Manchmal helfen der Griff in die Mottenkiste, die Ideen von damals, um morgen ein Spiel zu gewinnen. In der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den Karlsruher SC (Sonntag, 13.30 Uhr) erklärte Hertha-Coach Pal Dardai, dass er in den letzten drei, vier Wochen die Trainingsmethoden geändert habe. Auf dem Platz lasse er jetzt richtig „altmodisch“ trainieren, wie der 48-Jährige sagt.
Pal Dardai trainiert körperbetontes 1 gegen 1, Manndeckung
Altmodisch, das heißt bei Dardai, dass im Training sehr viel „mit körperbetonten 1 gegen 1 gemacht wird, mit Manndeckung“. Und nach zwei Siegen in Folge erklärt der Trainer selbstbewusst: „Das wirkt, wie es aussieht.“ Zuletzt gab es vier Spiele ohne Niederlage. Der Ungar will mit dem neuen Ansatz vor allem die Defensive stärken und fordert körperbetontes, aggressives Verteidigen. „Letztes Wochenende habe ich mehr Szenen gesehen, wo die Mannschaft richtig nach vorne verteidigt und nicht mit Sicherheitsabstand, sondern mit Körpereinsatz gespielt hat. Und ich hoffe, dass unser Mittelfeldpressing genauso aggressiv bleibt“, sagt er.
Der Tabellensechste Hertha könnte am Sonntag den dritten Sieg in Folge einfahren. Der Tabellensiebente Karlsruhe liegt aktuell nur einen Punkt hinter dem Hauptstadt-Club. Etwa 5000 Fans werden die Mannschaft nach Karlsruhe begleiten. Ein solches Auswärtsspiel sei für die Spieler immer eine Herausforderung, betont Dardai. „Auswärts ist das wieder eine andere Geschichte, da machst du eine lange Reise, schläfst nicht zu Hause.“

Dardai will genau so spielen wie beim 4:0 gegen Rostock in der Vorwoche. Mittelfeldspieler Michal Karbownik kämpfte unter der Woche mit Knieproblemen – der Trainer ist aber optimistisch, dass der Abwehrspieler auflaufen kann.
Viel wird in dem Spiel auch von Herthas Abwehrspieler Marc-Oliver Kempf abhängen, den Pal Dardai nach dem 4:0-Sieg gegen Hansa Rostock lobte. „Diesen Kempfi brauchen wir. Dieser Kempfi ist für uns ein Unterschiedsspieler“, rühmte der Ungar seinen Schützling und attestierte dem kopfballstarken Herthaner eine nahezu fehlerfreie Leistung.
Auch in der Partie vom Sonntag dürfte Kempf wieder in der Startelf stehen. Lange hat er gebraucht, bis er in Berlin wirklich ankam. Im Januar 2022 war der Innenverteidiger vom VfB Stuttgart an die Spree gewechselt. Die Erwartungen an den Verteidiger waren groß. „Der Start war sportlich und menschlich nicht so leicht. Ich kam aus Stuttgart und einer tollen Kabine. Das lief hier schon etwas anders. Ich habe relativ lange gebraucht, um mich hier wohlzufühlen und mich zu Hause zu fühlen“, berichtet der Verteidiger im Interview mit dem „Kicker“.
Abwehr-Bollwerk Marc-Oliver Kempf: „Ich gehe wieder gern zur Arbeit!“
Im Sommer 2023 wollte der U21-Europameister von 2017 Hertha sogar verlassen, doch der Hauptstadt-Club legte sein Veto gegen einen Wechsel ein. „Das war keine leichte Phase für mich. Es hat mich schon ein paar Wochen runtergezogen.“ Das sich das geändert hat, hat auch mit Trainer Dardai zu tun, der Hertha 2023 wieder übernahm. „Es entsteht gerade etwas, es sind neue Typen in der Mannschaft, eine andere Atmosphäre, ein Umfeld, das wieder Spaß macht. Es ist familiärer geworden. Ich gehe wieder gern zur Arbeit“, sagte der 29 Jahre alte Fußballprofi.

Dass Kempf wieder Spaß am Spiel hat und gute Leistungen zeigt, hat er auch der Zusammenarbeit mit einem Psychologen zu verdanken. „Das hat mir eine Zeit lang sehr geholfen. Im Kern ging es darum, sich nicht zu sehr von seiner Emotionalität leiten zu lassen. Ich bin raus aus meinem Loch. Meine Herangehensweise an meinen Beruf, an den Sport hat sich geändert. Ich lasse gewisse Dinge nicht mehr so nah an mich heran wie früher“, sagte Kempf. ■