Tote Lena (10) in Wunsiedel: Zeitung nennt Tatverdächtigen (11) „Killer“
Der Junge soll sich durch seinen Gemütszustand selbst verraten haben, sei kaum noch ansprechbar, heißt es.

Wie soll man eine Tat verstehen, in der sowohl Opfer als auch mutmaßlicher Täter im Kindesalter sind? Die Tat von Wunsiedel macht sprachlos, zumal erst Bruchstücke der Ermittlungsergebnisse bekannt sind, die die entscheidenden Fragen nicht beantworten: Warum ist ein 11-Jähriger offenbar zum Täter einer tödlichen Gewalttat geworden, was ist schiefgelaufen, dass die Tat in einem Kinder- und Jugendheim nicht verhindert wurde?
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Lena (10) getötet: Minderjähriger Täter kam aus schwierigen Verhältnissen, Geschwister ebenfalls im Heim
Die Bild-Zeitung berichtet über bislang unbekannte Details, nennt den Tatverdächtigen dabei reißerisch „Killer“, ein Wort, dass sowohl Mörder als auch Totschläger bedeuten kann. Dabei handelt es sich um ein nicht strafmündiges Kind. Strafmündig wird man in Deutschland mit 14 Jahren, ein Alter, ab dem der Gesetzgeber Minderjährigen zutraut, die Folgen ihrer Handlungen ausreichend abschätzen zu können. Diese Altersgrenze galt sowohl in West- als auch in Ostdeutschland seit den 50er-Jahren.
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Dem Bild-Bericht zufolge stammte das Kind aus schwierigen, also verwahrlosten Verhältnissen, weswegen auch die Geschwister in dem St.-Josef-Heim von Wunsiedel untergebracht waren. Daraus kann man folgern, dass eine Erziehung zu verantwortlichem Handeln in der Familie nicht stattfand, die Betreuung der verwahrlosten drei Kinder also vom Heim übernommen werden musste. Von einem vier Jahre älteren Bruder heißt es, er sei nun in einer Außenwohngruppe des St. Josef untergekommen. Der Verbleib des dritten Geschwisterteils ist nicht bekannt.
Nach Tod von Luise (12) und Lena (10) Forderungen, Alter für Strafmündigkeit abzusenken
Anders als es zunächst den Anschein hatte, war es für die Ermittler nicht besonders schwierig, den Tatverdächtigen zu überführen: Die Kripo fand Spuren des Kindes in dem Zimmer mit der halbnackten Leiche, und bei der Befragung soll sich der 11-Jährige selbst verraten haben. Es sei ihm nach der Tat extrem schlecht gegangen, heißt es. „Er war kaum ansprechbar“, zitiert die Zeitung eine Quelle.
Nach der Tat von Wunsiedel wie auch nach dem schrecklichen Tod von Luise (12) in Freudenberg waren schnell Forderungen laut geworden, das Alter der Strafmündigkeit von Kindern abzusenken. Würde man solchen Forderungen nachkommen, kehrte man zur Rechtsprechung des Dritten Reichs zurück, wo auch 12- und 13-Jährige als schuldig verurteilt werden konnten – ohne Rücksicht darauf, ob sie tatsächlich in der Lage wären, die Konsequenzen ihrer Taten abzuschätzen.
Die Voraussetzung im Reichsjugendgerichtsgesetz vom 6. November 1943 lautete vielmehr, dass „der Schutz des Volkes wegen der Schwere der Verfehlung eine strafrechtliche Ahndung fordert“. Von dieser Auffassung bei der Bewertung von Tätern im Kindesalter ist man nach dem Ende des Dritten Reiches abgerückt und sieht die Verantwortung für Kinder bis 14 Jahren bei den Erziehungsberechtigten, soweit sie ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sind.