Die Hauptstadt wird immer gefährlicher: Die Zahl der Menschen, die Opfer von Straftaten werden, ist 2023 auf ein Rekordhoch gestiegen.
Laut dem aktuellen Bericht des Opferbeauftragten Roland Weber verzeichnete Berlin 106.671 Opfer von Straftaten – ein drastischer Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren, schreibt der „Tagesspiegel“ (Bezahlschranke). Zwischen 2012 und 2021 lag diese Zahl noch deutlich niedriger, zwischen 76.000 und 84.000. Doch schon 2022 sorgte ein Anstieg auf 95.547 Opfer für Besorgnis. Nun setzt sich der erschreckende Trend fort, gestützt durch die polizeiliche Kriminalstatistik.
Besonders alarmierend: Die Zahl der sexuellen Übergriffe und körperlichen Angriffe steigt rapide. 48.254 Fälle von Körperverletzung bedeuten ein Plus von neun Prozent. Raubdelikte nahmen um sieben Prozent auf 5389 Fälle zu.
Die Zahl der Vergewaltigungen stieg um ganze 23 Prozent auf 1.151 registrierte Fälle. Auch in Partnerschaften und Familien eskaliert die Gewalt. Mit 18.784 gemeldeten Taten, darunter überwiegend vorsätzliche Körperverletzungen, liegt die Zunahme hier bei knapp neun Prozent. Frauen sind besonders betroffen, ebenso wie Kinder: 2023 wurden 340 Fälle von Kindermisshandlung registriert – ein erschreckendes Plus von zwölf Prozent.
Dunkelfeld bei Sex-Angriffen und häuslicher Gewalt groß
Besonders schockierend ist der Anstieg tödlicher Gewalt gegen Frauen durch ihre Partner oder Ex-Partner. Bis September 2024 wurden bereits 28 Fälle gemeldet, mindestens ein weiterer kam seither hinzu. Damit hat sich die Zahl im Vergleich zu 2023 mehr als verdoppelt.
Auch die Zahl der Verstöße gegen Gewaltschutzanordnungen steigt weiter. Diese Anordnungen sollen Täter von ihren Opfern fernhalten, doch 2023 wurden 1561 Verstöße gemeldet – ein Anstieg von mehr als 100 Fällen im Vergleich zum Vorjahr. Seit 2019 hat sich diese Zahl um fast 50 Prozent erhöht.

Der Fall einer getöteten Frau in Zehlendorf verdeutlicht, wie wenig solche Schutzmaßnahmen oft bewirken. Trotz einer erwirken Anordnung wurde sie von ihrem Ex-Partner erstochen. Die frauenpolitische Sprecherin der SPD, Mirjam Golm, fordert angesichts der alarmierenden Zahlen einen besseren Schutz für Gewaltopfer. Es müsse dringend mehr Schutzräume geschaffen und die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Hilfsorganisationen verbessert werden.
Roland Weber betont, dass das Dunkelfeld bei häuslicher Gewalt groß sei und die Dunkelziffer weit über den offiziellen Zahlen liege. Kürzungen im Bereich Opferschutz könnten fatale Folgen haben. Weber kritisiert zudem den Mangel an Plätzen in Schutzeinrichtungen für Frauen.
Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) kündigte an, Opferschutz stärker in den Fokus der Justizarbeit zu rücken. Gewaltprävention und Unterstützungsprojekte sollen von Sparmaßnahmen weitgehend verschont bleiben. Doch bei den rasant steigenden Opferzahlen bleibt fraglich, ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Gewaltspirale zu stoppen. ■