Neue Kriminalitätsstatistik

UPDATE – Berlin brutal! Mehr Angriffe auf Polizisten, mehr Gewalt in der Familie

3,2 Prozent mehr Straftaten als im Vorjahr, vor allem gegen Polizisten und Feuerwehrleute. In Berlin wird es nicht ruhiger.

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Ein Gewalttäter wird von der Berliner Polizei abgeführt.
Ein Gewalttäter wird von der Berliner Polizei abgeführt.imago

Knapp 536.700 Straftaten hat die Berliner Polizei im vergangenen Jahr registriert. Das waren 3,2 Prozent mehr als im Vorjahr, wie Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und die Polizei am Mittwoch mitteilten. Die Aufklärungsquote bei diesen Taten lag bei 45,5 Prozent (2022: 44,9 Prozent). Eins steht fest: In Berlin wird es nicht ruhiger!

Die meisten der Taten waren Diebstähle (rund 213.000). Dazu kamen fast 100.000 Betrügereien, darunter fallen etwa Schwarzfahren oder Tanken ohne zu bezahlen. Sogenannte Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen wurden in etwa 70.000 Fällen gezählt.

Die Polizei ermittelte 140.620 Verdächtige, davon wohnten rund 70 Prozent in Berlin. 106.671 Opfer von Straftaten wurden erfasst (+11,6 Prozent). Davon waren 18.784 Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder Opfer von Gewalttaten in Beziehungen oder der Familie (+8,8 Prozent). Ob es tatsächlich mehr Gewalt gab oder die Bereitschaft steigt, solche Taten bei der Polizei anzuzeigen, ist unklar.

9603 Polizisten wurden Opfer eines Angriffs

9603 Polizisten wurden als Opfer eines Angriffs oder einer Tat mit Gewaltcharakter registriert (+10,1 Prozent). Darunter sind viele Angriffe bei Demonstrationen und auch Widerstandshandlungen bei Kontrollen und Festnahmen, etwa wenn ein Verdächtiger sich losreißt. 376 Sanitäter und Feuerwehrleute sind in der Statistik als Opfer einer Gewalttat aufgeführt (+22,5 Prozent).

Spranger betonte, besonders bei der Gewaltkriminalität und dort vor allem im öffentlichen Raum sei die Kriminalität gestiegen. Gewalt spiegle immer auch den Zustand einer Gesellschaft wider. Corona, Migration, der Krieg in der Ukraine und der Hamas-Terror gegen Israel seien Krisen der letzten Jahre, die sich ihr Ventil suchen würden, sagte Spranger. Gesellschaft und Politik müssten gemeinsam dagegen vorgehen. „Wir müssen unsere Kräfte bündeln.“ Wie sie das genau tun sollten, sagte Spranger zunächst nicht.

Die Entwicklung sei aber mit Sorge zu betrachten. Die multiplen Krisen in den vergangenen Jahren hätten merklich Einfluss auf das Konfliktpotenzial in der Gesellschaft genommen. 48.254 erfasste Körperverletzungen in 2023 stellen ein Plus von 3829 Fällen dar. Diese Zahl liegt über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 42.905 Fällen. Nahezu identisch verhält es sich bei den Zahlen der Rohheitsdelikte im öffentlichen Raum, beispielsweise auf Straßen, Wegen und Plätzen.

Im vergangenen Jahr hatte der Berliner Senat mit dem Sicherheitsgipfel und dem Gipfel gegen Jugendgewalt dieses Thema besonders in den Blick genommen. Viele der dort beschlossenen Maßnahmen befinden sich derzeit in der Umsetzung. Für die Maßnahmen nach dem Sicherheitsgipfel, wie Gesundheits- und soziale Präventionsangebote, sind allein im Doppelhaushalt 2024 etwa 15 Millionen Euro und im Jahr 2025 etwa 13,3 Millionen Euro vorgesehen, hieß es.

Auch Eigentumsdelikte entwickeln sich rasant

Auch in den privaten Lebensbereichen ist im Jahr 2023 eine deutliche Zunahme der Gewalt festzustellen, sagte Spranger. In Berlin sind im vergangenen Jahr 18.784 Menschen Opfer von Delikten mit Gewaltcharakter in Partnerschaft und Familie geworden – im Vergleich zu 2022 eine Zunahme von 8,8 Prozentpunkten, wie bereits erwähnt. Dabei handelt es sich um den Höchstwert der vergangenen zehn Jahre. Rund 70 Prozent der Opfer waren weiblich, rund drei Viertel der Täter hingegen männlich. In enger Zusammenarbeit gehen die Polizei Berlin und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport weiter den Ursachen nach, entwickeln Bekämpfungsansätze und schaffen niedrigschwellige Kontakt- bzw. Beratungsangebote – auch mit externen Partnerinnen und Partnern wie dem Verein „Gewaltfrei in die Zukunft“.

Auch Eigentumsdelikte entwickeln sich rasant: Diebstähle von Kraftwagen haben mit 7781 Fällen den Höchstwert der letzten zehn Jahre erreicht. Das bedeutet eine Steigerung um rund 2200 Fälle und eine Zunahme um 39,4 Prozent. Nach den eher geringen Fallzahlen in 2022 ist ebenso ein deutlicher Anstieg der Kellereinbrüche zu verzeichnen. 16.813 Kellereinbrüche bedeuten ein Mehr von 5.558 Fällen (+49,4 Prozent). Davon betrafen 2750 der Kellereinbrüche den Diebstahl von Fahrrädern (+34,9 Prozent).

Das Gesamtfallaufkommen der Politisch motivierten Kriminalität ist im Jahr 2023 gestiegen. Wurden im Jahr 2022 noch 5114 Fälle registriert, waren es im vergangenen Jahr 6420 Fälle. Das bedeutet ein Plus von 1.306 Fällen (+25,4 Prozent). Nach dem grausamen Terrorangriff der Hamas auf Israel kam es in Berlin zu einem deutlichen Anstieg an Straftaten mit antisemitischer Motivation. Im Vergleich zu 2022 wurde eine Zunahme von 512 Fällen registriert. Bis September 2023 registrierte die Polizei Berlin 273 Fälle, was ungefähr dem Vorjahresniveau entspricht. Ab dem 7. Oktober 2023 wurden bis Jahresende 579 Fälle registriert. Das entspricht einer Gesamtzahl von 892 Fällen in 2023 (+135 Prozent) mit einer antisemitischen Motivation. Hinzu kommen noch nachgemeldete Fälle. 

Viele Einsätze wegen Letzter Generation

Die Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 sind im Vergleich zum Vorjahr zwar deutlich von 580 auf 299 gesunken, befinden sich aber noch immer auf hohem Niveau, sagte Berlins Innensenatorin. Dagegen seien die Fallzahlen im thematischen Zusammenhang mit „Klima- und Umweltschutz“ im Jahr 2023 auf 682 Fälle angestiegen. Das entspricht einem Plus von 278 Fällen im Vergleich zu 2022. Vor allem die Aktionen der sogenannten Letzten Generation führten zu einer Vielzahl polizeilicher Maßnahmen.

Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte: „Das stetige Wachstum der Metropole Berlin aber auch der Krieg im Nahen Osten und die Aktionen der Letzten Generation haben sich im vergangenen Jahr spürbar auf die Kriminalitätsentwicklung in unserer Stadt ausgewirkt. Gleichzeitig bleibt Berlin aufgrund seiner Lage, Infrastruktur und Besiedlung in starkem Ausmaß der Aktionsraum professioneller, auch grenzüberschreitend agierender Tätergruppierungen, wie die Zunahmen von Kraftfahrzeugdiebstählen sowie Einbrüchen in die Wohnräume der Berlinerinnen und Berliner verdeutlichen.“

Und weiter: „Ein beständig hoher Verfolgungsdruck mit dem Ausbau zeitgemäßer technologischer Unterstützung und korrespondierender rechtlicher Grundlagen ist die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung der Zukunft.“ ■