Es gibt diese prägenden Menschen, die einem Geschehen ihren Stempel aufdrücken. Die einem Gegenstand quasi Leben einhauchen. Die mit ihrer Magie Berge versetzen können. Oder die, wie bei Dirk Zingler, einem strauchelnden Verein das Leben retten. Dabei ist es nicht einmal ganz klar, wer hier wem mehr gegeben hat: der Verein Dirk Zingler oder Dirk Zingler dem Verein.
Eigentlich ist das in diesem Fall nicht einmal wichtig. Denn der 1. FC Union ist Dirk Zingler und Dirk Zingler ist der 1. FC Union, zumal sie beide einer Generation entstammen. Der Verein wird am 20. Januar 2026 stolze 60, der Präsident ist es heute, am 23. August, geworden. Herzlichen Glückwunsch, Mr. Präsident! Alles Gute, Mister 1. FCU!
Großvater Willi entfacht die Liebe zu Union
Oft nennt man einen Menschen wie Zingler einen Patriarchen, einen Stammvater, auch ein, ja, autoritäres Familienoberhaupt. Einer muss schließlich das Sagen haben, die Fäden in der Hand halten, die Richtung vorgeben. Umso schöner, wenn die immer nach oben und, um es mit den Worten der Union-Hymne wiederzugeben, „immer weiter ganz nach vorn“ führt.
Gern gibt Zingler auch nach 20 Jahren Präsidentschaft, die er am 1. Juli begangen hat, zu: „Der Verein ist mein eigenes Leben. Er hat mich total geprägt.“ Klar hat das mit Großvater Willi, Jahrgang 1903, zu tun, der seinen Enkelsohn einst mit ins Stadion An der Alten Försterei nahm und in dem kleinen Buben das Union-Virus entfachte. Fortan ist Dirk Zinglers Herz rot-weiß und der Verstand, zumindest was die schönste Nebensache der Welt betrifft, auch.
Alles, was Zingler als Präsident des 1. FC Union Berlin angefasst hat, ist zu Gold geworden. Fast alles. Kaum hat er 2004 (zuvor schon war er im Wirtschaftsrat) den am Tropf hängenden Verein übernommen, geht es aus Liga 3 noch eine Etage tiefer – Oberliga. Doch Zingler ist ein Macher, ein Anpacker, ein Visionär. Manche sagen auch: ein Träumer.
Stufe für Stufe geht es nach oben

Dennoch geht es nach oben. Stufe für Stufe. 2006 Aufstieg in die Dritte Liga, 2009 Aufstieg in die Zweite Bundesliga. 2009 Stadionumbau beendet, 2011 Einführung der Stadion-Aktie, 2019 Aufstieg in die Bundesliga, 11. September 2022 erstmals Tabellenführer der deutschen Eliteliga. 2023 Qualifikation für die Champions League. Dabei haben nicht wenige gelacht, als er im Mai 2015, die Eisernen waren gerade Zweitliga-Siebter geworden, verkündete: „Auf Dauer kann es nicht unser Anspruch sein, im Niemandsland der Tabelle zu landen. Wir wollen zu den Top 20 in Deutschland gehören. Diesen Prozess leiten wir ein, ohne verrückte Dinge zu tun.“
Auch das hat der Logistik-Unternehmer geschafft. Er hat den Spagat gemeistert zwischen Romantik, die der Verein mit all seinen Fasern verkörpert, und Kommerz. Immer wieder preisen die inzwischen gut 67.000 Mitglieder die familiäre Atmosphäre, wobei jedem bewusst ist, dass der 1. FC Union mit einem für die zurückliegende Spielzeit prognostizierten Umsatz von 190,266 Millionen Euro zu den Schwergewichten des deutschen Fußballs zählt, Auftritte in allen europäischen Klubwettbewerben inklusive.
Dirk Zingler ist einer von hier

Was Zingler dabei immer geblieben ist: einer von hier. Geboren in Königs Wusterhausen, aufgewachsen in Eichwalde, Mitglied des Fanclubs Wildauer Kickers. Dort hat er sich nur zwei Jahre nach seiner Bestellung zum Präsidenten eingeschrieben, mit dem Grund, den er auch heute noch als enorm wichtig ansieht: „Als Entscheidungsträger besteht immer die Gefahr, dass man sich zwangsläufig ein wenig von der Basis entfernt. Da meine Wurzeln aber auf den Stehplatztraversen liegen und beim 1. FC Union Berlin die aktive Fanszene seit jeher eine enorm wichtige Rolle spielt, musste ich bei der Bitte der Wildauer Kickers nicht lange überlegen.“ Das zeichnet ihn aus, das macht ihn nahbar, das sorgt für Rückendeckung.
An seinem 60., einen Tag vor dem Start des 1. FC Union Berlin in seine sechste Bundesliga-Saison, feiert der Präsident mit seinen drei Kindern und vier Enkelkindern. Genug Anlass, auf erfolgreiche sechs Jahrzehnte zurückzuschauen, zu denen die Eisernen gehören wie die Familie. Alles Gute, Präsident! Und niemals vergessen – Eisern Union! ■