Niederlage ohnegleichen statt Befreiungsschlag: Frankreichs Mitte-Rechts-Regierung ist nach nur knapp neun Monaten am Ende. Herbeigeführt hat den Fall der Minderheitskoalition Premier François Bayrou unwillentlich selbst, indem er in der Nationalversammlung die Vertrauensfrage stellte. Erneut steuert Frankreich nun in unsicheres Fahrwasser. Doch was genau heißt der Regierungssturz für das angeschlagene Land und für Europa? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was bedeutet der Sturz der französischen Regierung für Europa?
Muss Präsident Macron jetzt zurücktreten? Nein. Um das Amt von Staatschef Emmanuel Macron ging es der Abstimmung im Unterhaus nicht. Dennoch ist das Scheitern der Regierung für ihn eine herbe Niederlage. Mit Bayrou stürzt innerhalb von gut einem Jahr schon der zweite Premierminister in Folge. Der Anfang September 2024 ernannte Michel Barnier war im Dezember von der Opposition zu Fall gebracht worden.
Macron, der als Präsident den Regierungschef ernennt, muss sich eine Mitschuld vorwerfen lassen. Sowohl auf der Straße als auch im Parlament dürfte der Druck auf Macron steigen. Schon am Mittwoch will ein Bündnis, von dem unklar ist, wer es anführt, das Land blockieren. In der kommenden Woche droht ein riesiger branchenübergreifender Streik.
Was heißt der Regierungssturz für Frankreichs Finanzen?
Mit dem von Bayrou vorgelegten Entwurf eines Sparhaushaltes sollte eigentlich ein Kurswechsel eingeleitet werden bei Frankreichs galoppierender Staatsverschuldung. Zuletzt war der öffentliche Schuldenstand auf rund 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. Damit ist Frankreich nach Griechenland und Italien das Land im Euroraum mit der höchsten Schuldenquote. Nun droht eine Verzögerung und Abschwächung der Sparbemühungen.
Welche Auswirkungen hat das auf Europas Finanzen? In Brüssel sorgt weniger die Regierungskrise als die Haushaltslage für Sorgen. Die Europäische Kommission hatte bereits im vergangenen Jahr ein Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung eingeleitet und befürchtet nun, dass sich die Situation angesichts der politischen Lage weiter zuspitzen könnte. Folge könnte dann ein erneuter Vertrauensverlust in die Eurozone sein - auch wenn diese mittlerweile als deutlich krisenfester gilt als noch in Zeiten der Griechenland-Finanzkrise.

Beeinflusst der Fall der Regierung das Verhältnis zu Berlin?
Der jetzt bevorstehende Regierungswechsel wird zunächst einmal nichts daran ändern, dass beide Länder nach den schwierigen Jahren unter Kanzler Olaf Scholz wieder enger zusammenzurücken. Unmittelbare Auswirkungen der innenpolitischen Krise auf die Zusammenarbeit werden in Berlin nicht erwartet.
„Der französische Staat wird weiter handeln und wird auch weiter funktionieren“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius wenige Stunden vor der Vertrauensabstimmung. „Ich denke, dass die Handlungsfähigkeit zwischen beiden Ländern weiter gegeben ist und der Austausch eng bleibt.“ Durch die weitere Schwächung Macrons wird noch mehr Verantwortung auf Bundeskanzler Friedrich Merz in Europa lasten.