„And the Winner is …“ Selten war es so spannend und knapp in den großen Kategorien, wie bei den diesjährigen Academy Awards. Unser Hollywood-Korrespondent Christian Thiele, der zum 25. Mal am Sonntag live von den Academy Awards aus Los Angeles berichtet, hat sich bei den stimmberechtigten Mitgliedern der Filmakademie umgehört und prognostiziert darauf basierend seine Favoriten auf Hollywoods Golden Boy.
Bester Film: Ursprünglich galt Emilia Pérez als Favorit, doch der Rassismus-Tweet-Skandal um Hauptdarstellerin Karla Sofía Gascón ließ den Film in der Wählergunst sinken. Damit scheint der Weg frei für „The Brutalist“ zu sein, auch wenn die Bob Dylan-Story „A Complete Unknown“ und Edward Bergers „Konklave“ dank des BAFTA-Gewinns echte Außenseiter-Chancen haben.
Meine Prognose: „The Brutalist“ wird’s machen.

Bester Hauptdarsteller: In dieser Kategorie herrscht ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ralph Fiennes und Adrien Brody – wobei letzterer die Nase vorn haben dürfte. Nicht zuletzt, weil laut eines Berichts von Variety sich Wähler für Brody entschieden, weil sie glaubten, dass Fiennes bereits 1993 den Oscar für seine Rolle als Auschwitz-Kommandant Amon Goeth in „Schindlers Liste“ gewonnen hatte.
Meine Prognose: Auch ohne Irrtum hat es Adrien Brody für seine Rolle als dem Holocaust entkommener jüdischer Architekt in „The Brutalist“ verdient zu gewinnen.

Wer wird 2025 die meisten Oscars gewinnen?
Beste(r) Regisseur/in: Auch wenn viele glauben, dass Newcomer Brady Corbet für „The Brutalist“ am Ende den Goldjungen in die Luft recken wird, könnte Coralie Fargeat ihm den Triumph streitig machen. Bei einem Sieg wäre die Regisseurin von „The Substance“ erst die dritte Frau überhaupt, die sich in dieser Kategorie gegen ihre männlichen Kollegen durchsetzt.
Meine Prognose deshalb: Fargeat hat dank ihres 10 Millionen Dollar Low-Budget-Streifen genug Substanz, um zu gewinnen.
Beste Schauspielerin: Auch hier gilt wieder, dass sich Karla Sofía Gascón mit ihren Aussagen um die fast sichere Krönung ihrer Karriere gebracht hat. Somit gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Mikey Madison („Anora“) und Demi Moore für ihren großen Comeback-Streifen „The Substance“.
Meine Prognose: Demi Moore hat es sich nach vier Jahrzehnten im Business verdient, den Oscar mit nach Hause zu nehmen.
Bester Nebendarsteller: Hier können sich Jeremy Strong für „The Apprentice“ und Guy Pearce („The Brutalist) durchaus realistische Chancen auf einen Sieg machen. Selbst Yura Borisov spielt in „Anora“ echt Oscar-reif.
Meine Prognose: Wenn sich alle streiten, räumt am Ende Kieran Culkin für „A Real Pain“ ab.
Beste Nebendarstellerin: Isabella Rossellini („Konklave“) ist für viele die Favoritin. Doch auch Zoe Saldaña („Emilia Pérez“) und Monica Barbaro in „A Complete Unknown“ können ihr den Sieg durchaus streitig machen.
Meine Prognose: Rossellini gewinnt nicht zuletzt wegen des Old-Hollywood-Legenden-Faktors (als die Tochter von Ingrid Bergman).

In der Sparte „Bestes Original-Drehbuch“ hat ein Schweizer Regisseur mit deutscher Grundausbildung an der Münchner Filmhochschule eine echte Chance, sich den Oscar zu sichern. Tim Fehlbaums „September 5“ muss sich allerdings mit den favorisierten Sean Baker („The Brutalist“) und Coralie Fargeat („The Substance“) messen.
Meine Prognose: Fargeat gewinnt ihren zweiten Oscar des Abends.
Beste Original-Filmusik: Glaubt man den Filmakademie-Insidern, dann kann Krist Bowers für seine musikalische Untermalung von „The Wild Robot’s“ bereits die Siegesrede schreiben. Dennoch lehne ich mich mit meiner Prognose weit aus dem Fenster und sage: Der Oscar geht nach Deutschland. Genauer gesagt wird sich Volker Bertelmann nach „Im Westen nichts Neues“ vor zwei Jahren bereits den zweiten Oscar abholen.
Bester Auslandsfilm: Deutschlands Beitrag „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ vom in Hamburg lebenden iranischen Regisseur Mohammad Rasoulof hat hier nur Außenseiter-Chancen. Bei meiner Prognose halte ich es mit den befragten Wählern der Filmakademie, die einstimmig überzeugt sind, dass in diesem Jahr Brasilien dank „I’m Still Here“ jubeln wird. ■