Seit 368 Jahren wird in Neuruppin um den Martinstag herum ein Marktfest gefeiert. Mittlerweile ist die Kirmes zu einem der größten Feste zwischen Berlin und Ostsee avanciert. 100 Schausteller bauen in diesen Tagen ihre Buden und Karussells auf – und in Berlin regt man sich darüber auf, dass auch dort zwei „Wintermärkte“ demnächst ihre Tore öffnen.
„Nicht vor Totensonntag“, greinen die, die sonst nix mit kirchlichen Feiertagen am Hut haben. Und während man sich öffentlich über Dominosteine im August echauffiert, liegt beim Kaffeetrinken eben doch schon ein erster Spekulatius auf dem Teller.
Mich regt diese Doppelmoral auf. Lasst doch die Schausteller und Marktbudenbetreiber ihre Geschäfte machen. Wer hingehen will, der soll, um Himmels willen!
Tradition der Martinimärkte ist uralt
Die Tradition der Martinimärkte jedenfalls ist uralt. Der Martinstag markierte in vergangenen Zeiten den Beginn oder das Ende des bäuerlichen Jahreslaufs. An dem Tag gab es Knete für Knechte und Mägde. Zehnte und Zinsen wurden fällig, Verträge wurden gekündigt, neue geschlossen. Viele Anlässe zum Feiern und Geld ausgeben auf Märkten also. Vorräte für den Winter wurden ebenso auf den Märkten eingekauft, wie auch geschlemmt und getrunken.
Weil heute Amazon und Co. die Vorräte für den Winter bringen, sind die Martinimärkte zu Volksfesten geworden. Klar sind die großen Rummel mit blinkenden Fahrgeschäften nicht jedermanns Sache, aber beim ersten Glühwein des Herbstes und mit warmen Lichtern, die den schon früh dunkelnden Nachmittag erhellen, wird mir immer ganz heimelig ums Herz.

Gerade in kleineren Städten sind die Martinimärkte eine gute Gelegenheit, erste Weihnachtsgeschenke zu kaufen und sich mit Freunden auf eine kleine Runde durch die Stände zu verabreden. In der Altmark hat in Klötze der Martinimarkt schon offen, in Bergisch Gladbach gibt es einen Martinsmarkt, ebenso in Bad Kissingen und in Würzburg die Herbstmesse. Erpolzheim, Dieburg, Gehrde, Meiderich, Marienthal, Korschenbroich, Durlach, Brühl, Wismar und Viersen können nicht irren: Herbstmärkte mit Glühwein und Lichtern sind toll!
Dass in Berlin die Veranstalter gleich bis nach Weihnachten durchziehen, ist wohl dem großen Druck in der Schaustellerbranche geschuldet. Wer früher aufsperrt, hat mehr Chance auf Einnahmen. Wer will's den Budenbesitzern, Entenanglern und Mandelbratern verwehren? Ich nicht. Der Winter ist lang und dunkel genug, für mich kann die bunte Lichterzeit gar nicht früh genug beginnen. ■