Weil Schrottpreise steigen

Sie machen vor nichts Halt: Metalldiebe klauen Grabplatten von Luxemburg und Liebknecht

Auch Gedenktafeln für Walter Ulbricht und Otto Grotewohl sind spurlos verschwunden. Seit Wochen halten die Metalldiebe Berlins Polizei in Atem.

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Die Grabplatte von Rosa Luxemburg ist ebenfalls verschwunden.
Die Grabplatte von Rosa Luxemburg ist ebenfalls verschwunden.Ipon/imago

Wenn die Schrottpreise steigen, freuen sich auch die Metalldiebe. Ihre Beutezüge werden immer dreister. Besonders begehrt sind Buntmetalle wie Kupfer, das sich auf Baustellen oder entlang von Bahnstrecken finden lässt. Aber auch wertvolle Legierungen wie Bronze oder Messing geraten ins Visier der Kriminellen. Während die Deutsche Bahn ihre Sicherheitsmaßnahmen längst verschärft hat, verlagern sich die Diebstähle auf andere Orte – und selbst Friedhöfe bleiben nicht verschont.

Seit Monaten sorgt eine Serie von mysteriösen Diebstählen in Berlin für Aufsehen, berichtet die Berliner Zeitung. Auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde verschwanden mehrere Grabplatten, darunter die von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Auch Gedenktafeln für Walter Ulbricht und Otto Grotewohl sind spurlos verschwunden.

Nach Angaben der Polizei wurde der Vorfall Mitte März gemeldet. Doch nicht nur politische Persönlichkeiten sind betroffen: Auch die Grabstätte des Schriftstellers Franz Carl Weiskopf wurde geplündert – seine Bronzeplatte samt Totenmaske gestohlen. Die Polizei veröffentlichte Fotos des gestohlenen Materials in der Hoffnung, Hinweise zu erhalten.

Hinter den Taten vermutet man keine politischen Motive, sondern skrupellose Kriminelle, die das wertvolle Metall zu Geld machen. Und das Geschäft lohnt sich: Der Kupferpreis hält sich auf einem hohen Niveau, an den Börsen liegt der Tonnenpreis bei über 9000 Euro.

Begehrt bei Metalldieben sind Kupfer, Bronze und Zinn

Auch bei Schrotthändlern lassen sich erhebliche Summen erzielen – besonders für Bronze, das aus Kupfer und Zinn besteht. Laut Polizei sind oft professionell organisierte Banden aus Südeuropa im Spiel, die mit schwerem Gerät Bronzestatuen von ihren Sockeln entfernen.

Die Liste der gestohlenen Objekte ist lang, und zwar deutschlandweit, heißt es in der Berliner Zeitung: In Norddeutschland verschwanden eine 100 Kilo schwere Kirchenglocke und eine riesige Schiffsschraube aus Messing. In Göttingen erbeuteten Diebe über zwei Tonnen Zinn und Nickel, während in Nordrhein-Westfalen ganze Friedhöfe geplündert wurden – Statuen und Grabkreuze verschwanden spurlos.

Die Bronzeplastik von Ernst Thälmann ist ebenfalls geklaut worden.
Die Bronzeplastik von Ernst Thälmann ist ebenfalls geklaut worden.Polizei Berlin

Auch Berlin bleibt nicht verschont: Die Bronzeskulptur „Knabe mit Tintenfisch“ überstand mehr als ein Jahrhundert, zwei Weltkriege – nur um jetzt aus dem Franckepark entwendet zu werden. Die „Liegende“ von Heinrich Drake, die einst schon 1996 gestohlen wurde, ist schon wieder verschwunden.

Auch die Bronzeplastik von Ernst Thälmann verschwunden

Weitere Skulpturen wurden von Friedhöfen, Parks und sogar privaten Grundstücken gestohlen. Eine Kirchenglocke aus Heiligensee, eine trauernde Figur in Wannsee, die Bronzeplastik von Ernst Thälmann – die Liste wächst weiter.

Die Täter sind professionell und bestens ausgerüstet. Spuren führen möglicherweise ins Ausland, denn bei deutschen Schrotthändlern sind die Kunstwerke bislang nicht aufgetaucht. Gleichzeitig bleibt die Deutsche Bahn ein beliebtes Ziel: Im vergangenen Jahr wurden über 500 Fälle von Metalldiebstahl registriert, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Die „Liegende“ des Künstlers Heinrich Drake wurde im Februar von dessen Grabstein auf dem Friedhof Pankow III gestohlen.
Die „Liegende“ des Künstlers Heinrich Drake wurde im Februar von dessen Grabstein auf dem Friedhof Pankow III gestohlen.Polizei Berlin

Langfristig allerdings sinken die Zahlen, weil die Bahn inzwischen verstärkt auf Sicherheitsmaßnahmen setzt. Alternative Materialien, technische Überwachung und gezielte Polizeieinsätze erschweren den Dieben das Handwerk. Besonders in der Dunkelheit kommen moderne Methoden wie Drohnen und Nachtsichtgeräte zum Einsatz. Manchmal kreist auch mitten in der Nacht der Polizeihubschrauber über der Stadt, wovon schlaflose Berliner ein Lied singen können.

Trotzdem: Die Folgen von Metalldiebstählen sind gravierend. Gestohlene Kabel legen ganze Bahnstrecken lahm, wie es zwischen Frankfurt und Stuttgart der Fall war. Auch private Haushalte sind betroffen – in Schönefeld hinterließen Kupferdiebe auf einer Baustelle einen Schaden von 30.000 Euro. Während die Ermittler fieberhaft nach den Tätern suchen, stellt sich eine drängende Frage: Wann endet diese Welle des skrupellosen Metallraubs? Vielleicht nach dem nächsten Börsencrash.

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