Fußball-EM der Frauen

Torhüterin Ann-Katrin Berger: Erst den Krebs besiegt, dann Frankreich

An einem denkwürdigen EM-Abend in Basel wird Ann-Katrin Berger zur Heldin: Die Torhüterin glänzt nach Kraftakt ihres Teams beim Elfmeterschießen.

Author - Berliner KURIER
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Sie ist zur Stelle: Deutschlands Torhüterin Ann-Katrin Berger hält einen Elfmeter.
Sie ist zur Stelle: Deutschlands Torhüterin Ann-Katrin Berger hält einen Elfmeter.Sebastian Gollnow/dpa

Nach 127 Minuten mit einer Spielerin weniger war der Jubel umso größer: Mit 6:5 nach Elfmeterschießen gegen Frankreich hat sich die deutsche Mannschaft bei der Fußball-EM der Frauen ins Halbfinale gekämpft. „Ich glaube, wir brauchen jetzt drei Tage Eistonne und Erholung und dann schauen wir, ob wir noch elf Spielerinnen gegen Spanien aufstellen können“, sagte ein völlig aufgewühlter  Bundestrainer Christian Wück, dessen Team nun am Mittwoch in Zürich die Weltmeisterinnen fordert. Dabei schien der Traum vom Weiterkommen nach 13 Minuten schon geplatzt – als Kathrin Hendrich mit einer roten Karte vom Platz flog. Doch dann wurde Deutschlands Torhüterin zur Heldin. 

Torhüterin Ann-Katrin Berger glänzte nach einem Kraftakt ihres Teams beim Elfmeterschießen. „Ich bin unfassbar stolz auf die Mannschaft. Ich habe einfach nur meinen Teil dazu beigetragen, das sage ich immer. Aber die Mannschaft hat die ganze Arbeit gemacht“, sagte Berger nach einem denkwürdigen EM-Viertelfinalspiel gegen Frankreich.

So wurde Ann-Katrin Berger zur „Elferkillerin“

„Es war eine grandiose Leistung auch von ihr und wir wussten, dass sie uns Stabilität gibt“, sagte Bundestrainer Wück über Berger. Die hatte im vergangenen Jahr mit einem gehaltenen Strafstoß tief in der Nachspielzeit gegen Spanien Olympia-Bronze gesichert. Auch dieses Mal glänzte die 34-Jährige vom FC Gotham: zwei Schüsse im Elfmeterschießen gehalten, einen selbst verwandelt – und davor mit so mancher Großtat ihr Team im Spiel gehalten.

Am Ende hieß es 6:5 im Elfmeterschießen für den achtfachen Europameister, 1:1 (1:1, 1:1) stand es nach 120 Minuten – der Titeltraum lebt damit weiter. Und alle fielen am Ende über Berger her, die mit ausgebreiteten Armen auf der Torlinie kniete und breit lächelte. „Elferkillerin!“, sagte Elisa Senß und schüttelte fassungslos den Kopf.

Klara Bühl holte bei ihrer Lobeshymne weit aus. „Krass, unglaublich, Weltklasse. Sie hat heute wieder gezeigt, wie unfassbar sie ist. Was für eine Persönlichkeit“, sagte die Bayern-Stürmerin und erklärte, dass Berger abseits des Platzes „einfach eine ganz Liebe“ sei. „Mit ihr kann man immer über alles Mögliche sprechen. Sie hat natürlich unglaublich viel Lebenserfahrung mit dem, was sie durchgemacht hat.“

Bühl sprach damit an, was Berger in den vergangenen Jahren, als sie noch nicht DFB-Stammkeeperin war, geprägt hat: Die Schwäbin war zweimal an Schilddrüsenkrebs erkrankt, kämpfte sich jedes Mal wieder zurück in den Leistungssport – und ist stärker denn je.

Ann-Katrin Berger: Ihr Leidensweg hat sie besser gemacht

„Ihr Lebensweg hat sie, glaube ich, dahin gebracht, so ruhig kritische Situationen zu bewältigen. Und diese Ruhe und Sicherheit, die sie ausstrahlt, ist für das Teamgefüge unheimlich wichtig“, urteilte Wück.

An Widerständen wachsen – und auch über sich hinaus wachsen: Das zeigte das Nationalteam nach einer Reihe von Rückschlägen gegen die favorisierten und am Ende völlig demoralisierten Französinnen.

Sie haben es geschafft: Nach dem letzten Elfmeter jubeln Torhüterin Ann-Katrin Berger (l-r), Klara Bühl und Sjoeke Nüsken.
Sie haben es geschafft: Nach dem letzten Elfmeter jubeln Torhüterin Ann-Katrin Berger (l-r), Klara Bühl und Sjoeke Nüsken.Sebastian Gollnow/dpa

Nach 13 Minuten zerrt Kathrin Hendrich im Strafraum am Zopf von Griedge Mbock. Rot, Elfmeter, 0:1. Nach 20 Minuten muss Sarai Linder verletzt runter, noch ein Ausfall in der ohnehin dezimierten Abwehr. Nach dem Kopfball-Ausgleich von Sjoeke Nüsken (25.) verschießt die Mittelfeldspielerin einen Foulelfmeter (69.). Aber das Wück-Team macht weiter, immer weiter. „Ich habe uns noch nie so laufen sehen“, sagte Bühl staunend.

Berger gab da schon die nächsten Interviews und verriet noch, dass sie beim Elfmeterschießen gar nicht auf den Spickzettel mit Informationen zu den französischen Elfmeterschützinnen geschaut habe, der auf ihrer Trinkflasche klebte.

„Ich mache das eigentlich intuitiv und gucke mir eigentlich die Spielerin an“, erklärte sie. „Ich war ein bisschen unzufrieden mit mir selbst, muss ich sagen, weil ich ab und zu mal zu früh gesprungen bin. Aber schlussendlich hat es ja geklappt.“

Den ersten Satz in die Kamera widmete die Matchwinnerin übrigens ihrem ältesten Fan: „Das ist für dich, Opa!“, brüllte sie da. Der 92-jährige Herr war schon beim Vorrundensieg gegen Dänemark im Stadion. Er will aber nur noch mal ins Stadion kommen, wenn die deutsche Auswahl das Endspiel erreicht. Das findet am kommenden Sonntag ebenfalls in Basel statt (mit dpa).