Die SPD ist gescheitert. Die Sozialdemokraten forderten im Wahlkampf einen Mindestlohn von 15 Euro, SPD-Chef Lars Klingbeil war sich noch im April sicher, dass die 15 Euro im nächsten Jahr erreicht werden. Jetzt ist klar: Der Mindestlohn steigt – aber langsamer.
„Ein Mindestlohn von 15 Euro wird 2026 erreicht, wenn die Mindestlohnkommission sich selbst ernst nimmt und umsetzt, was in ihrer Geschäftsordnung steht“, sagte Lars Klingbeil ganz forsch im April diesen Jahres. Aber Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich jetzt auf weniger geeinigt.
Der Mindestlohn steigt in zwei Stufen auf 14,60 Euro
Der Mindestlohn in Deutschland soll in zwei Stufen steigen. Heute liegt er bei 12,82 Euro. Anfang nächsten Jahres geht es hoch auf 13,90 Euro, ein Jahr später werden 14,60 Euro erreicht. Der Vermittlungsvorschlag der Kommissionsvorsitzenden Christiane Schönefeld sei einstimmig beschlossen worden.
Viele kleine Handwerkbetriebe wie die Bäckerei Siebert in der Schönfließer Straße in Berlin-Prenzlauer Berg waren gegen eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro. „Wenn der Mindestlohn steigt, dann steigen die anderen Löhne auch. Wir müssen die Preise anheben. Das heizt die Inflation an“, sagte Bäcker Ulrich Kienzl in einem Interview mit der Berliner Zeitung. „Wenn wir einem nicht ausgebildeten Mitarbeiter, der nicht der deutschen Sprache mächtig ist und der hier abwäscht, 15 Euro die Stunde zahlen müssen, wie viel müssen wir dann einer Fachkraft, die Deutsch spricht, Bäcker gelernt hat, schon 20 Jahre im Beruf arbeitet, zahlen? Das muss gerecht sein.“
Die Mindestlohnkommission entscheidet alle zwei Jahre über die Anpassung. Zur Kommission gehören Spitzenvertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern, die Bundesregierung setzt den Beschluss dann per Verordnung um.
Die SPD-Forderungen hatten die Verhandlungen verkompliziert. Mit Blick auf in der Öffentlichkeit geäußerte Erwartungen über einen Mindestlohn von 15 Euro sprach Christiane Schönefeld von sehr schwierigen Gesprächen.
Arbeitgebervertreter kritisieren SPD-Druck
Der Verhandlungsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Stefan Körzell, sagte, es seien „harte Verhandlungen“ gewesen. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Steffen Kampeter, kritisierte den großen Druck, der in den letzten Monaten von politischer Seite auf die Kommission ausgeübt worden sei.

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und Sozialdemokraten hatte auf eine konkrete Festlegung verzichtet. „Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren“, heißt es dort entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für die Kommission. „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar.“