Hertha-Kolumne

Sehnsucht Pokalsieg: Der Pott würde Hertha BSC so gut tun!

Wie sich der Triumph anfühlt, erfahren Herthaner erst, wenn sie den Klub verlassen haben.  

Teilen
Was die Profis von Hertha BSC bisher nicht schafften, gelang den Hertha-Bubis: Der Einzug ins Pokalfinale 1993. 
Was die Profis von Hertha BSC bisher nicht schafften, gelang den Hertha-Bubis: Der Einzug ins Pokalfinale 1993. Camera 4/imago

Ende Juli feiert Hertha BSC seinen 132. Geburtstag und hat außer den beiden deutschen Meistertiteln 1930 und 1931 nur wenige, eher unbedeutende Pokale im überschaubaren Trophäenschrank zu stehen. Dort finden sich etwa der Schwarzwald-Cup, der Bodensee-Cup oder auch der Alpen-Cup. Naja…

Den begehrten DFB-Pokal aber durften Spieler von Hertha BSC noch nie als gefeierte Sieger in die Höhe recken, dreimal hatten sie lediglich die Hand nahe am Pokal.  „Das ist schon ein sehr blödes Gefühl, wenn Du als Verlierer auf der Ehrentribüne des Olympiastadions am Pokal vorbeiläufst“, sagte mir dieser Tage Andreas Schmidt, „man ist so nah dran, aber doch so fern.“

Andreas Schmidt stand mit Herthas Bubis im Pokalfinale

Mittelfeldmann Schmidt (50) gehörte 1993 zu den Hertha-Bubis, die als Drittligisten sensationell ins Pokalfinale eingezogen waren und dort Bayer Leverkusen knapp mit 0:1 unterlagen. Schmidt war damals 19 Jahre jung und erinnert sich genau an den Moment, als das Team ins mit 76.391 Zuschauern ausverkaufte Olympiastadion einlief. „Wir waren total angespannt und nervös. Wir hatten so etwas ja noch nie zuvor erlebt. Ich war froh, als wir uns bei der Nationalhymne eng umschlungen aufstellten und uns so gegenseitig Halt gaben.“

Andreas Schmidt, hier im Duell mit dem späteren Herthaner Andreas Thom, verlor mit den Hertha-Bubis 1993 das Pokalfinale gegen Bayern Leverkusen mit 0:1. 
Andreas Schmidt, hier im Duell mit dem späteren Herthaner Andreas Thom, verlor mit den Hertha-Bubis 1993 das Pokalfinale gegen Bayern Leverkusen mit 0:1. Kicker/Liedel/imago

Lange vor den Bubis, die Berlin damals in Atem hielten, gingen 1977 die Herthaner um Lorenz Horr als Verlierer des Endspiels gegen den 1. FC Köln vom Platz (1:1 n.V. und 0:1 im Wiederholungsspiel) und 1979 Erich Beer, Uwe Kliemann & Co. gegen Fortuna Düsseldorf (0:1 n.V.).

Hertha BSC sehnt sich so sehr nach dem Pokal

Die Sehnsucht bei Hertha ist riesengroß, endlich wieder einmal im Finale im eigenen „Wohnzimmer“ zu stehen. Am heutigen Mittwoch kann Trainer Pal Dardai die Mannschaft mit einem Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern erst einmal ins Halbfinale führen. Das schaffte er als Coach zuletzt 2016. Damals unterlagen Fabian Lustenberger, Salomon Kalou und Vedad Ibisevic Borussia Dortmund vor 76.233 Zuschauern mit 0:3. „Borussia hatte mit Gündogan, Mchitarjan oder Reus Klasse-Leute im Team und uns die Grenzen aufgezeigt“, sagt Lustenberger im Rückblick. Später gewann er mit Young Boys Bern zweimal den Schweizer Cup.

Als Marginalie gehört zur Pokalgeschichte auch, dass es etliche ehemalige Hertha-Profis nach ihrem Weggang aus Berlin schafften, den DFB-Pokal zu gewinnen. Das wird manch Hertha-Fan schmerzen, für die Protagonisten aber war der Pokalsieg oft sogar der Höhepunkt ihrer Karriere. Seit 2010 betrifft das einige Spieler. Torjäger Ivica Olic siegte im Finale im Mai 2010 mit dem FC Bayern gegen Werder Bremen (4:0). Der Kroate kam 1998 nur zu zwei Erstligaeinsätzen bei Hertha. Fast zur Gewohnheit wurde für Jerome Boateng der Triumph mit dem FC Bayern im DFB-Pokal. Gleich fünfmal hielt der einstige Herthaner den Cup in den Händen.

Herthaner werden mit anderen Klubs DFB-Pokalsieger

Dreimal schaffte das auch der polnische Internationale Lukasz Piszczek mit Borussia Dortmund. Der Verteidiger verließ Hertha nach 68 Erstligaspielen im Sommer 2010. Herthas Scouts hatten ihn einst bei Gwarek Zabrze entdeckt. Auch Nico Schulz (52 Spiele für Hertha) siegte im Cup einmal mit Dortmund und für Weltenbummler Kevin-Prince Boateng war der Pokal-Triumph mit Eintracht Frankfurt im Mai 2018, ein 3:1 gegen Bayern München, der späte Höhepunkt seiner schillernden Karriere. Er sagte damals: „Der Schlusspfiff im Endspiel setzte die schönsten Gefühle meines Lebens frei.“

Wenn Pal Dardais Team auf den 1. FC Kaiserslautern trifft, wird auch Sven Meyer im ausverkauften Olympiastadion dabei sein. Meyer (53), gab als 22-Jähriger 1993 den starken Libero der Hertha-Bubis. Als er nach der Endspiel-Niederlage gegen Bayer Leverkusen nur einen Meter entfernt am DFB-Pokal vorbeilief, hatte er Tränen in den Augen. „Aber danach“, sagte er mir, „haben wir schnell realisiert, dass wir Großes erreicht hatten. Selten haben wir nach einer Niederlage so kräftig gefeiert.“