Skandal in Großbritannien um Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Wie die britische Zeitung The Telegraph berichtet, werfen die Briten Scholz einen „eklatanten Missbrauch von Geheimdienstinformationen“ vor, nachdem durch ihn bekannt wurde, dass britische Soldaten ukrainischen Streitkräfte beim Abschuss von Storm-Shadow-Langstreckenraketen unterstützen.
Scholz erklärte am Montag, dass er Taurus-Systeme, das deutsche Pendant zum Storm-Shadow-System, nicht an die Ukraine liefern werde, da dies die Unterstützung von Soldaten am Boden erfordere. Er verwies dabei auf das britische und französische Vorgehen. Er argumentierte, dass Deutschland, wenn es dem Vereinigten Königreich folgt, zu einem Kriegsteilnehmer würde. Das System Storm Shadow wird von Großbritannien und Frankreich hergestellt. „Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden“, sagte Scholz laut dpa.
Die Äußerungen wurden in London als Gefährdung des britischen militärischen und diplomatischen Personals vor Ort gewertet, berichtet der Londoner Telegraph und zitiert Tobias Ellwood, den Ex-Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des britischen Unterhauses: „Dies ist ein eklatanter Missbrauch von Geheimdienstinformationen, der absichtlich dazu dient, von Deutschlands Zögern abzulenken, die Ukraine mit einem eigenen Langstrecken-Raketensystem zu bewaffnen.“ Dies wird von Russland zweifellos genutzt werden, so Ellwood, um daraus Vorteile zu ziehen.
„Unverantwortlich“: Auch Norbert Röttgen (CDU) kritisiert Olaf Scholz
Ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak sagte am Donnerstag vor Journalisten: „Der Einsatz des Langstreckenraketensystems Storm Shadow durch die Ukraine und der Prozess der Zielauswahl sind Sache der ukrainischen Streitkräfte.“ Das Vereinigte Königreich habe „eine kleine Anzahl von Personal im Land ist, um für die Sicherheit unserer diplomatischen Präsenz zu sorgen und die ukrainischen Streitkräfte zu unterstützen, unter anderem durch medizinische Ausbildung“, so der Sprecher.
Der ehemalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace kritisierte Scholz scharf, nachdem dieser angedeutet hatte, dass britische Truppen der Ukraine beim Abschuss von Langstreckenraketen helfen. Der Ex-Minister warf ihm „nicht nur eine gefährliche Verwendung von Fakten, sondern auch oft falsche Tatsachen“ vor, berichtet die britische Zeitung The Standard. Scholz sei, so Wallace, „was die Sicherheit Europas betrifft, der falsche Mann, im falschen Job zur falschen Zeit“.
Auch die Opposition im Bundestag sparte nicht mit Kritik an Olaf Scholz. „Unverantwortlich“, nannte, laut dem Bericht, Norbert Röttgen (CDU) den Vorgang. Der Kanzler steht unter wachsendem Druck, Taurus-Raketen auszuliefern, um Russlands Nachschubwege zu unterbrechen und Moskau an der Einnahme weiterer Gebiete in der Ukraine zu hindern. Zwar ist bekannt, dass Großbritannien Informationen über russische Ziele liefert, aber bisher ist unklar, in welchem Umfang ukrainische Truppen, die ihre Raketen am Boden abfeuern, dabei unterstützt werden.
Die Informationen von Scholz über die Rolle der britischen Truppen in der Ukraine haben die Sorge um die Sicherheit von Diplomaten und anderen im Land stationierten Personen verstärkt, erklärten anonyme Quellen aus dem Verteidigungsbereich dem „Telegraph“. Sie fügten hinzu, dass dadurch auch die Bedrohung durch mögliche russische Geheimdienstoperationen auf britischem Boden zugenommen habe.
Nach Aussagen des britischen Verteidigungsministeriums zum stark begrenzten Einsatz von britischen Soldaten in der Ukraine hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärt, er sehe keinen Widerspruch zu den Aussagen des Kanzlers.■