Lieber tot als im Altenheim – jeder Dritte würde Suizid dem Pflegeheim vorziehen
Die Aussagen aus einer Umfrage müssen wachrütteln. Wann wird ein Platz im Altersheim keine Horror-Vorstellung mehr sein?

Für viele Menschen ist die Vorstellung, den Lebensabend in einem Pflegeheim zu verbringen, einer Umfrage zufolge offenbar so abschreckend, dass sie einen begleiteten Suizid vorziehen würden. Nach einer am Sonntag in Dortmund veröffentlichten repräsentativen Umfrage im Auftrag der Stiftung Patientenschutz gab gut die Hälfte der Befragten (54 Prozent) an, sie würde ins Pflegeheim gehen, wenn eine Pflege zu Hause nicht mehr möglich sei. Fast ein Drittel (30 Prozent) würde sich in einer solchen Pflege-Notsituation eher um eine begleitende Suizidbeihilfe bemühen.
Lesen Sie auch: Alla Pugatschowa, Russlands größter Pop-Star, geigt Putin die Meinung>>
Hunderttausende Hilfsbedürftige stünden jedes Jahr vor der Entscheidung, den letzten Lebensabschnitt in einem Pflegeheim zu verbringen, sagte der Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch, der dpa. Mit Blick auf die Umfrageergebnisse fügte er hinzu: „Dieser Entschluss ist weder bewusst noch frei. Denn ein solcher Wohnortwechsel ist eine absolute Notsituation und folgt eher dem Zwang.“
Alte Menschen fürchten sich vor dem Heim
„Die Entscheidung ‚Lieber tot als Pflegeheim‘ muss ein Weckruf für die Bundesregierung sein“, erklärte Eugen Brysch. Er forderte, die Altenpflege „zukunftssicher, generationsgerecht und Würde wahrend“ umzubauen. „Doch bisher herrschen hier Mangelverwaltung und zu viel politische Ignoranz.“
Lesen Sie auch: Berlin bekommt ein 29 Euro Ticket – das müssen Sie zum günstigen ÖPNV-Angebot wissen>>
Bisher sei das Thema allerdings noch Mangelware in der deutschen Bundesregierung. Schon zuvor hatte er in einem Interview mit der Bild-Zeitung den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisiert: So schaue Lauterbach laut Eugen Byrsch „nur auf die Krankenhäuser, wenn er von Pflege redet“. Die Altenpflege bleibe dabei völlig außen vor.

Die große Mehrheit der Deutschen möchte möglichst lange zu Hause leben. Laut Umfrage wünschen sich 89 Prozent der Befragten, im Falle einer Pflegebedürftigkeit zu Hause von Angehörigen oder einem Pflegedienst gepflegt zu werden, bei den über 60-Jährigen sind es sogar 91 Prozent. Freiwillig in ein Pflegeheim ziehen, auch wenn noch häusliche Pflege möglich wäre, würden nur neun Prozent.
Nur wenn es gar nicht anders geht, wollen die Alten in Deutschland in einem Pflegeheim betreut werden. Hohe Kosten, zu wenig Personal, mangelhafte Verwaltung machen das betreute Wohnen im Heim unattraktiv.
Für die Studie befragte das Bielefelder Beratungsinstitut Mentefactum in zwei repräsentativen Umfragen zwischen dem 15. und 18. August 1004 und vom 29. August bis zum 1. September 1007 Deutsche über 16 Jahre in Telefoninterviews.