Worte, die jedem, der es mit der Hertha hält, Mut machen sollten: Dr. Peter Görlich (58), seit dem 1. September neuer Geschäftsführer beim Traditionsverein, sagte vor wenigen Tagen: „Der Aufstieg ist das Ziel, das auch noch nicht einkassiert ist!“ Immerhin hatte Hertha – noch Wochen vor dem Amtsantritt des Sportwissenschaftlers – als einziger Zweitligist das Ziel „Aufstieg“ offensiv propagiert. Damit lag man auf einer Welle mit vielen Fußballfans, die sich an einer repräsentativen Online-Umfrage im Sonderheft des Kicker-Sportmagazins beteiligt hatten und die Berliner als einen verheißungsvollen Aufstiegskandidaten nannten. Stattliche 126.551 Fußball-Anhänger beantworteten die beiden Fragen: „Wer steigt auf?“ und „Wer steigt ab?“
Als klare Aufstiegsfavoriten galten: Fortuna Düsseldorf, Hertha BSC und der VfL Bochum. Meist genannte Absteiger: Preußen Münster, Eintracht Braunschweig, Dynamo Dresden und die SV Elversberg, die ihren Langzeit-Erfolgstrainer Horst Steffen an Werder Bremen verloren hatte.
Die Ziele von Hertha BSC hatten lange nichts mit der Realität gemein
Nach acht Spieltagen hat die Realität allerdings die Umfrageergebnisse ad absurdum geführt. Vorerst, denn im Fußball ist ja bekanntlich alles möglich. Düsseldorf liegt auf Rang 13 und wechselte den Trainer. Hertha hat sich nach einem gewaltigen Fehlstart berappelt, weiter auf Trainer Stefan Leitl gebaut und besitzt auf Rang acht auch nur acht Punkte Rückstand auf den Tabellenführer, der – Achtung! – sensationell SV Elversberg heißt. Mit-Aufstiegsfavorit Bochum wiederum ist Vorletzter (!) und hat auch den Trainer ausgetauscht. Am Sonnabend erwartet der VfL nun Hertha BSC.
Der zu Beginn zitierte Satz von Peter Görlich war für mich eine der wichtigsten Aussagen, die der neue starke Mann in einem Interview mit dem Kicker tätigte. Noch vor einigen Wochen nach desolaten Auftritten der Mannschaft hätte man Görlich dafür belächelt, doch die zuletzt positive Entwicklung, die hoffentlich eine Aufholjagd eingeläutet hat, lassen die Worte realistisch erscheinen. „Von den Rahmenbedingungen her ist der Kader aufstiegsfähig“, sagt Görlich, „man darf darüber diskutieren, ob der Kader von der Altersstruktur so zusammengestellt ist, dass wir in den nächsten Jahren damit glücklich werden.“
Winter-Transferfenster ist für Hertha BSC extrem wichtig
Der neue Boss verweist auf die Bedeutung der kommenden Transferperiode. Man müsse im Januar beginnen, um den Sommer vorzubereiten. Sollte tatsächlich der Traum vom Aufstieg Wirklichkeit werden, muss im Sommer 2026 ein Team stehen, dass die Erste Liga nicht nur als Intermezzo erleben darf. Zur Wahrheit gehört, dass Hertha gleich dreimal nach einem Aufstieg in Liga eins sofort wieder abgestiegen ist: 1982/83, 1990/91 und 2011/12.
Wie wappnete sich Hertha einst nach lang ersehnten Aufstiegen? Als im Mai 1990 – nur Monate nach dem Fall der Mauer – der Sprung nach oben gelang, beging der Klub einen historischen Fehler, verzichtete auf starke Spieler aus dem Osten Berlins, die im Westend angeklopft hatten, setzte lieber auf einen alternden Star wie Uwe Rahn, der längst seinen Zenit überschritten hatte. Der Abstieg folgte prompt.

Das Team von Hertha BSC unter Jos Luhukay taugt als Vorbild
Nach dem erneuten Abstieg im Mai 2010 und dem sofortigen Wiederaufstieg ein Jahr danach hatte sich Hertha ordentlich fürs Oberhaus verstärkt, u.a. mit Maik Franz, Peter Niemeyer, Thomas Kraft und Änis Ben-Hatira. Nach vor allem selbstgemachten Trainer-Turbulenzen endete die Saison mit dem Abstieg in der skandalösen Relegation gegen Fortuna Düsseldorf. Nach dem folgenden Durchmarsch durch Liga zwei unter Trainer Jos Luhukay 2012/13 wurde eine erstligataugliche Mannschaft zusammengestellt. Das Team wies eine gute Mischung auf aus erfahrenen Spielern – etwa Per Skjelbred, Fabian Lustenberger oder Lewan Kobiaschwili – und jungen, aufstrebenden Profis – z.B. Marius Gersbeck, John-Anthony Brooks und Hany Mukhtar. Das Durchschnittsalter betrug 25,5 Jahre, was man beinahe ideal nennen konnte. Am Ende sprang immerhin Rang elf heraus.