Blau-weiße Mitgliederversammlung

Brisanter Antrag löst die nächste Machtfrage bei Hertha BSC aus

Am 15. November stimmen die Mitglieder über eine Satzungsänderung ab: Gibt es demnächst Online-Wahlen im Verein? Die Fanszene will das verhindern.

Author - Wolfgang Heise
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In neun Tagen steigt die nächste Mitgliederversammlung bei Hertha BSC. Da wird über einen brisanten Satzungsänderungsantrag abgestimmt.
In neun Tagen steigt die nächste Mitgliederversammlung bei Hertha BSC. Da wird über einen brisanten Satzungsänderungsantrag abgestimmt.nordphoto/Engler/imago

Hertha BSC bricht mit der Tradition. Nicht mehr am Sonntag findet die Mitgliederversammlung statt, sondern zum ersten Mal am Sonnabend (11 Uhr) in neun Tagen. Und die blau-weiße Veranstaltung in Messehalle 20 hat es in sich. Denn es gibt einen brisanten Antrag. Zukünftige Mitgliederversammlungen sollen inklusive Wahlen auch online möglich sein. Es gibt Widerstand gegen diesen Wunsch. Besonders die Fans in der Ostkurve haben etwas dagegen.

Die Problematik ist klar: Der Klub hat knapp 60.000 Mitglieder, aber zu den Versammlungen kommt nur ein Bruchteil. Es sind zwischen 1000 und 3500 Herthaner, die eng mit dem Vereinsleben verbunden sind. Wer mitreden will, wer mit abstimmen und das Präsidium wählen will, muss physisch im Saal anwesend sein.

Antrag für digitale MV ging im August ein

Die Diskussion gibt es schon lange, ob sich Mitglieder am Computer von zu Hause beteiligen können. Jetzt wird es konkret. Mitte August ging bei Hertha BSC ein Antrag auf Satzungsänderung ein. Der Paragraf 12, Absatz 10 soll erweitert werden mit dem Passus: „Den Mitgliedern wird neben der Präsenzteilnahme die Teilnahme an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation gestattet (hybride Versammlung). Mitglieder, die ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen, üben ihre Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation aus.“

Fankurve pocht auf Anwesenheit im Saal

Gegen diesen Vorschlag regt sich erheblicher Widerstand. In der Ostkurve wurden bei den vergangenen Heimspielen Flyer verteilt, die sich gegen diese Pläne wenden. Darin heißt es, dass es bei der normalen Mitgliederversammlung bleiben soll: „Nicht als Zuschauer vor dem Bildschirm, sondern als Mitglieder, die unseren Verein mitgestalten. Wir diskutieren, streiten und stimmen ab. Deshalb gehört eine Mitgliederversammlung dahin, wo Gemeinschaft spürbar ist – in die Halle, auf die Bühne, mitten unter uns.“

Das Thema ist heikel: Denn es geht indirekt um die Machtfrage bei Hertha BSC. Im Sommer 2022 gab es eine Palastrevolution. Besonders die Ultra-Szene hievte durch massive Anwesenheit bei der Präsidiumswahl Boss Kay Bernstein ins Amt. Alte Seilschaften im Klub wurden abgeschnitten. Gegenkandidat Frank Steffel (Präsident der Handball-Füchse) war bei der damaligen Wahl quasi chancenlos.

Hertha-Präsident Fabian Drescher wurde vor einem Jahr gewählt. Bei der nächsten Wahl 2028 könnte der Abstimm-Modus anders sein.
Hertha-Präsident Fabian Drescher wurde vor einem Jahr gewählt. Bei der nächsten Wahl 2028 könnte der Abstimm-Modus anders sein.imago/Daniel Lakomski/Jan Huebner

Nach Bernsteins Tod wurde sein Freund Fabian Drescher im November 2024 mit überwältigender Mehrheit gewählt. Das lag aber nicht ausschlaggebend an den Stimmen aus der Fanszene. Grund war, dass sich die vier Gegenkandidaten mit teilweise abstrusen Auftritten auf dem Podium selbst disqualifizierten. Drescher hatte schon vorher als kommissarischer Boss mit seiner ruhigen Art alle überzeugt.

Wie sicher sind Online-Präsidiumswahlen?

Doch was passiert, wenn 60.000 Mitglieder bei der nächsten Präsidiumswahl 2028 am PC wählen dürfen? Gibt es im Vorfeld schon einen Wahlkampf im Internet? Dazu stellt sich bei den digitalen Medien immer wieder die Frage der Sicherheit. Wie zuverlässig wäre eine Abstimmung?

Der Bundestag beschloss 2023, dass den Vereinen in Deutschland möglich gemacht wird, hybride Veranstaltungen abzuhalten. Bei der Bundestagswahl selbst gibt es keine Online-Stimmenabgabe. Der Grund ist klar: Die Sicherheitsbedenken und die Gefahr der Wahlfälschung sind einfach zu groß.