Hertha BSC muss den drastischen Sparkurs fortsetzen. Sechs neue Spieler kamen in der Sommer-Transferperiode, zwölf Profis gingen. Es ist Zeit für eine erste Bilanz. Der KURIER schaut genau hin.
Die neuen Spieler
Jon Thorsteinsson (25)
Es war der der teuerste und der cleverste Transfer. Durch die unverhofften 2,5 Millionen Euro für den Verkauf von Marc Kempf an Como 1907 hatte Sportdirektor Benjamin Weber finanziellen Spielraum und Thorsteinsson schon lange im Visier. Der isländische Nationalspieler kam für nur 1,3 Millionen Euro vom belgischen Klub OH Leuven. Der schnelle Flügelspieler mit Torqualitäten ist zunächst der Ersatzmann für den verletzten Fabian Reese, falls dieser doch wechseln sollte, ist Thorsteinsson schon da. Außerdem kann der Isländer auch auf der rechten Seite stürmen. Schon in Kaiserslautern spielte er für 20 Minuten und brachte neuen Schwung. Wikinger und Hertha, das passt eigentlich immer.
Michael Cuisance (25)
Er ist der zweite Spieler, der überhaupt eine Ablöse kostete – 300.000 Euro. Eine mickrige Summe für den ehemaligen Profi des FC Bayern. Früher war der offensive Mittelfeldmann ein Problemspieler, doch der Franzose hat die Reset-Taste in seiner Karriere gedrückt – mit Mental-Coach. Cuisance sagt selbstkritisch zu seiner Vergangenheit: „Ich habe einfach nicht genug gearbeitet die letzten Jahre. Jetzt habe ich es verstanden und mache nun jeden Tag, was ein Körper braucht. Ich bin einfach super fit und super klar im Kopf.“ Kopfproblem behoben und mit den Füßen zeigte er schon seine Qualität. Gute Vertikalpässe, gutes Auge für die Mitspieler.
Luca Schuler (25)

Der klassische Mittelstürmer kam ablösefrei vom 1. FC Magdeburg. Er wurde als Backup für Torjäger Haris Tabakovic verpflichtet. Fluppe ist abgedampft und Schuler ist jetzt erst mal bei Trainer Cristian Fiel gesetzt. Das Erbe ist groß und der 1,90-Meter-Angreifer muss liefern. Beim 2:0 gegen Regensburg vergeigte er noch eine 100-Prozent-Chance, die Nerven! In Kaiserslautern traf er eine Woche später doppelt. Gute Antwort auf dem Platz! Mal sehen, ob es so weitergeht.
Kevin Sessa (24)
Edeltechniker vom Bundesliga-Sensationsteam 1. FC Heidenheim. Nicht einen Cent Ablöse bezahlt. Da brauchte Weber nicht lange nachdenken. In der Vorbereitung glänzte er schon, doch dann verletzte er sich Mitte Juli bei der Cottbus-Treterei am Knie. Seit einer Woche trainiert Sessa wieder. Das Zweitliga-Debüt bei Hertha winkt nächsten Sonntag gegen Düsseldorf. Der Deutsch-Argentinier wird eine echte Bereicherung für die Spielkultur im blau-weißen Team.
Diego Demme (32)
Er war über ein Jahr der Wunschkandidat als Sechser, doch erst in diesem Jahr konnte er vom SSC Neapel kommen – dafür ablösefrei! Nach fünf Pflichtspielen sieht man es: Demme bringt Ruhe in die Hintermannschaft, hat allzeit den Überblick für seine Kollegen beim Spielaufbau und grätscht kompromisslos dazwischen. Er spielt wie ein Chef! Das einzige Fragezeichen: Wie lange hält der 32-Jährige das Pensum in der schnellen Zweiten Liga durch, nachdem er in Neapel in den vergangene zwei Jahren kaum Spielpraxis hatte? Fiel dosiert die Minuten für den Routinier. Nach zwei 90 Minuten-Einsätzen, wurde er zuletzt zweimal früher ausgewechselt.
John Anthony Brooks (31)
Hertha hatte es sich so schön ausgemalt. Der Heimkehrer, der vor sieben Jahren für 17 Millionen Euro ging, kommt umsonst zurück. Innenverteidiger Brooks als Ersatz für Kempf. Doch der Fußballgott schlug gnadenlos zu. Brooks renkte sich den rechten Fuß aus und kann erst mal nicht spielen. Wie lange? Das weiß noch keiner ganz genau.
Die Abgänge

Auch in diesem Sommer stand Benjamin Weber vor dem Problem, Altlasten loszuwerden. Die Topverdiener mussten von der Gehaltsliste. Die Bilanz sieht nur auf den ersten Blick gut aus – 12,5 Millionen Euro wurden erwirtschaftet. Auf den zweiten Blick: Hertha wurde nur zwei Spieler endgültig los, die auch wegsollten: Suat Serdar (für 4,5 Millionen Euro an Hellas Verona) und Myziane Maolida (für 600.000 Euro an den Saudi-Klub Al-Kholood.
Wilfried Kanga, Kelian Nsona, Agustin Rogel und Bradley Ibrahim wurden nur ausgeliehen. Problem verschoben auf den nächsten Sommer. Zwei weitere Wechselkandidaten sind noch nicht weg: Andreas Bouchalakis und Bilal Hussein, Hertha hofft noch auf eine Lösung, weil in einigen Ländern die Transferliste später schließt.
Mit Tabakovic (für 5 Millionen Euro weg) und Kempf (für 2,5 Millionen weg) gingen zwei Spieler, die eigentlich fest als Leistungsträger eingeplant waren. Das können alle bedauern, doch es war die vernünftigste Entscheidung, um den Klub zu sanieren. Da hat Weber alles richtig gemacht. ■