Tagelang bangten im Juni 2023 weltweit Millionen Menschen um die Insassen das Tauch-U-Bootes „Titan“. Der Fall des zunächst als verschollenen, dann implodierten Tauchbootes machte weltweit Schlagzeilen. Jetzt, über ein Jahr später, sind nach dem verheerenden Unglück, das fünf Männer das Leben kostete, nach wie vor viele Fragen offen.
Nun hat die Anhörung der US-Küstenwache begonnen, zwei Wochen soll diese dauern und einige der wichtigsten Fragen – unter anderem die, warum es überhaupt zu dem tödlichen Unfall kommen konnte – klären.
Following today’s press conference, the #TitanMBI public hearing kicks off tomorrow, diving into design, safety, and the factors leading to the June 2023 submersible tragedy.
— USCG MaritimeCommons (@maritimecommons) September 15, 2024
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Am 18. Juni 2023 verlor das Tauchboot während seines Tauchgangs zur Titanic den Kontakt zu seinem Mutterschiff. Als es nicht wieder auftauchte, wurde eine internationale Such- und Rettungsaktion in den abgelegenen Gewässern mehrere hundert Meilen südöstlich von Neufundland, Kanada, eingeleitet. Schließlich wurden Trümmerteile in der Nähe des Wracks der Titanic entdeckt.
Neue Erkenntnisse zum tödlichen Unfall der „Titan“
Bereits am ersten Tag der Anhörung wurden neue Erkenntnisse präsentiert. Unter anderem wurde der letzte Funkspruch des Tauchboots veröffentlicht. Übereinstimmenden Berichten US-amerikanischer Medien zufolge sendete das Tauchboot nur sechs Sekunden, bevor es während des Tauchgangs zur Titanic den Kontakt zur Oberfläche verlor, eine Nachricht. Dies gab am Montag ein Gremium der US-Küstenwache bekannt, das die Implosion des Schiffs im Juni 2023 untersucht.

„Zwei Gewichte abgeworfen“, hieß es laut CNN in der Textnachricht, die rund 90 Minuten nach dem Tauchgang der „Titan“ an ihr Mutterschiff gesendet wurde. Die Maßnahme deutet auf einen vergeblichen Versuch hin, zur Oberfläche zurückzukehren. Hatte die Crew zu diesem Zeitpunkt bereits das Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung war, und wollte sie die Mission abbrechen? Diese Behauptung wird zumindest von der Familie eines der Opfer in einer Klage aufgestellt.
Ermittler berichten vom letzten Funkspruch der Titan
Der letzte Funkspruch, der wie viele andere Details während der Anhörung erstmals bekannt wurde, passt jedoch nicht zu diesem Bild. Berichten zufolge soll die Besatzung kurz vor der Implosion des Schiffs eine Nachricht mit den Worten „Alles in Ordnung hier“ gesendet haben.

Kurz nach der Textnachricht („Zwei Gewichte abgeworfen“) erhielt das Begleitschiff „Polar Prince“ den letzten Ping, hieß es in der Eröffnungspräsentation des mit der Untersuchung beauftragten Marine-Untersuchungsausschusses. „Die bevorstehenden Anhörungen werden es uns ermöglichen, unsere Ergebnisse zu präsentieren und wichtige Zeugen und Experten in einem transparenten Forum direkt anzuhören“, erklärte Jason Neubauer, der Vorsitzende des Marine Board of Investigation.
Auch ehemalige Mitarbeiter von OceanGate sagen aus
Am ersten Tag der Anhörung äußerten sich verschiedene ehemalige Mitarbeiter von OceanGate, die an der Entwicklung des Tauchboots beteiligt waren. Das Unternehmen geriet aufgrund von Berichten über Sicherheitsmängel zunehmend in die Kritik. Laut der „New York Times“ berichteten die Ex-Mitarbeiter am Montag, dass sie bereits lange vor der tödlichen Implosion Bedenken hinsichtlich der Praktiken des Unternehmens hatten.

„Ich habe den Titanic-Tauchgang 2019 abgebrochen, weil die Daten, die Instrumente, die ich eingesetzt hatte, nicht gut waren, und ich wurde dafür gefeuert“, zitiert die „New York Times“ einen Mitarbeiter. Und Ex-Chefingenieur Tony Nissen gab an, schon früh die Sicherheit des Bootes angezweifelt zu haben. „Ich steige da nicht ein“, habe er zu einem Vorgesetzten gesagt.
Die „Titan“ hatte bereits während früherer Expeditionen Dutzende Probleme registriert, darunter 70 Ausrüstungsprobleme im Jahr 2021 und 48 weitere im Jahr 2022. Dies enthüllten die Ermittler ebenfalls am Montag.
Auch die Lagerung der „Titan“ sorgte für Kopfschütteln. Den Ermittlern zufolge wurde das U-Boot im Winter vor dem tödlichen Unfall bei eisigen Temperaturen ungeschützt außerhalb einer Anlage in Neufundland gelagert, ohne jeglichen Schutz vor den Witterungsbedingungen.

Weniger als vier Wochen vor dem tödlichen Einsatz wurde das Fahrzeug getestet und zwei Tage später – nach einer Nacht mit starkem Seegang und Nebel – „teilweise gesunken“ aufgefunden. Ein weiterer Vorfall, über den die Ermittler berichteten, hätte ebenfalls Alarm auslösen müssen. Einige Tage vor der Implosion wurden fünf Personen auf der Titan gegen die Wand geschleudert, als sie von einem Einsatz zurückkehren wollten.
Lagerung der „Titan“ sorgte für Kopfschütteln
Die Anhörungen werden weiter fortgesetzt. Das Marine Board of Investigation, die oberste Untersuchungseinheit der Küstenwache, wurde nur wenige Tage nach dem Verschwinden des Tauchboots einberufen. Es erhielt den Auftrag, die Ursachen der Tragödie zu ermitteln und Empfehlungen auszusprechen, darunter mögliche zivilrechtliche Strafen sowie strafrechtliche Verfolgung. ■