Russischer Bericht

Russland holt bei Gefangenenaustausch mit Ukraine Straftäter zurück

Von den Gefangenen soll die Mehrheit zuvor aus Gefängnissen für den Krieg gegen die Ukraine rekrutiert worden sein. Sie saßen wegen schlimmster Verbrechen ein.

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Russische Kriegsgefangene kehren bei einem früheren Austausch nach Russland zurück (Archivbild).
Russische Kriegsgefangene kehren bei einem früheren Austausch nach Russland zurück (Archivbild).SNA/imago

Verurteilte Mörder, Entführer und Räuber – das soll die Mehrzahl der jüngst bei einem Austausch nach Russland zurückgebrachten russischen Kriegsgefangenen gewesen sein. Moskau soll laut Berichten unabhängiger russischer Medien vor allem in den eigenen Reihen kämpfende Straftäter zurückgeholt haben.

Von den 248 beim Austausch nach Russland heimgekehrten Soldaten seien 180 in Gefängnissen für den Krieg in der Ukraine angeworben worden, berichtete am Freitag unter anderem das unabhängige Internetportal iStories. Das Portal beruft sich auf Zahlen der Gefangenenorganisation „Nasch Wychod“ (Russisch: Unser Ausweg).

Russland tauscht Mörder, Entführer und Erpresser frei

Unter den Heimkehrern seien verurteilte Mörder, Entführer, Erpresser und Räuber, viele davon Wiederholungstäter. Es war der erste Gefangenenaustausch seit einem halben Jahr zwischen den beiden Ländern.

Dabei wollte die russische Seite nicht einmal alle möglichen Gefangenen überhaupt zurück. Ukrainischen Angaben zufolge hatte die Ukraine einen umfangreicheren Austausch von Kriegsgefangenen vorgeschlagen. „Aber von den 600 Menschen, die nach Russland hätten zurückkehren können, hat die russische Seite nur 248 zugestimmt“, heißt es auf dem Telegram-Kanal des ukrainischen Projekts für Kriegsgefangene „Chotschu schitj“ (Ukrainisch: Ich will leben). Offizielle Angaben aus Moskau gibt es dazu nicht.

Gefangene könnten bald wieder an die Front geschickt werden

Der Grund dafür könnte für Russland vor allem in einem Kalkül liegen: Die Gefangenen könnten möglicherweise sofort zurück an die Front geschickt werden, da sie alle noch eine Mindestdienstzeit zu absolvieren hätten. „Gefangene sind leichter zu kontrollieren, manipulierbar und, was am wichtigsten ist, sie können in den Krieg zurückgeschickt werden“, zitiert das Portal eine russische Aktivistin, die am Austausch mitgewirkt habe.

iStories berichtet unter anderem vom Fall des Kriegsgefangenen Anton Meschtscherjakow, der aus einer Haftanstalt in der Region St. Petersburg für die Front rekrutiert wurde. Er sei in Sturmtrupps eingesetzt worden, die an vorderster Front gekämpft hätten. Viele seiner Kameraden seien getötet worden. Derzeit würden die Ex-Kriegsgefangenen in Moskau untersucht und vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB befragt.

In ukrainischer Kriegsgefangenschaft sei Meschtscherjakow laut seinen Verwandten gut behandelt worden. Man habe die Kriegsgefangenen ausreichend ernährt.

Auch 230 ukrainische Kriegsgefangene kamen bei dem Austausch frei. Laut Angaben des Menschrechtsbeauftragten der Ukraine seien sie alle in russischer Gefangenschaft Folter ausgesetzt gewesen.
Auch 230 ukrainische Kriegsgefangene kamen bei dem Austausch frei. Laut Angaben des Menschrechtsbeauftragten der Ukraine seien sie alle in russischer Gefangenschaft Folter ausgesetzt gewesen.Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Ukrainische Kriegsgefangene wurden gefoltert

Auf ukrainischer Seite kamen bei dem Austausch 230 gefangen genommene Soldaten frei. Unter den Freigelassenen seien auch Verteidiger der Hafenstadt Mariupol und der Schlangeninsel gewesen. Nach Angaben aus Kiew befinden sich noch mehr als 4000 Ukrainer in russischer Gefangenschaft. Hinzu kommen noch mehrere Tausend Zivilisten, wie der KURIER erst kürzlich berichtete.

Viele der ukrainischen Gefangenen kamen unterernährt aus den russischen Lagern in die Ukraine zurück. Laut Angaben des ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten sollen sogar ausnahmslos alle von ihnen gefoltert worden sein. ■