Finanzminister Christian Lindner ist bei der Großdemonstration der Landwirte in Berlin lautstark beschimpft und ausgebuht worden. Von Pfiffen und Protestrufen begleitet trat der FDP-Politiker am Montag bei der Kundgebung der Bauern vor das Rednerpult, konnte wegen des Lärms jedoch erst nach einem beschwichtigenden Appell von Bauernpräsident Joachim Rukwied das Wort ergreifen. Die versammelten Landwirte begleiteten seine Rede dennoch weiter mit lauten „Hau ab!“-Rufen, Hupen und Pfeifen.
In seiner Rede verteidigte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Kürzung bei der Dieselsubvention für Landwirte. Er verwies auf nötige Einsparungen, zu denen auch die Landwirtschaft ihren Beitrag leisten müsse. Im Gegenzug bat er den Bauern Bürokratieabbau und mehr unternehmerische Freiheit an.
Lindner lobte dann zunächst die „friedlichen“ Proteste. Befürchtete Ausschreitungen habe es im Lauf der vergangenen Woche kaum gegeben. „Dafür danke ich Ihnen.“ Auch verbat sich der Finanzminister den Vergleich der Bauernproteste mit ihren Blockadeaktionen mit Protesten von Klimaschutzaktivisten: „Die Klima-Kleber haben das Brandenburger Tor beschmiert, die Bauern haben das Brandenburger Tor geehrt und das ist ein Unterschied.“
In der Sache widersprach Lindner den protestierenden Bauern jedoch. „Es soll und es darf kein Sonderopfer der Landwirtschaft geben“, sagte Lindner. „Aber alle müssen ihren Beitrag leisten.“ Auch etwa der Flugverkehr werde künftig mit einer neuen Abgabe belastet und es werde Kürzungen der Leistungen für Asylsuchende und Bürgergeldempfänger geben.
Auch habe die Bundesregierung die ursprünglich geplante Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte zurückgenommen und die Abschaffung der Agrardieselsubvention verschoben. Dies gebe der Politik Zeit, die Landwirtschaft an anderer Stelle zu entlasten. „Ihr Protest war also bereits erfolgreich“, sagte Lindner.
Neue Subventionen stellte er den Landwirten aber nicht in Aussicht, dies gebe der Haushalt nicht her. Stattdessen wolle er sich für „mehr Freiheit“ und Anerkennung der Leistung der Bauern einsetzen. Es werde künftig keine „ideologische Bevormundung“ mit Umwelt- und Klimaschutzauflagen für landwirtschaftliche Betriebe mehr geben.
Bauernverband fordert Rücknahme von Mehrbelastungen
Bauernpräsident Joachim Rukwied forderte dagegen erneut eine Rücknahme von Mehrbelastungen für die Landwirtschaft. „Ziehen Sie die Steuererhöhungsvorschläge zurück, dann ziehen wir uns zurück“, sagte Rukwied an die Adresse der Ampelkoalition am Montag bei der Kundgebung am Brandenburger Tor. Die Demonstration setze ein Zeichen an die Bundespolitik: „Es reicht, zu viel ist zu viel.“ Die Branche sei gesprächsbereit, der von der Bundesregierung angebotene Kompromiss sei aber nicht fair, sondern faul. „Den nehmen wir nicht hin“, sagte Rukwied.
Bauernprotest: 8500 versammeln sich am Brandenburger Tor
Bei der Demonstration der Landwirte und Spediteure haben sich nach Angaben der Polizei 8500 Teilnehmer vor dem Brandenburger Tor versammelt. Die Demonstranten seien mit mehr als 6000 Fahrzeugen vor Ort, wie die Polizei am Montagmittag mitteilte. Allerdings kämen weiterhin Demonstranten hinzu – die Zahl werde also noch weiter steigen. Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte zuvor auf der zentralen Kundgebung gesagt, er kenne keine genaue Teilnehmerzahl, gehe aber von rund 30.000 Demonstranten aus. ■