„Nicht unser Krieg“

Russland: Heftige Ausschreitungen in Teilrepublik Baschkortostan

Ein baschkirischer Aktivist wurde von einem russischen Gericht verurteilt, er weist die Vorwürfe von sich. Nun eskalierten die Proteste gegen das Urteil.

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Die Proteste in Baschkortostan schlugen in Gewalt um.
Die Proteste in Baschkortostan schlugen in Gewalt um.STRINGER / SOTA / AFP

Es sind heftige Szenen, die aus Russlands Teilrepublik Baschkortostan nach außen dringen. Männer bewerfen schwer bewaffnete Polizisten mit Schneebällen, schwenken baschkirische Fahnen und rufen Parolen. Die Polizei setzt Tränengas ein. Nach der Verurteilung des Oppositionellen Fail Alsynow (37) sind die Proteste in der Republik eskaliert!

Der Mann war zuvor zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Doch das Urteil scheint das Fass in der Teilrepublik, in der pro-Kopf überdurchschnittlich viele Männer zum Kriegsdienst in der Ukraine einberufen worden, zum Überlaufen zu bringen. 

Tausende Teilnehmer bei Protesten in russischer Teilrepublik Baschkortostan

In Onlinenetzwerken veröffentlichte Videos zeigten mehrere hundert Menschen in der 17.000-Einwohner-Stadt Baimak, die Schneebälle auf Polizisten mit Schutzschildern warfen. Auch war zu sehen, wie ein Mann gewaltsam von der Polizei festgehalten wurde. Die Polizei setzte nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten Tränengas ein.

Nach Angaben der unabhängigen russischen Menschenrechtsgruppe OWD-Info nahmen 6000 Menschen an der Demonstration teil. Etwa 20 Menschen seien von der Polizei festgenommen worden, 20 weitere hätten medizinische Hilfe benötigt. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, um die Proteste vor dem Gericht aufzulösen.

Protest auf der Straße ist in Russland, wo jede Kritik an der Führung mit Gefängnis bestraft werden kann, äußerst selten.

Fail Alsynow wurde von einem russischen Gericht verurteilt. Gegen das Urteil gibt es derzeit heftige Proteste in der russischen Teilrepublik.
Fail Alsynow wurde von einem russischen Gericht verurteilt. Gegen das Urteil gibt es derzeit heftige Proteste in der russischen Teilrepublik.SOTA/AFP

Umweltaktivist nach öffentlicher Kritik verurteilt

Ein russisches Gericht hatte am Mittwoch den Umweltaktivisten Fail Alsynow zu vier Jahren Haft verurteilt. Er habe in einer Rede darauf abgezielt, „Hass zu schüren und die Würde einer Gruppe von Menschen wegen der Rasse, Nationalität, Sprache oder Herkunft“ zu verletzen, hieß es vom Gericht. 

In einer Rede gegen den Goldabbau vor einem Gemeinderat im vergangenen Jahr hatte Alsynow zwei baschkirische Wörter benutzt, die mit „schwarze Menschen“ ins Russische übersetzt wurden. Alsynow sagte, er sei falsch ins Russische übersetzt worden und kündigte an, Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen.

Alsynow lehnt den Goldabbau in der Uralregion ab und setzt sich für den Schutz der Sprache der ethnischen Baschkiren ein. 

Krieg gegen die Ukraine sei „Völkermord am baschkirischen Volk“

Bereits im Vorfeld des Urteils hatte es Proteste zur Unterstützung Alsynows gegeben. Ein im Internet veröffentlichtes Video zeigte einen vor hunderten Menschen stehenden Mann, der Russlands Präsident Wladimir Putin auffordert, den Alsynow zu entlassen.

Örtlichen Medienberichten zufolge war der Aktivist im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er Russlands Mobilisierung für den Konflikt in der Ukraine kritisiert hatte. In einem Beitrag in Onlinenetzwerken bezeichnete Alsynow die Militäroffensive als „Völkermord am baschkirischen Volk“ und sagte, Moskaus Offensive sei „nicht unser Krieg“.

Russland geht seit dem Konflikt beispiellos gegen Andersdenkende vor. Tausende Menschen wurden festgenommen oder mit Geldstrafen belegt. Doch zuletzt zeigten sich immer wieder Risse in Russland. In St. Petersburg hat es erst am Wochenende ein Feuer in einer Lagehalle gegeben haben. Als Grund wurde auch Brandstiftung vermutet. Zuvor hatte es dort Proteste gegeben, die sich wohl gegen Zwangsrekrutierungen richteten. ■