund für ihren dritten Saisondreier fehlenden Rhythmus – nämlich am Verlieren – ins Feld geführt.

Spaß beiseite. Oder war es eher die Pause, die ihnen nach dem 1:1 in der Champions League bei Sporting Braga und dem damaligen Schneechaos geholfen hat, den Erweckungsmoment zu erleben? Es bleibt dabei, dass man viele Dinge so und so erklären kann und selbst für die eigentlich unerklärlichen dank verbaler Pirouetten doch salbungsvolle Worte findet.
Union-Sieg beim FC Bayern ein Jahrhundertereignis
Welche Erklärungen, Ausflüchte und/oder Mutmaßungen sind demzufolge angebracht, nachdem die Münchner also verloren und die Köpenicker erneut eine unvorhergesehene Pause eingelegt haben? Um ehrlich zu sein: keine.
Wann, um die Sache aus Sicht der Eisernen und ihre Chance auf etwas Zählbares zu sehen, haben die Bayern schon mal zwei Punktspiele in Folge verloren? Das gab es durchaus und gar nicht einmal selten. Zuletzt im Herbst 2019 mit einem 1:2 gegen Leverkusen und einem erneuten 1:2 in Mönchengladbach. Aber zu Hause? Es wäre ein Jahrhundertereignis.
Damit spricht, was überhaupt nicht verwunderlich ist, schon mal einiges gegen das Team von Nenad Bjelica. Auswärts wartet der neue Trainer noch auf sein erstes wirkliches Erfolgserlebnis. Es käme einem Wunder gleich, würde es sich am Rande der Fröttmaninger Heide einstellen. Ausgerechnet da, wo die Rot-Weißen zwar schon mal einen Punkt geholt, aber noch nie gewonnen und in vier Spielen sowieso erst zwei Tore erzielt haben. Nicht einmal einer der Torschützen, zuerst Sebastian Polter, danach Marcus Ingvartsen, ist mehr da. Und selbst diejenigen, die in Köpenick gegen die Bayern getroffen haben, tragen nicht mehr das Union-Trikot: Grischa Prömel seit Sommer 2022, Julian Ryerson seit Januar 2023, Nico Gießelmann seit vergangenem Sommer und Sheraldo Becker seit voriger Woche.
Für alle anderen, ob für Kapitän Christopher Trimmel oder Stürmer-Neuzugang Chris Bedia, wäre es im Union-Trikot das erste Mal. Das hätte durchaus etwas von Magie und wäre etwas für die Geschichtsbücher. Sowohl für die Eisernen wie für die Bayern.