Auch nach der EM

Nein zu den Bayern, Ja zur Nationalmannschaft: Julian Nagelsmann bleibt Bundestrainer

Der DFB gab am Freitag die vorzeitige Vertragsverlängerung mit dem 36-Jährigen bis 2026 bekannt.

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Julian Nagelsmann bleibt Bundestrainer.
Julian Nagelsmann bleibt Bundestrainer.Federico Gambarini/dpa

Nein zu den Bayern, Ja zur deutschen Nationalmannschaft. Julian Nagelsmann hat dem Werben des Deutschen Fußball-Bundes nachgegeben und seinen Vertrag als Bundestrainer bis zur WM 2026 verlängert. Die Entscheidung gab der Verband am Freitag bekannt, 56 Tage vor Beginn der Heim-EM am 14. Juni.

Noch am Mittwoch, nach dem Spiel der Bayern gegen Arsenal in der Champions League, hörte sich alles so an, als würde demnächst verkündet werden, dass Nagelsmann sein Comeback als Bayern-Trainer gibt. Bayern-Chef Jan-Christian Dreesen dementierte nicht, als er zur Personalie Nagelsmann befragt wurde. „Das werden wir sehen“, sagte Dreesen schmunzelnd, „heute freuen wir uns mit Thomas Tuchel und der Mannschaft.“ 

Julian Nagelsmann: „Das ist eine Entscheidung des Herzens“ – und gegen die Bayern

Jetzt hat der FC Bayern ausgeschmunzelt. Bisher dachte man ja immer, dass der FC Bayern München der Herzensverein des Bayern Nagelsmann wäre. Aber der Rauswurf scheint einiges kaputt gemacht zu haben. Jetzt sagt der 36-Jährige jedenfalls: „Das ist eine Entscheidung des Herzens. Es ist eine große Ehre, die Nationalmannschaft trainieren und mit den besten Spielern des Landes arbeiten zu dürfen“, sagte Nagelsmann und fügte an: „Gemeinsam wollen wir jetzt eine erfolgreiche Heim-EM spielen, dafür brennen wir alle. Danach freue ich mich gemeinsam mit meinem Trainerteam sehr auf die Herausforderung einer Weltmeisterschaft.“ 

DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Sportdirektor Rudi Völler und Geschäftsführer Andreas Rettig hatten spätestens nach dem spektakulären Sieg bei Vize-Weltmeister Frankreich am 23. März (2:0) letzte Zweifel ad acta gelegt. Nagelsmann reizte allerdings auch die Rückkehr in die tägliche Arbeit bei einem Verein.

Die DFB-Verantwortlichen gingen voller Überzeugung „all-in“ für Nagelsmann, der aus ihrer Sicht alternativlos ist – und dieser entschied sich vorerst gegen eine wahrscheinlich noch lukrativere Rückkehr ins Tagesgeschäft.

„Es ist ein starkes Signal für den DFB und die Nationalmannschaft, dass Julian Nagelsmann über die Heim-EM hinaus Bundestrainer bleibt. Denn er steht bei vielen großen Klubs in ganz Europa auf dem Wunschzettel. Aber die Nationalmannschaft ist für Julian Nagelsmann mehr als ein Job, sie ist ihm eine echte Herzensangelegenheit“, sagt nun DFB-Präsident Bernd Neuendorf und freut sich über die „Planungssicherheit“. Nun könnten sich alle „ganz auf ein erfolgreiches Abschneiden bei der Europameisterschaft konzentrieren“.

Zuletzt entzündete der Bundestrainer auch noch die lange vermisste Euphorie für ein Turnier, das ein Stimmungs-Flop zu werden drohte. Die Siege in Frankreich und gegen die Niederlande lassen auf ein Sommermärchen 2.0 hoffen. „Wir waren schon vor den jüngsten erfolgreichen Länderspielen absolut überzeugt von Julian Nagelsmann. Aber sie haben noch einmal gezeigt, welche Begeisterung Julian und seine Mannschaft in Deutschland wieder entfachen können“, sagt Sportdirektor Rudi Völler, der zuletzt ebenfalls bis 2026 verlängert hatte.

Bundestrainer Nagelsmann löste die Blockaden der DFB-Elf

Nagelsmann hatte die Mannschaft im September von seinem Vorgänger Hansi Flick übernommen, in einem jämmerlichen Zustand, nach einem 1:4 gegen Japan in Wolfsburg. Völler schaffte als Interimslösung immerhin ein 2:1 gegen vollkommen lustlose Franzosen in Dortmund. Dann kam Nagelsmann, ging mit seinem neuen Team auf USA-Reise und startete stark.

Bald aber begann er zu mäandern, probierte aus, war unzufrieden, gab Vollgas in eine Richtung, bremste, gab Vollgas in die nächste Richtung. Nur ein Beispiel: Er wollte anfangs den vollen Fokus auf die Defensive haben, stellte dann allerdings fest, dass aus den Nationalspielern ohnehin „keine Verteidigungsmonster“ mehr werden würden. Plötzlich sollten alle Zauberfüße zusammenspielen, was gegen die Türkei (2:3) und in Österreich (0:2) blamabel schiefging.

Und wieder zurück, dachte sich Nagelsmann: zu einem stabilen Gerüst und mehr „Workern“. Zum Coup wurde dann die Rückhol-Aktion mit dem 2014er-Weltmeister Toni Kroos, der wie erhofft sofort wieder wie ein Boss auftrat. Mit dem Arbeitstier Robert Andrich an seiner Seite und Ilkay Gündogan eine Position weiter vorne, eingebettet in ein Zauberer-Dreieck aus Florian Wirtz, Jamal Musiala und Kai Havertz.

Plötzlich schienen sich Blockaden zu lösen, Probleme zu verschwinden. Die DFB-Granden sahen es mit größtem Vergnügen. Sie legten Nagelsmann ein Angebot vor, das dieser nicht ablehnen konnte – oder wollte.

Thomas Tuchel: Er hatte mit der Verlängerung von Nagelsmann gerechnet

RB Leipzigs Trainer Marco Rose hat dem Deutschen Fußball-Bund zur Vertragsverlängerung von Trainer Julian Nagelsmann gratuliert. „Dann hat der DFB ganze Arbeit geleistet“, sagt Rose. „Ich hoffe, dass es für Julian und für den Deutschen Fußball-Bund eine erfolgreiche Zukunft wird. Es tut uns allen gut, erst einmal eine gute Heim-EM zu spielen und uns dann wieder konsequent und stetig in der Weltspitze festzusetzen.“

Bayern Münchens scheidender Trainer Thomas Tuchel schließt eine Weiterbeschäftigung beim Fußball-Rekordmeister trotz der Absage von Julian Nagelsmann aus. „Ich habe eine Vereinbarung mit dem Verein, die ist kommuniziert und die steht“, sagte Tuchel vor dem Bundesliga-Auswärtsspiel bei Union Berlin am Samstag. Er habe mit der Vertragsverlängerung von Nagelsmann beim DFB „gerechnet, als Rudi Völler verlängert hat“, sagt Tuchel: „Ich nehme es als sehr harmonisches Gespann wahr. Ich habe das Gefühl, sie sind ein gutes Team. Für die Nationalmannschaft ist die Entscheidung gut, weil sie Klarheit und Stabilität bringt vor der EM.“ ■