Ikone der Grünen

Joschka Fischer: „Hätte nicht gedacht, dass ich mal für Aufrüstung plädiere“

Der Ex-Bundesaußenminister sieht den Westen in Gefahr und wirbt für Aufrüstung. Damit reagiere Deutschland auch auf eine sich verändernde Weltordnung.

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Der frühere Bundesaußenminister und Grünen-Ikone Joschka Fischer hat sich in einem Interview für eine Aufrüstung ausgesprochen.
Der frühere Bundesaußenminister und Grünen-Ikone Joschka Fischer hat sich in einem Interview für eine Aufrüstung ausgesprochen.Expa/Johann Groder/APA/dpa

Einst demonstrierte er selbst gegen die NATO, doch heute plädiert er ganz offen für sie: Ex-Bundesaußenminister Joschka Fischer (80) hat sich in einem Interview für eine erhebliche Aufrüstung ausgesprochen. „Ich hätte mir selbst nicht gedacht, dass ich mal öffentlich für Aufrüstung plädiere“, sagte der frühere Grünen-Spitzenpolitiker dem WDR. „Das tue ich hiermit, weil es nicht anders geht.“

Hintergrund der Sätze ist, dass Fischer die NATO für Deutschland für unverzichtbar hält. „Das Sicherheitsbündnis, dem wir angehören, spielt eine überragende Rolle“, so Fischer. Auch der Schutz durch US-Atomwaffen sei wichtig. 

Joschka Fischer fordert Aufrüstung

Fischer kritisierte in dem Interview auch Politiker, die diesen Schutz infrage stellen. Vor allem Vertreter aus den Reihen von AfD, BSW, und Linke wollen Deutschland aus dem Militärbündnis herauslösen und hatten sich in den letzten Monaten auch gegen eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen ausgesprochen. Mit denen soll vor allem Russland abgeschreckt werden.

Fischer forderte in diesem Zusammenhang auch mehr militärische Ausgaben: „Um diese Schutzgarantie auch in Zukunft zu behalten, werden wir verstärkt unsere Beiträge anpassen müssen – nach oben“, so Fischer in dem Gespräch. „Wir werden mehr leisten müssen.“ Die Wortmeldung kann dabei auch als Kritik an der jetzigen Bundesregierung verstanden werden.

Abschreckung gegen Russland wird große Rolle spielen

Die hatte zwar im Zuge der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“ ein Sondervermögen für die Modernisierung der Bundeswehr aufgelegt. Jedoch gilt dieses unter Experten als zu wenig. Zudem werfen Kritiker der Regierung vor, das Ziel von zwei Prozent für Militärausgaben im Staatshaushalt, welches die NATO-Mitglieder erfüllen müssen, nur mit Tricks zu erreichen. 

Fischer erklärte sein Plädoyer für eine stärke Aufrüstung damit, dass er derzeit keinen anderen Weg sehe. Vor allem ein Land bedrohe den Frieden in Europa: „Wir werden mit einem aggressiven Russland zu leben haben“, so Fischer. „Und dabei wird Abschreckung eine große Rolle spielen.“

Ex-Bundesaußenminister sieht Ende der amerikanischen Weltordnung kommen

Denn, wie Fischer sagt, verabschiede sich die amerikanische Weltordnung gerade. „Was jetzt kommt, ist eine Rivalität großer Mächte unter Einschluss der Mittel des Krieges“, so Joschka Fischer über die künftigen Jahre. Deutschland müsse sich daher auf die neue Realität auch mit Aufrüstung einstellen. 

Die Ukraine habe ein böses Erwachen gehabt. „Ich möchte nicht, dass wir eines Tages aufwachen und wegen mangelnder Luftverteidigung in einer schlimmen Situation sind“, so Fischer. Er glaube aber, dass Deutschland es durchaus schaffen könne. „Deutschland ist ein starkes Land. Wir sind nach wie vor die drittgrößte Industrienation global. Das gerät leicht in Vergessenheit.“ ■