Ende einer Ära

Schlussverkauf: So lange kann man noch bei Gerry Weber shoppen

Jetzt regiert der Rotstift – und die Trauer ist groß: Gerry Weber zieht sich aus Berlin zurück. Die Kunden können es nicht fassen.

Author - Berliner KURIER
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Auch die Berliner Filialen von Gerry Weber schließen.
Auch die Berliner Filialen von Gerry Weber schließen.Sven Simon/imago

Der Countdown läuft: Gerry Weber verabschiedet sich schrittweise aus Berlin, und mit dem Ausverkauf in den letzten drei verbliebenen Filialen beginnt das letzte Kapitel einer langen Ära. Seit bekannt wurde, dass das Unternehmen sämtliche Läden schließen wird, hat sich die Kundschaft noch einmal auf den Weg gemacht – nicht aus bloßer Nostalgie, sondern wegen der verlockenden Rabatte.

Vor dem Geschäft im Einkaufszentrum Das Schloss in Steglitz herrschte am Samstag noch einmal reger Betrieb. Kleine Warteschlangen vor den Umkleiden und der Kasse zeugten vom letzten Andrang auf die einst beliebte Damenmode, schreibt die Berliner Morgenpost. Die Plakate an den Schaufenstern versprechen Nachlässe von bis zu 70 Prozent – ein Magnet für Schnäppchenjäger. Wer aber auf Teile der aktuellen Frühjahrskollektion aus ist, muss sich mit 30 bis 50 Prozent Rabatt zufriedengeben.

Der Schlussverkauf ist für viele ein bittersüßer Anlass. Während einige Kundinnen mit vollen Einkaufstaschen das Geschäft verlassen, so die Morgenpost, werfen andere einen enttäuschten Blick in die Regale – sei es, weil die passende Größe fehlt oder weil die Garderobe längst gut gefüllt ist. Manch eine Besucherin hat das Geschäft seit Jahren regelmäßig angesteuert und kann es kaum fassen, dass nun Schluss sein soll. Andere wiederum versuchen noch, ihre verbliebenen Gutscheine einzulösen – teils erfolglos.

Die Filiale in Steglitz ist nicht allein betroffen. Auch die Läden im Eastgate Marzahn und im Forum Köpenick haben mit dem Räumungsverkauf begonnen. Nach Angaben von Mitarbeiterinnen aller drei Standorte ist der Betrieb noch bis Ende August geplant – dann gehen die Lichter endgültig aus. Auch in Brandenburg wird Gerry Weber verschwinden: In Potsdam, Brandenburg an der Havel und im Outlet-Center Wustermark stehen die Zeichen ebenfalls auf Abschied.

Die Gerry Weber AG gab ihre repräsentative Filiale im Kranzler-Eck in Berlin bereits 2016 auf.
Die Gerry Weber AG gab ihre repräsentative Filiale im Kranzler-Eck in Berlin bereits 2016 auf.Schöning/imago

Was bleibt, ist ein drastisch geschrumpftes Filialnetz. Einst war Gerry Weber mit mehr als 170 Geschäften deutschlandweit vertreten – heute sind es gerade noch rund 40. Der Abwärtstrend begann nicht erst gestern. Mehrere Sanierungsversuche sind gescheitert, zuletzt musste das Unternehmen 2023 mehr als 120 Filialen schließen, was rund 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Arbeitsplatz kostete.

Rückzug von Gerry Weber ist kein Einzelfall

Aber das Ende der Läden bedeutet nicht das Ende der Marke. Die Gerry-Weber-Kollektionen sollen künftig über Handelspartner vertrieben werden – gesteuert von der spanischen Modefirma Victrix, die sich die Markenrechte gesichert hat. Über die finanziellen Rahmenbedingungen der Übernahme wurde Stillschweigen vereinbart.

Der Rückzug von Gerry Weber ist kein Einzelfall. Die deutsche Modebranche steckt tief in der Krise. Immer mehr Traditionsunternehmen gerieten oder geraten ins Straucheln – darunter auch bekannte Namen wie Esprit, Hallhuber, Reno und Görtz.

Besonders drastisch zeigte sich das bei Esprit: Dort dauerte der Ausverkauf der Berliner Bestände über viele Monate an. Mehr als 20 Standorte in der Hauptstadtregion – darunter auch Shop-in-Shop-Flächen – wurden abgewickelt. Erst im Januar 2025 war das Lager endgültig geräumt. Mit Gerry Weber verliert Berlin jetzt ein weiteres Stück Modegeschichte.