Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist ein Autofahrer am Freitagabend in eine Menschengruppe gefahren. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff berichtete später von mindestens zwei Toten, darunter ein Kleinkind. Laut Polizei gab es über 60 Verletzte, darunter mehrere Schwerstverletzte. Am Sonnabend stieg dann die Opferzahl weiter an: Die Polizei bestätigte fünf Tote und 205 Verletzte. Bereits am Freitag hatte Ministerpräsident Haseloff befürchtet, dass weitere Tote nicht ausgeschlossen werden könnten. „Das ist eine Katastrophe für die Stadt Magdeburg und für das Land und auch generell für Deutschland“, sagte der Ministerpräsident. Regierungssprecher Matthias Schuppe sprach gegenüber dem MDR von einem Anschlag.
Am Morgen nach der Tat war der Weihnachtsmarkt komplett abgeriegelt, die Buden und der Baum waren aber noch erleuchtet. Blumensträuße und Kerzen wurden vor der Johanniskirche abgelegt. Nur vereinzelt waren Passanten unterwegs.
400 Meter mit schwarzem BMW durch Menschenmenge gerast
Das Grauen hatte am Freitagabend um kurz nach 19 Uhr begonnen. Ein schwarzer BMW kam mit Vollgas durch eine Lücke in den Absperrungen, raste direkt in die Menschenmenge zwischen den Buden und Ständen des Marktes. Panik brach aus, Schreie, die Menschen versuchten sich zu retten. Der Fahrer durchfuhr wohl mindestens eine komplette Zeile des Marktes, insgesamt sprechen die Behörden von mehr als 400 Metern, und fuhr dabei Dutzende Menschen an.

Rettungskräfte und Polizei waren kurz nach dem Anschlag mit einem Großaufgebot vor Ort. Eine dpa-Reporterin berichtete kurz nach der Tat, es wimmele auf dem Weihnachtsmarkt von Rettungswagen und Sanitätern. An einer großen Weihnachtspyramide wurden demnach Verletzte versorgt und nach und nach in Krankenhäuser gebracht. Zur Versorgung der Verletzten wurden Zelte aufgebaut. Mehrere zum Teil schwerstverletzte Menschen wurden weggetragen.
Ein Gastronom sprach gegenüber der Zeitung Volksstimme von „kriegsähnlichen Zuständen“ nach dem Anschlag. Der Weihnachtsmarkt in Magdeburg wurde geschlossen. Auch die Märkte in Halle/Saale und in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt schlossen vorzeitig. Die Behörden baten die Menschen, nach Hause zu gehen.
Von den am Sonnabend gemeldeten 205 Verletzten sind laut Polizei 41 schwerstverletzt. 86 Menschen würden mit schweren Verletzungen in Krankenhäusern behandelt. 78 Menschen seien leicht verletzt worden.

Der Fahrer des schwarzen SUV wurde festgenommen, als er angeblich versuchte zu wenden und das Fahrzeug erneut durch den Markt steuern wollte.
Magdeburg: Video von der Festnahme des Todesfahrers
Ein Handyvideo zeigt die Festnahme des Verdächtigen. In dem Clip ist zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf den Verdächtigen richtet und ihm zuruft, sich hinzulegen: „Die Hände auf den Rücken!“ und „Bleib liegen!“ Der Mann legt sich neben dem schwarzen – sichtbar beschädigten – BMW auf den Boden und befolgt die Anweisungen. Schließlich kommt Verstärkung, mehrere Polizisten springen aus dem Einsatzwagen und umkreisen den am Boden liegenden Verdächtigen. Der Polizist weist seine Kollegen an, „nicht so nah ran“ zu gehen.
Festnahme des mutmaßlichen Attentäters von #Magdeburg pic.twitter.com/f9BK1g0AuV
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Der Todesfahrer soll ein Arzt aus Saudi-Arabien sein. Der 50-jährige Taleb al-Abdulmohsen kam 2006 nach Deutschland, besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, lebt in Bernburg und arbeitet dort in einem Krankenhaus. Laut dem Innenministerium handelte er allein. Die Polizei untersuchte demnach auch das Tatfahrzeug, weil in dem Auto Sprengstoff vermutet wurde.

Die Polizei fand bis zum Samstagmittag keine Hinweise auf Mittäter. Meldungen, nach denen ein zweites, möglicherweise tatrelevantes Auto in der Innenstadt gesichtet wurde, hatten sich nicht bestätigt.
Attentäter bezeichnet sich als Ex-Muslim
Laut Medienberichten unter anderem von „Welt“ und „Spiegel“ soll der Mann ein Islam-Kritiker sein. Auf seinen Social-Media-Kanälen habe er unter anderem die Schließung der deutschen Grenzen gegen illegale Migration gefordert. Der 50-jährige Arzt bezeichnete sich selbst als Ex-Muslim. In sozialen Medien und Interviews erhob er zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen.

Der Mann wird nach offiziellen Angaben verhört. In Bernburg gab es laut einer Polizeisprecherin Durchsuchungen. Laut Medienberichten soll der Todesfahrer unter Drogen gestanden haben.
Kanzler und Innenministerin in Magdeburg
Nach dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt besuchten Kanzler Olaf Scholz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD), Justizminister Volker Wissing sowie CDU-Chef Friedrich Merz am Sonnabend die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. Am Abend soll es im Magdeburger Dom eine Gedenkfeier geben.

In Magdeburg bleiben als Zeichen der Trauer öffentliche Kultureinrichtungen bis Montag geschlossen. Auch Kulturveranstaltungen finden nicht statt, teilte die Stadt am Samstagmorgen auf der Plattform X mit.
Der Weihnachtsmarkt selbst wurde für beendet erklärt. „Wir sind in tiefer Trauer und mit unseren Herzen und Gedanken bei den Opfern, Angehörigen und Helfern“, erklärten die Veranstalter. Der Weihnachtsmarkt und die Lichterwelt seien beendet. Nach Angaben eines Stadtsprechers sollte der Weihnachtsmarkt ursprünglich bis zum 29. Dezember geöffnet bleiben.

Mehr Polizei auf sächsischen Weihnachtsmärkten
Nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg werden die Sicherheitsvorkehrungen auf den Märkten im Freistaat verstärkt. Um eine engmaschige Überwachung zu gewährleisten, überprüfen die Märkte in Leipzig, Dresden, Chemnitz und Plauen nach Angaben der Behörden ihr Sicherheitskonzept und erhöhen die Präsenz von Polizeistreifen.
Der Anschlag lässt dabei Erinnerungen an den Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz aufkommen. Bei dem Terrorangriff durch einen IS-Anhänger starben insgesamt 13 Menschen, 67 wurden schwer verletzt. ■