Ist es nur ein Wahlkampf-Trick?

Steuern auf Lebensmittel runter: Wie viel bringt uns das WIRKLICH?

Experten rechnen vor: Wie viel sparen wir an der Supermarktkasse wirklich, wenn Olaf Scholz die Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln senkt?

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Wie stark würden die Verbraucher die Senkung der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln spüren?
Wie stark würden die Verbraucher die Senkung der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln spüren?Martin Wagner/imago, Mike Schmidt/imago

Dieser Vorschlag kommt so überraschend, dass man beinahe meinen könnte, der Wahlkampf habe begonnen… Bundeskanzler Olaf Scholz sorgte am Mittwoch mit einem neuen Vorstoß zum Thema Steuern für Wirbel. Die Idee: Der Mehrwertsteuersatz bei Lebensmitteln voll von 7 auf 5 Prozent gesenkt werden. Das hört sich angesichts der Tatsache, dass die Lebensmittelpreise in den vergangenen Jahren ordentlich in die Höhe geschossen sind, gut an. Aber: Wie viel bringt es den Verbrauchern wirklich, wenn der Steuersatz fällt? Und ist die Steuer-Erleichterung in Wirklichkeit eine große Luftnummer?

Wie viel sparen wir bei einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel?

Spontane Ideen sind manchmal die besten – doch dieser Vorstoß von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dürfte viele Verbraucher in Deutschland überrascht haben: Der Kanzler will die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von aktuell 7 Prozent auf 5 Prozent senken. „Das würde ganz vielen, die wenig Geld verdienen, helfen, und es wäre für den Bundeshaushalt keine übermäßige Belastung“, sagte der SPD-Politiker in den ARD-Tagesthemen. Der Plan soll zur Wirklichkeit werden – allerdings natürlich erst nach den Neuwahlen am 23. Februar. Während die einen die Idee beklatschen, kommt von anderen Kritik. Und eine wichtige Frage steht im Raum: Wie viel bringt die Steuersenkung wirklich?

Letzteres lässt sich einfach beantworten – indem man für einzelne Lebensmittel nachrechnet. Die „Bild“ nennt etwa als Beispiel den Preis für 250 Gramm Butter – er liegt aktuell im Schnitt bei 2,39 Euro. Würde man für das gleiche Stück Butter nur 5 Prozent Mehrwertsteuer veranschlagen, würde der Preis fallen – auf 2,35 Euro. Das bedeutet für den Verbraucher eine Ersparnis von 4 Cent. Anderes Lebensmittel, gleiche Rechnung: Ein Liter Milch kostet laut dem Blatt 1,05 Euro. Mit 5 Prozent Mehrwertsteuer wären es nur noch 1,03 Euro. Beim Einkauf würde man also ganze 2 Cent sparen. Für eine Ersparnis von 2 Euro im Monat müsste man nur 100 Liter Milch verbrauchen.

Die Preise für Lebensmittel sind in den vergangenen Jahren teilweise ordentlich in die Höhe geschnellt.
Die Preise für Lebensmittel sind in den vergangenen Jahren teilweise ordentlich in die Höhe geschnellt.Sven Simon/imago

Solche Beispiele zeigen: Die Einsparungen für die Verbraucher wären gering. Der Kanzler sieht das offenbar anders. Wichtig sei, „dass wir etwas sehr Überschaubares machen, was jeder beim täglichen Bedarf jeden Tag merkt“. Merken sollen es die Bürger an der Supermarktkasse. „Da sind einige schon ganz schön erstaunt, was da an Geld zusammenkommt für den Korb, den sie da gefüllt haben.“ Dass es wirklich so kommt und sich die Einsparungen bemerkbar machen, halten andere für Quatsch. So spottete etwa Wolfgang Kubicki (FDP) im Netz: „Macht pro Person im Schnitt 3-4 Euro Entlastung im Monat. Aber nur wenn Ihr keine Cola oder Limonade mögt. Darauf will die SPD schließlich eine Zuckerabgabe einführen.“

Eine Mehrwertsteuersenkung um zwei Prozentpunkte würde jeden Steuerzahler rechnerisch im Monat um einen einstelligen Euro-Betrag entlasten.

Tobias Hentze, Haushaltsexperte

Anderen reicht der Scholz-Vorschlag nicht aus. „Zwei Prozent sind viel zu wenig. Das ist ein Witz. Das muss deutlich weiter runtergehen“, sagte etwa Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner der „Bild“. Sie fordert eine Senkung der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln auf 0 Prozent. Und Sebastian Brehm von der CSU kritisiert den Scholz-Vorstoß als „billigen Wahlkampftrick“. Der Bundeskanzler wolle damit „Bürger mit ein paar Cent abspeisen und hofft dafür auf Wählerstimmen. Das ist politischer Zynismus pur“, sagt er. In der Masse dürfte die Steuersenkung übrigens einiges ausmachen: Der Staat müsste laut Berichten Einbußen von rund fünf Milliarden Euro hinnehmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz will die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel absenken - von sieben Prozent auf fünf Prozent.
Bundeskanzler Olaf Scholz will die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel absenken - von sieben Prozent auf fünf Prozent.Achille Abboud/imago

Auch Sebastian Dullien von der Hans-Böckler-Stiftung hält eine Mehrwertsteuersenkung nicht für sinnvoll. Menschen mit höheren Einkommen würden absolut gesehen sogar stärker profitieren. „In Euro gerechnet wäre die Entlastung für das Kilo französischen Käse aus dem Feinschmeckergeschäft höher als für den abgepackten Scheibengouda.“ Und Tobias Hentze, Haushaltsexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, erläuterte, Gering- und Normalverdiener gäben einen größeren Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Eine Mehrwertsteuersenkung um zwei Prozentpunkte würde jeden Steuerzahler rechnerisch im Monat um einen einstelligen Euro-Betrag entlasten – je höher das Einkommen, desto mehr. ■