In Demo gerast

Attentat von München: 36 Menschen verletzt – „islamistisch motiviert“

Der Autoanschlag auf eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi in München mit mehr als 30 Verletzten ist nach vorläufiger Bewertung der Ermittler islamistisch motiviert gewesen.

Teilen
Ein Auto wird am Einsatzort auf einen Abschleppwagen gehoben. In der Münchner Innenstadt ist ein Fahrzeug in eine Menschengruppe gefahren.
Ein Auto wird am Einsatzort auf einen Abschleppwagen gehoben. In der Münchner Innenstadt ist ein Fahrzeug in eine Menschengruppe gefahren.Matthias Balk/dpa

Der Autoanschlag auf eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi in München mit 36 Verletzten war nach vorläufiger Bewertung der Ermittler islamistisch motiviert.

Der 24-jährige Beschuldigte habe in einer Vernehmung Äußerungen getätigt, die auf „eine religiöse Tatmotivation“ schließen ließen, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann am Freitag in München. Es handle sich um eine vorläufige Einschätzung auf Basis der bisherigen Erkenntnisse, betonte Tilmann. Sie würde sich nach derzeitigem Stand aber „schon trauen, von einer islamistischen Tatmotivation zu sprechen“.

Verdächtige habe eingeräumt, bewusst in die Demonstration gefahren zu sein

Der Verdächtige habe eingeräumt, bewusst in die Demonstration gefahren zu sein. Er habe dabei auch eine „religiöse Motivation“ genannt. Bei der Festnahme durch Polizisten direkt nach der Tat habe er zudem „Allahu Akbar“ gerufen.

Hinweise auf eine Einbindung in extremistische Organisationen gebe es aber nicht. Der 24-Jährige habe keine Vorstrafen, sagte Tilmann. Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen 24-jährigen Asylbewerber aus Afghanistan, der sich legal in Deutschland aufhielt. Er sollte laut Tilmann am Freitag einem Haftrichter vorgeführt werden. Hinweise auf tatrelevante psychische Erkrankungen bei dem Verdächtigen gibt es demnach bisher nicht.

Am Donnerstagmittag hatte der CSU-Politiker Joachim Herrmann zwei Stunden nach der Tat gesagt, der 24-Jährige sei im Zusammenhang mit Ladendiebstählen und Drogendelikten auffällig geworden. Dies waren allerdings Fehlinformationen, die der Kürze der Zeit geschuldet waren.

Kliniken behandeln Verletzte - Kind in kritischem Zustand

Laut Angaben der Behörden sein 36 verletzt. Ein zweijähriges Mädchen im Haunerschen Kinderspital befinde sich in kritischem Zustand auf der Intensivstation, sagte ein Sprecher des LMU Klinikums. Auch am TUM Klinikum rechts der Isar befand sich nach Angaben einer Sprecherin eine Person weiter in äußerst kritischem Zustand.

Am LMU Klinikum wurden an den beiden Standtorten Großhadern und Innenstadt insgesamt 14 Verletzte behandelt. Einige Patienten waren schwer verletzt, vier mussten den Angaben zufolge umgehend operiert werden.

Ein Auto fährt in eine Menschengruppe, zahlreiche Personen werden verletzt. Ein zweijähriges Kind sowie eine weitere Person sind in kritischem Zustand – das Foto entstand beim stillen Gedenken am Tatort des gestrigen mutmaßlichen Terroranschlags in der bayerischen Landeshauptstadt München
Ein Auto fährt in eine Menschengruppe, zahlreiche Personen werden verletzt. Ein zweijähriges Kind sowie eine weitere Person sind in kritischem Zustand – das Foto entstand beim stillen Gedenken am Tatort des gestrigen mutmaßlichen Terroranschlags in der bayerischen Landeshauptstadt MünchenIMAGO / Andreas Stroh

Sechs Personen waren in Notfallzentren der München Klinik an den Standorten Schwabing und Bogenhausen gebracht worden. Die Verletzungen der Betroffenen reichten von leicht bis schwer, sagte ein Sprecher.

Drei weitere Verletzte wurden nach Auskunft einer Sprecherin am Klinikum Dritter Orden behandelt, vier am Rotkreuzklinikum München. Diese vier Patienten wurden inzwischen entlassen, wie eine Sprecherin mitteilte.

Zahl der Verletzten auf 36 gestiegen

Am TUM Klinikum rechts der Isar waren zunächst fünf Menschen behandelt worden, von denen vier zwischenzeitlich entlassen wurden. Über weitere Entlassungen war zunächst nichts bekannt.

Ein 24 Jahre alter Mann war am Münchner Stiglmaierplatz in eine Gruppe von Menschen gefahren, als dort eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi stattfand. Der Hintergrund der Tat wird geprüft.

An der Demonstration hatten auch Kolleginnen und Kollegen der München Klinik teilgenommen, wie der Sprecher weiter mitteilte. Sie seien aber nicht verletzt worden. Sie seien alle sofort in die Kliniken zurückgekehrt, um bei der Behandlung der Verletzten zu helfen.

Nach dem mutmaßlichen Anschlag von einem Afghanen mit einem Auto in München. Gedenkstelle für die Opfer mit Kerzen und Blumen und einem Herz mit Aufschrift: Zum Gedenken für die Opfer und gegen Hass und Hetze.
Nach dem mutmaßlichen Anschlag von einem Afghanen mit einem Auto in München. Gedenkstelle für die Opfer mit Kerzen und Blumen und einem Herz mit Aufschrift: Zum Gedenken für die Opfer und gegen Hass und Hetze.IMAGO / Bihlmayerfotografie

Ermittler wollen Haftbefehl wegen versuchten Mordes

Die Generalstaatsanwaltschaft München will einen Haftbefehl unter anderem wegen versuchten Mordes gegen den mutmaßlichen Fahrer des Wagens beantragen. Entscheiden werde über eine Untersuchungshaft im Laufe des Tages ein Ermittlungsrichter, teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft mit.

Konsequenzen für die Münchner Sicherheitskonferenz

Der mutmaßliche Anschlag hat auch Konsequenzen für die Münchner Sicherheitskonferenz. Der „Kräfteeinsatz“ werde „erhöht“, sagte der Einsatzleiter, der Vizepräsident des Polizeipräsidiums München, Christian Huber. Außerdem seien die Veranstalter von geplanten Demonstrationen angesprochen worden, ob sie umplanen und statt sich bewegender auf stationäre Veranstaltungen umschwenken wollen. Diese seien polizeilich leichter zu sichern als Demonstrationszüge, sagte Huber.