Fehlstart, Platz 17, Krise, Hertha BSC steckt nach dem 0:2-Heimdesaster gegen Elversberg ganz tief im Stimmungsloch. Kapitän Fabian Reese (27) leidet besonders. Das strahlende Lächeln des blau-weißen Fanlieblings ist weg. In seinen Augen sieht man bei den Spielen seit Wochen hilflose Verzweiflung. Der Frust sitzt tief. Eine Szene bei der Elversberg-Pleite sagte alles aus. Reese warf die Hertha-Fahne der Eckfahne auf den Boden. Es ist das Leiden eines echten Herthaners.
Einige blau-weiße Fans wollten daraus im Internet einen Shitstorm initiieren und Reese zum Sündenbock der Krise abstempeln. Gespielte, moralische Entrüstung, weil der Kapitän doch nicht die Hertha-Fahne wegschmeißen darf. Aber was genau war da in der 72. Minute passiert? Deyo Zeefuik hatte einen viel zu langen Pass geschlagen. Reese rannte vergeblich dem Ball hinterher. So vergeblich wie er seinem ersten Saisontor hinterherjagt. Dabei streifte Reese den blau-weißen Stoff von der Eckfahne ab und hatte ihn in der Hand.
Als er bei der Werbebande zum Stoppen kam, hing die kleine Hertha-Fahne auf der Bande. Bei der Rückkehr aufs Feld nahm Reese die Fahne mit. Nach fünf Schritten schaute er sich den Stoff an und schmiss ihn nach hinten auf den Boden. Nein, es war keine Respektlosigkeit gegenüber dem Vereinswappen. Es war Frust, gepaart mit Resignation. Wieder mal ein unsauberer Pass, wieder mal klappte nichts über 90 Minuten. Unzufriedenheit mit sich selbst und mit seinem Team.

Reese über die Hertha-Krise: „Es ist von allen zu wenig“
Der ehrgeizige Reese leidet am meisten von allen blau-weißen Profis. Im Januar 2023 unterschrieb der Ex-Kieler frühzeitig bei Hertha, um in der Bundesliga zu spielen. Hertha stieg ab, zweimal wurde die Rückkehr ins Oberhaus seitdem verpasst. Seine Treffer und Torvorlagen für Haris Tabakovic reichten 2023/24 nicht. Vergangene Saison fiel er wegen einer Knöchel-OP über acht Monate aus und schoss danach Hertha fast im Alleingang wieder auf Erfolgskurs.
Im dritten Anlauf sollte es dann nun endlich in dieser Saison klappen. Doch es funktioniert gerade gar nichts. Reese nach dem Spiel: „So kann es nicht weitergehen. Es ist von allen zu wenig. Jeder muss sich hinterfragen: Was tut er, was ist er bereit, für die Mannschaft zu geben? Was sind seine Stärken? Was opfert er jeden Tag, um in seine Verfassung zu kommen?“ Der Mann kämpft gegen die Krise. Und jetzt auch noch dagegen, dass die Stimmung bei den enttäuschten Fans endgültig kippt.