Vor gerade mal fünf Jahren kam Vivien Wysocki an die Spree, heute erzielt sie mit ihrem Berliner Mode-Label „Saint Sass“ Millionenumsätze – und das mit Strumpfhosen, die von Glamour-Größen wie Paris Hilton und Kendall Jenner getragen werden. Obwohl das Unternehmen floriert, bleibt Vivien bescheiden: Reich sei sie selbst nicht, betont sie. Social Media ist ihr wichtigster Vertriebskanal – besonders Instagram und zunehmend auch LinkedIn. Und Vivien Wysocki hat fleißige Helfer.
Mitgründerin Larissa Schmid und ein kleines Team von fünf festen Mitarbeitenden stemmen die Marke gemeinsam mit ihr. Nominiert ist Wysocki gerade für den Bold Woman Award by Veuve Clicquot – eine Auszeichnung für Unternehmerinnen mit Vision.
Wenn es ums Gründen geht, ist Vivien Wysocki durchaus kein Neuling: Schon als Schülerin bastelte sie an nachhaltiger Technologie, später engagierte sie sich politisch für Meinungsfreiheit und Demokratie, arbeitete mit Universitäten, Vereinen und dem Auswärtigen Amt zusammen, gab Asylsuchenden Deutschunterricht. Eine politische Karriere lehnte sie aber ab – zu viele andere Ideen hat sie im Kopf.
Modeljobs, politische Projekte, Startup-Gründung – ihr Lebenslauf ist also ebenso vielfältig wie selbstbestimmt. In „Saint Sass“ bringt sie all das zusammen: Mode, Haltung, Kreativität. Die Statements auf ihren Strumpfhosen feiern weibliche Unabhängigkeit und Selbstermächtigung. Mit „Mom, I‘m a rich man“ ging es los. Weitere Sprüche wie „Meet me in Hell“ oder „Out of Office (forever)“ folgten. US-Hotel-Erbin Paris Hilton gefielen die Sprüche so gut –sie kommentierte die Marke im Internet mit dem Satz: „That‘s Hot“. Daraufhin ließ Wysocki eine Strumpfhose mit diesem Statement anfertigen, die Paris Hilton dann auch prompt trug.

Dass Wysocki lieber ausprobiert als plant, hat sich inzwischen ausgezahlt. Aber sie weiß auch: Erfolg bedeutet mehr als Geld – es geht um Freiheit, Eigenständigkeit und die Leichtigkeit, das Leben in vollen Zügen zu genießen.
Vivien Wysocki gehört zu den drei Berliner Unternehmerinnen, die für den diesjährigen Bold Woman Award by Veuve Clicquot nominiert sind – verliehen wird er in Berlin. Der Preis würdigt starke Frauen mit Vision und geht auf die Gründerin des Champagnerhauses zurück, die schon 1805 als junge Witwe Geschichte schrieb. Heute gehört die Marke zur LVMH-Gruppe. Wysocki selbst hat sich nicht beworben – und steht trotzdem auf der Liste. Grund genug für den KURIER, noch mal nachzuhaken.
Viele junge Frauen sehen nur Deinen Millionenerfolg. Mal ehrlich: Es steckt sicher auch viel harte Arbeit in „Saint Sass“, oder?
Total. Ich glaube, von außen sieht man oft nur das Endergebnis –die schönen Kampagnen, den Umsatz, Awards oder dass wir auf der „Forbes 30 Under 30 Europe“-Liste gelandet sind. Aber was man nicht sieht, sind die Abende, an denen wir verzweifelt vor dem Laptop sitzen, statt uns mit Freundinnen zu treffen, weil etwas schiefgelaufen ist, die existentiellen Sorgen, den Stress, mit dem du irgendwie klarkommen muss, oder die Frage, die du dir mit Mitte 20 Jahren plötzlich stellst, statt für Uni Prüfungen zu lernen: ob man denn überhaupt eine gute Chefin für sein Team ist.
Zu welchen Ergebnissen kommst Du?
Für mich heißt Gründen auch eine Chance zu ergreifen, auch wenn du (noch) keine Ressourcen hast. Du hast kein Geld? Kein Netzwerk? Egal. Wenn du eine Vision hast und bereit bist, Verantwortung zu übernehmen, kannst du trotzdem losgehen. Das hat der Bekannte Harvard Professor Howard Stevenson mal als Definition für Unternehmertum beschrieben, und ganz ehrlich: Ich hab das nie in einem BWL-Buch gelesen, sondern irgendwie einfach so gemacht.
Vivien Wysocki hatte mit 15 Jahren die erste Firma
Mit 15 Jahren die erste Firma, mit 16 Jahren als Model entdeckt, dann Medienwissenschaften studiert und jetzt für den Bold Woman Award nominiert. Wie bekommt man so eine Karriere hin?
Ich war keine Musterschülerin und hab' mich schon immer eher für Dinge außerhalb der Schule interessiert. Neugierde ist ein großer Treiber für mich. Immer noch. Ich hab also früh angefangen, verschiedene Dinge auszuprobieren und war jahrelang auch sehr politisch aktiv.

Wie half das Modeln?
Das Modeln kam eher zufällig dazu, aber dadurch bin ich sehr jung sehr selbstständig geworden – und hab mein Verständnis für die Modebranche entwickelt. Durch verschiedene Projekte hab ich mich schneller und besser kennengelernt und auch früh Fehler gemacht – und bin an ihnen gewachsen.
Wem bist Du dankbar?
Ich bin meiner Mutter sehr dankbar, dass sie mir den Freiraum eingeräumt hat, immer auch ins Risiko zu gehen und nach oben zu streben, weil sie aus der Armut kam. Übrigens gehört auch „peinlich“ sein dazu – weil man Dinge macht, die niemand macht – und darüber wird immer gesprochen, anfangs meist negativ, weil die Richtung, der Ausgang dieser „peinlichen Dinge“ noch nicht klar ist.
Ihr bekommt mit „Saint Sass“ Lob von Paris Hilton. Wie wichtig ist Dir Feedback von Prominenten?
Um ehrlich zu sein: Es ist schon surreal, wenn jemand wie Paris Hilton plötzlich deine Produkte trägt. Das ist eine Ikone, die du aus deiner Jugend kennst. Daher ist das schon ein besonderer Moment, gerade weil man mit so einem Menschen nie im selben Orbit gerechnet hätte. Und trotzdem: Für mich ist das weniger ein Promi-Moment als eher ein Zeichen, dass unsere Idee irgendwo da draußen ankommt. Und das berührt mich. Aber was mich emotional auch bewegt, ist das Feedback von Kundinnen.
Inwiefern?
Wenn mir jemand schreibt: „Ich hab mich in eurem Body zum ersten Mal wieder schön gefühlt“, dann weiß ich, wofür wir das alles machen. Der Hype ist cool, aber die wahre Stärke liegt darin, wie sehr unsere Kleidung Selbstbewusstsein bei unseren Kundinnen verändern oder unterstützen kann.
Vivien Wysocki wartet nicht mehr auf den perfekten Moment
Was rätst Du jungen Frauen, die gründen wollen?
Ich glaube, es gibt kein Patentrezept fürs Gründen: viele Wege führen nach Rom. Und zu gründen ist dein ganz persönlicher Weg. Das ist das Schöne daran. Was mir geholfen hat, war: einfach anzufangen, auch wenn nicht alles klar war. Viele Frauen zweifeln oft länger an sich selbst, hinterfragen mehr, wollen alles erst zu 100 Prozent verstanden haben, bevor sie loslegen. Ich habe irgendwann nicht mehr auf den perfekten Moment gewartet, weil ich wusste: Der wird nicht kommen.
Was war stattdessen wichtig?