Es läuft nicht wirklich gut bei der Post. Verspätete Briefe, verloren gegangene Pakete, beschädigte Sendungen sorgten auch im zu Ende gehenden Jahr für Frust bei den Bürgern. Zehntausende Kunden beklagten sich über den Bonner Konzern – insgesamt waren mehr als 40.000 Beschwerden eingegangen.
Das gab der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, am Mittwoch bekannt. Der Vorjahreswert von 43.512 dürfte nach der Prognose der Netzagentur damit fast erreicht werden. Zum Vergleich: 2021 gab es nur rund 15.000 Beschwerden. Die Kritik richtet sich zu knapp 90 Prozent gegen den Marktführer Deutsche Post, der Rest gilt den Wettbewerbern.
Allein in den ersten zwölf Tagen des Dezembers 2023 gingen rund 3300 Beschwerden ein. Geht es in dem Tempo weiter, wird der Vormonatswert übertroffen. Ein Post-Sprecher sagt hierzu, dass die Sendungsmengen in der Weihnachtszeit sehr hoch seien und es zudem viele Krankmeldungen gebe, die man „nicht immer in vollem Umfang durch Personalreserven kompensieren“ könne.
Die hohen Krankenstände sind angesichts der aktuellen Grippe- und Erkältungswelle zwar ein plausibler Grund. Allerdings drängt sich die Frage auf, warum das Personalpolster so dünn ist, dass Krankheitsfälle nicht ausgeglichen werden können. Gewerkschafter monieren, dass der Bonner Konzern an manchen Standorten personell auf Kante genäht sei, um möglichst niedrige Kosten zu haben.
Postbote warf 1000 Briefe in die Mülltonne
Nach Darstellung des Post-Sprechers ist die Lage „deutlich stabiler“ als vor einem Jahr. „Mehr als 95 Prozent der Briefe und mehr als 93 Prozent der Pakete erreichten ihre Empfänger auch im November zuverlässig innerhalb von zwei Tagen nach Versand.“ Tatsächlich ist der Beschwerdeanteil an den in Deutschland transportierten Briefen und Paketen verschwindend gering, im Jahr 2022 waren es insgesamt rund 15 Milliarden Sendungen. Allerdings dürfte es auch viele Bürger geben, die negative Erfahrungen machen und sich trotzdem nicht bei der Aufsichtsbehörde beschweren.
Kürzlich sorgte ein Vorfall in München für Aufsehen. Dort warf ein Postbote Polizeiangaben zufolge knapp 1000 Briefe in mehrere Mülltonnen und einen Kleidercontainer, anstatt sie zu den Empfängern zu bringen. Eine Anwohnerin sah das und alarmierte die Polizei. Die Post reagierte, beendete das Arbeitsverhältnis und entschuldigte sich bei den Kunden. Die zunächst weggeworfenen Sendungen wurden nach Firmenangaben schließlich doch noch zugestellt. So etwas ist sicherlich ein extremer Einzelfall – Anlass zur Sorge über die Zustände in der Branche bietet er dennoch.
Post soll langsamer werden dürfen
Die überraschend hohen Beschwerdewerte 2023 kommen für die Post zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Denn die Bundespolitik sitzt gerade an der Reform des veralteten Postgesetzes. Als Universaldienstleister muss sich der Bonner Konzern an Vorschriften halten, die mit hohen Kosten verbunden sind. So müssen mindestens 80 Prozent der heute eingeworfenen Briefe am nächsten Werktag zugestellt sein. Das schaffte der Logistiker 2022 nur mit Ach und Krach.
Einem ersten Reformentwurf zufolge soll diese Vorschrift künftig aufgeweicht werden. Das wäre gut für die Post, die Nachtflieger könnten eingespart werden, aber schlecht für die Kunden, die dann länger auf Sendungen warten müssten.
Ein anderer Reformpunkt sieht vor, dass die Netzagentur der Post künftig Bußgelder aufbrummen darf. Bisher kann sie das nicht: Sie sammelt die Beschwerden und ermahnt die Post, aber ein wirkliches Druckmittel hat sie nicht.
Post will kein Bußgeld zahlen
Wird der Bußgeldrahmenvorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums umgesetzt, bekäme Bundesnetzagentur-Präsident Müller ein schärferes Schwert an die Hand. Aber was brächten Bußgelder überhaupt, um das Problem zu lösen? Der frühere Post-Chef Frank Appel hatte hierzu einmal schmallippig angemerkt, das helfe auch nicht auf der Suche nach ausreichend Personal, der Arbeitsmarkt sei mancherorts nun mal leer gefegt. Die Netzagentur könne der Post gern bei der Personalsuche helfen, hatte Appel gesagt.
Bis zu zwei Prozent des globalen Umsatzes des Post-Konzerns DHL könnte das Bußgeld künftig betragen, so sieht es der Berliner Reformvorschlag vor. Die Post hält so einen Maximalwert für unangemessen. ■