Prozess hat begonnen

In Berlin: Dieser Raketen-Influencer schießt sich auf die Anklagebank

In der Silvesternacht schoss Atallah Younes (23) eine Feuerwerksrakete in eine Wohnung eines Mehrfamilienhauses in Berlin-Neukölln. Die irre Aktion wurde in den sozialen Medien millionenfach geklickt.

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Atallah Younes (23) schoss am 31. Dezember 2024 eine Feuerwerksrakete in eine Wohnung eines Mehrfamilienhauses in Berlin-Neukölln.
Atallah Younes (23) schoss am 31. Dezember 2024 eine Feuerwerksrakete in eine Wohnung eines Mehrfamilienhauses in Berlin-Neukölln.Pressefoto Wagner

In der Silvesternacht herrschte in Berlin mal wieder Ausnahmezustand. Vor allen Dingen in Berlin-Neukölln. Mit Raketen wurden Passanten beschossen, Kugelbomben gezündet. Mittendrin der arabische Influencer Atallah Younes (23). Mit einer Feuerwerksrakete schoss er durch das Fenster einer Wohnung. Für das Video will er sich von seinen 300.000 Followern feiern lassen. Doch in Berlin ging der Schuss nach hinten los. Younes wurde vier Tage darauf am Flughafen BER an der Ausreise gehindert und festgenommen, die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehl. Am Mittwoch begann nun der Prozess.

Der Böller-Idiot stand feixend auf der Straße und filmte, als er eine Rakete in eine Wohnung schoss. Sein Angeber-Video sorgte für Entsetzen. Atallah Younes nun auf der Anklagebank. Ein Influencer mit rund 300.000 Followern auf Instagram, 180.000 auf TikTok. Festgenommen auf dem Flughafen BER vor 90 Tagen. Da wollte der Mann aus dem Westjordanland gerade abdüsen.

Das Video seiner Aktion am 31. Dezember in Neukölln ging viral. Sechs Millionen Aufrufe in nur 24 Stunden. Nach dem Böller-Irrsinn aber hagelte es Kritik. Nun geht es um versuchte schwere Brandstiftung, versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung.

In Berlin-Neukölln: Der Influencer schoss mit Rakete auf eine Wohnung

Der Staatsanwalt überzeugt: Der Influencer habe Leib und Leben erheblich in Gefahr gebracht – „aus purem Eigennutz“. Der Ankläger: „Es ging ihm darum, ein möglichst großes mediales Interesse auf sich zu ziehen und ein breites Publikum zu erreichen.“ Schweigend hörte Atallah Younes die Vorwürfe.

Szenen aus der Silvesternacht flimmerten im Saal 700 über einen Monitor. Ein junger Mann, weiße Daunenjacke, graue Mütze, in der rechten Hand eine Rakete, Funken stäuben. Er richtet die Rakete nicht in den Nachthimmel, sondern auf eine Wohnung auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ein Knall, hinter einem Fenster blitzt ein Lichtschein auf. Jubel und Gelächter auf der Straße.

Die Rakete war durch ein Fenster im dritten Stock gekracht. Wohnungsinhaber Emin A. (54) saß gerade mit seiner Familie im Wohnzimmer: „Plötzlich ein lautes Geräusch.“

Sie liefen ins Schlafzimmer: „Da war schwarzer Rauch, Scherben auf dem Boden.“ Den Raketen-Rest mit glimmendem Papier habe er aus dem Fenster geworfen. An Tapete und Teppich habe es einige Brandflecken gegeben.

Wurde ein sogenannter Friedensrichter eingeschaltet?

Nur Stunden später tauchte im Netz ein Video mit angeblicher Reue auf. Der Influencer im Gespräch mit dem Wohnungsinhaber. A. still, Younes wortreich: „Ich weiß, dass es falsch ist.“ Und: „Die Sache ist nicht nachahmenswert.“ Er und seine Begleiter hätten sich bei Emin A. entschuldigt.

Der Wohnungsinhaber nun als Zeuge. Mehr als versöhnlich seine Worte: „Er kam mit mehreren Freunden, sie entschuldigten sich.“ Younes habe gesagt, er sei als Tourist in der Stadt, habe keine Ahnung von Silvester-Raketen, es sei nicht absichtlich geschehen. A.: „Ich habe ihm verziehen.“

In der Silvesternacht 2024/25: Fahrzeuge der Polizei stehen in der Sonnenallee im Stadtbezirk Neukölln in der Verbotszone für Feuerwerk. Im Hintergrund außerhalb der Zone ist am Himmel Feuerwerk zu sehen.
In der Silvesternacht 2024/25: Fahrzeuge der Polizei stehen in der Sonnenallee im Stadtbezirk Neukölln in der Verbotszone für Feuerwerk. Im Hintergrund außerhalb der Zone ist am Himmel Feuerwerk zu sehen.Soeren Stache/dpa

Der Staatsanwalt zweifelte: „Auf dem Video sehen Sie nicht begeistert aus.“ Wurde A. unter Druck gesetzt? Er kopfschüttelnd: „Das gab es nicht.“ Auch von einem „Friedensrichter“ wisse er nichts. Fortsetzung: 7. April. ■