Hertha-Kolumne

Herthas Super-Talente machen Karriere – nur nicht bei Hertha BSC

Von Thorben Marx bis Kennet Eichhorn: Die Akademie der Blau-Weißen bringt schon lange außergewöhnliche Fußballer hervor, die dann aber ihr Glück woanders finden.

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Auch wenn es beim 0:2 gegen Paderborn einen Rückschlag gab: Kennet Eichhorn steht ganz am Anfang einer (hoffentlich) großen Karriere, ist gerade ein Lichtblick in mal wieder trüben Hertha-Zeiten.
Auch wenn es beim 0:2 gegen Paderborn einen Rückschlag gab: Kennet Eichhorn steht ganz am Anfang einer (hoffentlich) großen Karriere, ist gerade ein Lichtblick in mal wieder trüben Hertha-Zeiten.City-Press

Statt Aufstiegseuphorie beherrscht die Angst vor einem tiefen Fall den 60.000-Mitglieder-Verein Hertha BSC. Nach sechs Spielen ist der Auftakt total missraten und eine der teuersten Mannschaften der Zweiten Liga wieder sogar in die Abstiegszone gerutscht. Sucht man nach den wenigen Lichtblicken in den zurückliegenden Wochen, landet man beim erst 16-jährigen Kennet Eichhorn, einem hochtalentierten Mittelfeldspieler.

Dass dessen gelungener Einstand in der Profimannschaft und in Liga zwei ausgerechnet in eine Phase fiel, in der auch die Führungsspieler wie Fabian Reese oder Michael Cuisance mehr mit sich selbst und ihrer schwachen Form beschäftigt sind, kam für den in Bernau bei Berlin geborenen Eichhorn erschwerend hinzu.

Thorben Marx schaffte es als Erster

Thorben Marx schaffte es als Erster aus der Akademie von Hertha BSC zu den Profis.
Thorben Marx schaffte es als Erster aus der Akademie von Hertha BSC zu den Profis.Camera 4/imgao

Er gilt im Moment als das größte Talent aus der vereinseigenen Akademie, gab beim 0:0 im Olympiastadion am zweiten Spieltag als Einwechselspieler sein Debüt bei den Profis und stieg mit 16 Jahren und 14 Tagen zum jüngsten Spieler in der Geschichte der Zweiten Bundesliga auf. Eichhorn, der bisher ohne Hemmungen aufspielte, hat zuletzt eine Menge Lob eingeheimst. Und das völlig zu Recht. Beim jüngsten 0:2 gegen Paderborn erlebte er aber zum ersten Mal die Schattenseiten des aufregenden Profidaseins. Er verursachte unglücklich einen fragwürdigen Handelfmeter. Danach folgte das 0:2 und die Vorentscheidung gegen sein Team.

Es gab schon immer viele begabte Kicker in der Akademie, aber einige ragten heraus und wurden als sogenannte Super-Talente tituliert. Für manchen mehr Last als Lust, aber ihre Karrieren können sich trotz Rückschlägen sehen lassen. Es begann mit Thorben Marx (heute 44), dem als ersten Spieler aus der Akademie der Sprung in die Profimannschaft gelang. Mit 19 Jahren debütierte er im Jahr 2000 in der Ersten Bundesliga. Nach 79 Erstligaduellen für Hertha folgten Stationen im Oberhaus bei Arminia Bielefeld und Borussia Mönchengladbach, wo Marx als gestandener Profi mit über 250 Bundesligaeinsätzen seine Karriere beendete.

Von Kevin-Prince Boateng bis Ibo Maza

Mit 18 betrat ein gewisser Kevin-Prince Boateng im August 2005 die Bühne erste Liga. Zwei Jahre später wechselte er für 7,9 Millionen Euro Ablöse zu Tottenham Hotspur. Herthas Trainer prophezeiten dem extrovertierten Star, der einst im „Fußball-Käfig“ in der Travemünder Straße im Wedding als Junge seine Kunststücke zeigte, eine Weltkarriere. Die legte er nicht hin, aber eine große und schillernde Laufbahn – unter anderem bei AC Mailand und beim FC Barcelona – wurde es allemal.

Kevin-Prince Boateng sammelte 2005 bei Hertha BSC erste Bundesliga-Erfahrung.
Kevin-Prince Boateng sammelte 2005 bei Hertha BSC erste Bundesliga-Erfahrung.Thomas Zimmermann/imago

Auch Mittelfeldmann Arne Maier (26) galt als großes Talent mit den besten Perspektiven aus der Hertha-Truppe, die 2018 Deutscher Meister der A-Junioren wurde. Nach 58 Bundesligaspielen für die Blau-Weißen ging er für fünf Millionen Euro Ablöse 2022/23 zum FC Augsburg, wo er derzeit aber meist die Ersatzbank drückt.

Mit Superlativen bedacht wurden auch Lazar Samardzic (23) und Ibrahim Maza (19). Der Deutsch-Serbe Samardzic zerschoss einst in der B-Junioren-Bundesliga die Netze (40 Spiele/40 Tore), debütierte mit 18 in der Ersten Liga und wechselte 2020 für 500.000 Euro Ablöse zu RB Leipzig. Inzwischen hat er längst in Italiens Serie A Fuß gefasst, spielt für Atalanta Bergamo und kam in 22 Länderspielen für Serbien zum Einsatz.

Eichhorn hätte erfolgreiches Umfeld verdient

Ibo Maza spülte Hertha BSC mit dem Wechsel zu Bayer Leverkusen 12 Millionen Euro in die Kasse.
Ibo Maza spülte Hertha BSC mit dem Wechsel zu Bayer Leverkusen 12 Millionen Euro in die Kasse.Nordphoto/imago

Für satte 12 Millionen Euro wechselte Ibo Maza im Sommer zu Bayer Leverkusen, entspannte so auch Herthas finanzielle Lage. Er gab mit 17 Jahren in der Ersten Liga seinen Einstand und bestimmte vor Kennet Eichhorn und Boris Mamuzah Lum (17) die Schlagzeilen als Jungstar. Es bleibt nun die spannende Frage, wie sich Eichhorn in Zukunft schlagen wird?

Er hätte es verdient, sich in einem erfolgreicheren Umfeld zu entwickeln, als er es derzeit bei Hertha vorfindet. Seine Vorgänger als einstige Super-Talente von Marx über Boateng bis Samardzic erlebten meist sportlich bessere Zeiten in Westend, ehe sie ihr Glück woanders suchten und fanden.