Jetzt kratzt er sogar schon an der 120! Der russische Rubel stürzt gerade auf den Devisenmärkten massiv ab. Mittlerweile müssen Russen für 1 Euro schon 119 Rubel hinlegen. Vor fünf Tagen waren es noch 110, vor zwei Monaten noch unter 100. Weniger wert war die Währung nur einmal kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Doch wie kommt der massive Kursverfall zustande und was bedeutet er für den Krieg?
Im Oktober ist die Inflation in Russland auf 8,5 Prozent gestiegen. Die Zentralbank versuchte bislang den Rubelkurs mit massiven Zinsanpassungen niedrig zu halten. Schon zu Kriegsbeginn hatte Russlands Zentralbankchefin Elwira Nabiullina den Leitzins auf 20 Prozent angehoben. Mittlerweile liegt er bei 21 Prozent. Das macht Kredite für Verbraucher massiv teurer und bremst so die Wirtschaft aus, wie einige russische Ökonomen angeben. Auch haben die USA erst kürzlich die Gazprombank, eine der wichtigsten russischen Banken, mit Sanktionen belegt.
Der Rubel fällt und die Preise in Russland steigen
Gleichzeitig sehen sie aber auch das Angebot an Waren und Dienstleistungen als sehr knapp an. Auch das kann zu Teuerungen führen. Mittlerweile sind unter anderem die Preise für Butter (mehr als ein Viertel teurer) und Kartoffeln (zwei Drittel teurer) nach oben geschnellt. Vor allem Betriebe wie Molkereien oder in der Landwirtschaft benötigen Maschinen und Ersatzteile aus dem Ausland, da diese in Russland nicht hergestellt werden. Durch den schwachen Rubel und die hohe Inflation werden diese Güter immer teurer.
Und auch die Löhne für Arbeitskräfte steigen rasant. Denn zum einen werden durch die im Angriffskrieg gegen die Ukraine kämpfenden Männer die ohnehin schon knappen Arbeitskräfte noch knapper. Zum anderen kann die Rüstungsindustrie bessere Löhne durch lukrative Staatsaufträge zahlen, was auch die anderen Betriebe unter Zugzwang setzt. Im vergangenen Jahr stiegen die Löhne in den Molkereien deshalb um rund ein Viertel. Dadurch steigen die Verbraucherpreise erneut, wie die Frankfurter Allgemeine berichtet.
Doch Russlands Regierung kann der Entwicklung sogar Positives abgewinnen. „Ich sage nicht, ob der Wechselkurs gut oder schlecht ist. Ich sage nur, dass der Wechselkurs heute sehr, sehr günstig für die Exporteure ist“, meinte Putins Finanzminister Anton Siluanow auf einer Konferenz in Moskau. „Das Wichtigste ist, dass der Wechselkurs für die Exporte wichtiger ist als der Zinssatz.“
Dem Kreml könnte der fallende Rubelkurs nützen
Doch Experten sehen einen Grund, warum die Regierung den Wechselkurs gern steigen sehen möchte. „Der Hauptgrund für eine so deutliche Abschwächung ist unserer Meinung nach, dass diese erwünscht ist“, sagte Analyst Nikolai Dudschenko vom Finanzhaus Finam der „Bild“. „Der Wechselkurs ist sehr förderlich für den Ausgleich des Haushalts.“
So könnte also der schwache Rubelkurs die massiven Ausgaben für die Kriegswirtschaft finanzieren, denn gleichzeitig steigen die Einnahmen durch Öl und Gas – wenn diese denn gewechselt werden können. In der Planung für den Haushalt im Jahr 2025 will der Kreml die Ausgaben für das Militär und den Krieg gegen die Ukraine auf 410 Milliarden Euro und damit auf über 40 Prozent des Gesamtetats anheben. Denn für die Rekrutierung neuer Soldaten und die Nachbeschaffung von Waffen braucht es immer mehr Geld. Die russische Armee verschleißt in der Ukraine jeden Monat Milliarden an Rüstungsgütern. Zudem müssen teure Prämien für verwundete und tote Soldaten gezahlt werden.
Hilfe von der Putin-Regierung können die Russen indes nicht erwarten. Sozialleistungen für die Bevölkerung sollen dem Haushalt nach weiter gekürzt werden. Schon 2020 lebten in Russland 12,1 Prozent der Menschen unter dem Existenzminimum von damals 130 Euro im Monat, jeder fünfte Russe hat bis heute keinen Zugang zur Kanalisation. Schon vor dem Krieg gaben drei Viertel der Russen an, dass das Geld nicht für notwendige Ausgaben reiche. Die extremen Belastungen der russischen Wirtschaft durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine, könnte diese Situation noch weiter verschärfen.