Ramelow-Nachfolger

Deal mit der Linken: CDU-Voigt zum Ministerpräsidenten gewählt!

Ohne eigene Mehrheit stellte sich die Brombeer-Koalition aus CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD in Thüringen der Wahl – und gewann.

Author - Michael Heun
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Mario Voigt (CDU, rechts) ist neuer Ministerpräsident in Thüringen – auch weil Teile der Linke von Vorgänger Bodo Ramelow für ihn stimmten.
Mario Voigt (CDU, rechts) ist neuer Ministerpräsident in Thüringen – auch weil Teile der Linke von Vorgänger Bodo Ramelow für ihn stimmten.pictureteam/Imago

Ein politischer Drahtseilakt mit historischem Ergebnis: Der CDU-Politiker Mario Voigt wurde überraschend im ersten Wahlgang zum neuen Ministerpräsidenten Thüringens gewählt. Doch wie konnte Voigt, dessen sogenannte Brombeer-Koalition aus CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD nur 44 der 88 Landtagssitze hält, die notwendige absolute Mehrheit von 45 Stimmen erreichen?

Das Geheimnis hinter Voigts Wahlerfolg

Der Schlüssel zu Voigts Wahl lag in einer ungewöhnlichen Einigung mit der Linken, der Partei seines Vorgängers Bodo Ramelow. Um eine Wahl abhängig von den Stimmen der AfD zu verhindern, ging die CDU auf die Linke zu. Das Ergebnis: Eine informelle Vereinbarung, die den Linken-Fraktionschef Christian Schaft dazu brachte, seinem Lager die Unterstützung für Voigt zu empfehlen.

Die Linke stellte jedoch klar, dass ihre Stimmen keine inhaltliche Zustimmung zur Politik der neuen Koalition bedeuten. Vielmehr sei die Unterstützung eine Maßnahme, um die AfD, deren Abstimmungsverhalten bis zuletzt unklar blieb, aus der Entscheidungsfindung herauszuhalten. „Die AfD darf keine Bühne bekommen“, erklärte Schaft und sprach damit die Sorgen vieler Politiker an, dass eine Wiederholung des politischen Debakels von 2020 – als Thomas Kemmerich (FDP) mit AfD-Stimmen Ministerpräsident wurde – vermieden werden müsse.

Geheime Wahl: Auch AfD-Stimmen möglich?

Im ersten Wahlgang stimmten 51 Abgeordnete für Voigt, 33 gegen ihn, und vier enthielten sich. Da die Abstimmung geheim war, bleibt unklar, ob möglicherweise auch Stimmen aus der AfD-Fraktion zu seinem Wahlerfolg beitrugen. Die neue Koalition bestand jedoch darauf, jeglichen Eindruck einer Abhängigkeit von der AfD zu vermeiden.

Ein neues Kapitel für die CDU – und die erste Brombeer-Koalition

Mit Mario Voigt kehrt die CDU nach zehn Jahren Opposition an die Macht zurück. Der 47-jährige Politikwissenschaftler, der seit 15 Jahren im Thüringer Landtag sitzt, übernimmt die Führung in einer ungewöhnlichen politischen Konstellation. Die sogenannte Brombeer-Koalition – benannt nach der Mischung der Parteilogos von CDU, SPD und BSW – ist die erste ihrer Art in Deutschland.

Für das Bündnis Sahra Wagenknecht ist dies nach Brandenburg bereits die zweite Regierungsbeteiligung seit der Parteigründung. Die neue Koalition steht jedoch vor enormen Herausforderungen, nicht zuletzt wegen der schwierigen politischen Landschaft in Thüringen, wo die AfD mit 32 Sitzen die stärkste Fraktion stellt.

CDU-Politiker Mario Voigt bei seiner Vereidigung zum neuen Ministerpräsidenten von Thüringen.
CDU-Politiker Mario Voigt bei seiner Vereidigung zum neuen Ministerpräsidenten von Thüringen.Martin Schutt/dpa

Ein erfahrener Politiker am Ruder

Mario Voigt ist in Thüringen geboren und lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Jena. Mit 15 Jahren Erfahrung im Parlament ist er ein politisches Schwergewicht, das bereits in der Opposition und in Koalitionsverhandlungen seine strategischen Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat. Seine Wahl markiert einen Wendepunkt für die CDU, die sich nun erstmals wieder in der Regierungsverantwortung beweisen muss.

Die informelle Zusammenarbeit mit der Linken, die ein politisches Patt verhinderte, bleibt jedoch ein zweischneidiges Schwert. Während sie Stabilität garantieren soll, sorgt sie auch für Diskussionen, da sie eine indirekte Zusammenarbeit von Parteien beinhaltet, die traditionell als unvereinbar gelten.

Politisches Signal über Thüringen hinaus

Mit seiner Wahl sendet Mario Voigt ein Signal der politischen Handlungsfähigkeit in schwierigen Zeiten. Doch der Druck auf die neue Koalition, in einer polarisierten politischen Landschaft zu bestehen, wird groß sein. Nur eines ist sicher: In Thüringen bleibt es spannend. ■