Eklat um Thunbergs Klimademo

Entsetzen nach Brandanschlag auf Erfurter Synagoge

Vor der Neuen Synagoge in Erfurt werden Papiere angezündet. Politiker reagieren entsetzt auf antisemitische Vorfälle. Greta Thunberg solidarisiert sich mit Palästina.

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Brandanschlag: Ein Polizeifahrzeug fährt vor der Neuen Synagoge entlang.
Brandanschlag: Ein Polizeifahrzeug fährt vor der Neuen Synagoge entlang.Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

In Erfurt wurden in der Nacht zum Sonntag vor der Neuen Synagoge ausliegende Zettel angezündet. Nach Angaben von Thüringens Staatskanzlei hatten Menschen auf den Schreiben ihre Solidarität mit Israel bekundet. Die Polizei nahm zwei verdächtige, betrunkene Männer aus Libyen vorübergehend fest, sie kamen später aber wieder frei. Laut Polizei waren sie 22 und 25 Jahre alt. Es sei niemand verletzt worden, an den Treppenstufen der Synagoge seien leichte Brandspuren entstanden.

Nach Angaben von Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) handelt es sich bei den beiden Tatverdächtigen um Asylbewerber aus Libyen. Das lege den Verdacht nahe, dass es sich um eine politisch motivierte Straftat handle. Der Staatsschutz sei daher aktiv geworden. „Man muss davon ausgehen, dass die Synagoge gezielt angesteuert wurde“, sagte Maier.

Ministerpräsident Ramelow: Hier wurde eine rote Linie überschritten

Sollte sich der Verdacht bestätigen, sprach sich Maier für eine Ausweisung der beiden Männer aus. „Der Rechtsstaat muss nun beweisen, dass er funktioniert.“ Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte laut Mitteilung: „Das ist keine Ordnungswidrigkeit, das ist auch kein Dummejungenstreich, hier wurden ganz klar rote Linien überschritten.“ Wer Hand an Synagogen oder Kirchen lege, könne für sich selbst keinen Schutz geltend machen, denn er verstoße gegen die Schutzregeln zur Religionsfreiheit in der Verfassung.

Nach Einschätzung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ist Antisemitismus in Deutschland zu lange unterschätzt worden. Sie fordert ein breites Bündnis gegen Judenhass sowie ein härteres Durchgreifen der Polizei.

Weitere Pro-Palästina-Demos in Deutschland

In Berlin gingen am Samstag nach Polizeiangaben mehr als 6000 Menschen auf die Straße und forderten unter anderem „Freiheit für Palästina“. Sie sprachen mit Blick auf das Vorgehen Israels im Gazastreifen von einem „Genozid“.

In München nahmen an einer propalästinensischen Demonstration unter dem Motto „Stoppt den Krieg - Freiheit für Palästina“ am Samstagnachmittag bis zu 5500 Menschen teil. Die Zahl wurde im Verlauf des Zuges erreicht, wie die Polizei mitteilte. Die Demonstration verlief demnach weitgehend friedlich. Allerdings kam es zu drei Anzeigen wegen des Verwendens verbotener Kennzeichen beziehungsweise der Verherrlichung von Straftaten auf Plakaten.

In Wuppertal in Nordrhein-Westfalen kamen ebenfalls Samstag nach Polizeiangaben etwa 2000 Menschen zu einer Pro-Palästina-Demo zusammen. Zu einer zeitgleichen proisraelischen Kundgebung in der Innenstadt hätten sich etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammengefunden, sagte ein Polizeisprecher. Einem dpa-Reporter zufolge blieb es friedlich, die Stimmung sei emotional gewesen.

Klimaaktivistin Greta Thunberg ergreift erneut Partei für Palästinenser

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat erneut eine Klimademonstration genutzt, um für die Palästinenser Partei zu ergreifen. Mit einem traditionellen schwarz-weißen Palästinensertuch um den Hals sagte sie am Sonntag bei einer per Livestream übertragenen Kundgebung in Amsterdam, die Klimaschutzbewegung habe die Pflicht, „auf die Stimmen jener zu hören, die unterdrückt sind und die für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen“.

Dann gab Thunberg das Mikrofon an eine Frau weiter, die ebenfalls ein Palästinensertuch trug und behauptete, Israel begehe „in meinem Land einen Völkermord“. Israel greife gezielt Krankenhäuser und Zivilisten an, behauptete die Aktivistin Sahar Shirzad.

Viele Teilnehmer der Demo reagierten empört auf die Anschuldigungen. Ein Mann sprang vor laufenden Kameras auf die Bühne und rief ins Mikrofon: „Ich bin für eine Klimademonstration hierher gekommen, nicht, um politische Ansichten zu hören.“ Anschließend zerrten ihn Gretas Mitstreiter unter Buhrufen von der Bühne  vor dem Van Gogh Museum.

Thunberg rief die Teilnehmer der Demo darauf auf, Ruhe zu bewahren und skandierte dann mehrfach: „No climate justice on occupied land.“ („Auf besetztem Land gibt es keine Klimagerechtigkeit.“) Sie spielte damit offenbar auf die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete an. ■