In einem Schritt, der die ohnehin angespannten deutsch-iranischen Beziehungen weiter verschärft, hat die Bundesregierung die Schließung der iranischen Generalkonsulate in Deutschland angeordnet. Nach der umstrittenen Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatlers Djamshid Sharmahd durch den Iran schloss Berlin die Konsulate in Frankfurt am Main, Hamburg und München. Die iranische Botschaft in Berlin bleibt jedoch weiterhin geöffnet, um die diplomatischen Beziehungen zumindest formal aufrechtzuerhalten.
Der Schritt, den Außenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag in Aussicht gestellt hatten, gilt als bislang härteste Reaktion auf die Todesstrafe, die der Iran für Sharmahd verhängte. Er wurde im Frühjahr 2023 wegen Terrorvorwürfen in einem international kritisierten Verfahren zum Tode verurteilt und jetzt hingerichtet.
Sowohl die Bundesregierung als auch internationale Menschenrechtsorganisationen wiesen die Anschuldigungen vehement zurück und verurteilten die Prozessführung als unfair und intransparent. Kritiker warfen Iran vor, Geständnisse Sharmahds unter Folter erzwungen und ihn während des Verfahrens ohne die Möglichkeit einer adäquaten Verteidigung verurteilt zu haben.

32 iranische Konsularbeamte müssen ausreisen
Mit der Schließung der Generalkonsulate verlieren 32 iranische Konsularbeamte in Deutschland ihr Aufenthaltsrecht und müssen das Land verlassen – es sei denn, sie besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Für die rund 300.000 Iraner in Deutschland wird fortan die iranische Botschaft in Berlin die konsularische Betreuung übernehmen. Informationen darüber, wie viele Mitarbeiter dort im Einsatz sind, gab das Auswärtige Amt nicht preis.
Bereits in der Vergangenheit kam es zu diplomatischen Sanktionen gegen den Iran, jedoch markiert dieser Schritt einen historischen Tiefpunkt in den deutsch-iranischen Beziehungen. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich 2023, als die Bundesregierung vier russische Konsulate nach langem Zögern als Reaktion auf den Ukraine-Krieg schloss. Hier reagiert die Bundesregierung jedoch wesentlich zügiger und strenger – eine Reaktion, die bei internationalen Beobachtern und Diplomaten gleichermaßen für Aufsehen sorgt.

Iranische Gegenmaßnahmen erwartet
Das Außenministerium warnt deutsche Staatsangehörige aufgrund der angespannten Lage vor Reisen in den Iran und rät den im Land befindlichen Deutschen, den Iran schnellstmöglich zu verlassen. Eine niedrige dreistellige Anzahl Deutscher ist derzeit auf der Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amts verzeichnet. Für sie stellt die derzeitige Lage ein besonders ernstes Sicherheitsrisiko dar.
Im Iran selbst bleibt die Situation für ausländische Diplomaten unsicher: Der deutsche Botschafter Markus Potzel wurde nach Bekanntgabe der Hinrichtung nach Berlin zurückberufen und hat den Iran inzwischen verlassen. Ob und wann er zurückkehren wird, ist derzeit unklar. Auch die EU erwägt zusätzliche Sanktionen, die möglicherweise gezielt gegen iranische Beamte und Richter verhängt werden könnten, die direkt oder indirekt mit Sharmahds Verurteilung und Hinrichtung in Verbindung stehen.
Sharmahds Leben: Vom Exil-Aktivisten zum politischen Gefangenen
Der 1955 in Teheran geborene Djamshid Sharmahd kam als Siebenjähriger nach Deutschland und wuchs in Hannover auf. Dort betrieb er viele Jahre ein Geschäft für Computerzubehör, bevor er 2003 in die USA zog. In Kalifornien engagierte er sich politisch und schloss sich der Exil-Oppositionsgruppe Tondar (auf Deutsch: „Donner“) an, die von der iranischen Staatsführung als terroristisch eingestuft wird. Der Iran wirft Tondar vor, für einen tödlichen Anschlag in der Stadt Schiras im Jahr 2008 verantwortlich zu sein, jedoch lassen sich diese Vorwürfe unabhängig nicht überprüfen.
Menschenrechtsorganisationen und Familienangehörige schilderten die Haftbedingungen Sharmahds als menschenunwürdig und äußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Verurteilung. Kritiker wiesen darauf hin, dass ihm nicht nur ein angemessener Anwalt verwehrt wurde, sondern dass sein Aufenthaltsort während des gesamten Prozesses unbekannt blieb und er möglicherweise unter Zwang zu einem Geständnis gedrängt wurde. Den Vorsitz im Prozess führte der berüchtigte Richter Abolghassem Salawati, der wegen schwerer Menschenrechtsverstöße sowohl von den USA als auch der EU sanktioniert ist.

Baerbock: „Schwerwiegende Folgen“ angekündigt
Bereits am Montag hatte Außenministerin Baerbock mit „schwerwiegenden Konsequenzen“ gedroht und den Leiter der iranischen Botschaft in Berlin ins Auswärtige Amt einbestellt. Bei dem Gespräch überbrachte Staatssekretärin Susanne Baumann den „scharfen Protest der Bundesregierung gegen das Vorgehen des iranischen Regimes“. Die Perspektive auf eine baldige Entsendung eines neuen iranischen Botschafters gilt als äußerst unwahrscheinlich, nachdem der Vorgänger kürzlich regulär ausreiste.
Die Schließung der iranischen Generalkonsulate markiert eine neue Eskalationsstufe in der Auseinandersetzung zwischen Deutschland und dem Iran und führt die deutsch-iranischen Beziehungen an einen bislang nicht gekannten Tiefpunkt. ■